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Austrolinke und Teuerung

Parteder: Konkrete Aktion wichtiger als Rätselraten über Linkspartei

Montag, 19. Mai 2008

Die neue Linkspartei, das teure Leben und die steirische KPÖ

Im folgenden Artikel schlägt Franz Stephan Parteder vor, konkreten Aktionen gegen das teure Leben den Vorrang vor abstrakten Diskussionen über eine  neue Linkspartei zu geben.


Ein Gespenst geht um in Österreich. Es heißt neue Linkspartei – und viele Anzeichen deuten darauf hin, dass es bis auf weiteres ein Gespenst bleiben wird, obwohl sich bereits Medien wie die Tageszeitung „Presse“ und das Magazin „profil“ damit beschäftigen.

Liegt das an den gesellschaftlichen Verhältnissen?

Nein. Die Entwicklung weltweit, in Europa und in Österreich schreit geradezu nach einer Alternative. Die arbeitenden Menschen, die Ausgegrenzten, die Opfer des Sozialabbaus haben derzeit keine Stimme, sie haben kein Instrument, das außerparlamentarisch und auch in Parlamenten ein Gegengewicht bieten könnte.
Ich erspare mir, die Fakten anzuführen. Sie sind bekannt und sie werden von sehr vielen Leuten (weit über den Kreis hinaus, den die steirische KPÖ oder andere fortschrittliche Gruppierungen erreichen) gleich oder ähnlich bewertet wie von uns. Dabei muss man religiös motivierte Personen mit sozialem Bewusstsein besonders hervorheben.

Liegt es an der politischen Situation?

Ja und Nein. Auf der einen Seite sehen wir eine Erosion der SPÖ in der Regierung und müssen eine Rechtsentwicklung der Grünen Partei konstatieren, die in der schwarz-grünen Rathauskoalition in Graz ihren vorläufigen Höhepunkt gefunden hat.

Auf der anderen Seite hat die ÖGB-Spitze sogar den Bawag-Skandal durchgesessen, ohne die Bildung einer nennenswerten internen Opposition hinzunehmen, die versucht hätte, dem Sozialpartnerschaftskurs eine Alternative entgegenzustellen.
Und in der SPÖ beschränkt sich die sichtbare Opposition auf den linken Flügel der Jugendorganisationen. Die Grünen nehmen auch den Regierungskurs eines Van der Bellen gleichmütig hin und verabschieden sich aus grundlegenden gesellschaftspolitischen Auseinandersetzungen.

Was bleibt?

Die steirische KPÖ mit einem nach der Grazer Wahl  vom Jänner 2008 noch immer vorhandenen relevanten Einfluss in der steirischen Bevölkerung (nach einer jüngst veröffentlichten Umfrage 6 –8 %), die Bundes-KPÖ, der ein Abschneiden rund um die 1-Prozent-Grenze zugetraut wird, verschiedene Kleingruppen, die ihre Stützpunkte vor allem in Wien haben – und Einzelpersonen, denen es ganz einfach reicht. (Ein zweiter Oskar Lafontaine ist nicht unter ihnen).


Zu diesem Thema befragt von der Zeitschrift „profil“ habe ich eine vorsichtige Antwort gegeben: Ich halte „die Zeit für eine Entscheidung   über einen Zusammenschluss noch nicht für reif: ´Wir müssen die gesellschaftliche <und politische>  Entwicklung genau analysieren. Denn einen Rohrkrepierer kann sich die Linke nicht leisten. Wenn eine Linkspartei jetzt floppt, dann ist sie auf Jahrzehnte gescheitert`“. (Profil, 21/08 S.29).


Was tun?

Eine Addition bestehender Organisationen beziehungsweise eine formale Kopie der Linkspartei in unserem Nachbarland durch die steirische KPÖ oder durch die Gruppe um Hermann Dworczak wäre von vornherein zum Scheitern verurteilt.

Es ist sinnvoller, sich  vorerst auf konkrete Themen wie Umverteilung, Wohnen, Öffentliches Eigentum oder das Eintreten für eine Volksabstimmung über die EU zu konzentrieren.

 Wenn man die Lage der „Linken“ wirklich verbessern will,  muss man heraus aus dem „politischen“ Biotop und mit dem linken Hochmut gegenüber der Mehrheit der Bevölkerung brechen.
Es geht darum, bedeutende Teile der arbeitenden Bevölkerung  für gemeinsame Interessen in Bewegung zu bringen.  Um dies zu erreichen, muss man mit den Leuten reden und  gemeinsam mit ihnen konkrete Schritte machen. Das ist mühsam, kann aber sehr lohnend sein.
Es gibt aber keinen anderen Weg, damit man – um mit Marx zu sprechen – „die  Verhältnisse zum Tanzen“ bringen kann.  Diesen Weg sollten wir gemeinsam mit allen fortschrittlichen Kräften und Einzelpersonen beschreiten, die ebenfalls dazu bereit sind.

Zwei Signale

Ein ermutigendes erstes Beispiel dafür war die Schaffung und Entwicklung der Plattform „Volxabstimmung“. Zahlreiche Organisationen haben sich hier auf das gemeinsame Ziel einer fortschrittlichen Bewegung gegen den neuen EU-Vertrag konzentriert und mit der Demonstration am 5. April in Wien ein deutlich sichtbares Zeichen gesetzt.
Auf diesem Weg sollten wir weitergehen, was die EU betrifft, aber auch bei aktuellen sozialen Fragen.

Und hier drängt sich die Frage der Teuerung bei Grundnahrungsmitteln und Energie auf. Diese trifft Menschen mit geringem Einkommen besonders stark. Die steirische KPÖ hat mehrere Forderungen zu diesem Thema aufgestellt. Wenn sich verschiedene Gruppen und Personen bei diesem Thema auf eine zentrale Forderung einigen könnten und österreichweit Initiativen in diese Richtung zustande kämen, wäre mehr erreicht als auf vielen Diskussion, ob und wie eine Linkspartei in Österreich geschaffen werden könnte.

Ich halte es für sinnvoll, dass sich das von der Zeitschrift „Profil“ für Anfang Juli  angekündigte Plenum vor allem mit diesem Thema beschäftigt.

Franz Stephan Parteder

Veröffentlicht: 30. Mai 2009

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