Archivierte Artikel: Die enthaltenen Informationen sind möglicherweise veraltet.

„Abkehr von Neoliberalismus in EU nicht möglich“

Ein Kommentar aus dem Jahr 2010

In den vergangen Jahren wurden Wirtschaft und Gesellschaft EU-Europas im neoliberalen Stil massiv umgebaut. Der Privatisierungswahn hat weder vor den Industriebetrieben, noch vor dem Bildungswesen, der Gesundheitsversorgung oder den Pensionssystemen halt gemacht. Die Vermögen und Gewinne sind rasant gestiegen, während die Löhne und Gehälter massiv gesunken sind und soziale Errungenschaften zurückgefahren wurden.

So sind allein in Österreich die Gewinne der 30 größten Unternehmen im ATX in den Jahren 2002 bis 2006 um 380 Prozent gestiegen. Die Lohnquote hingegen ist seit dem EU-Beitritt massiv gesunken. Von 62 Prozent im Jahr 1995 auf 55 Prozent im Jahr 2008. Gleichzeitig wurden alle Regelungen und Beschränkungen des Finanzmarktes schrittweise abgebaut und eliminiert.

Die Lissabon-Strategie ist gescheitert. Dieses neoliberale kapitalistische System ist in einer tiefen Krise. Die Arbeitslosigkeit explodiert. Bereits 20 Prozent aller Jugendlichen innerhalb der EU sind ohne Job. Mit Milliardenbeträgen wurden die Banken gerettet, ohne dass neue Regelungen und Beschränkungen des Finanzmarktes eingeführt wurden.

Vielen schöne Ziele werden formuliert: „Armutsbekämpfung“, „Erreichen der Klimaziele“ „Mehr Geld für Forschung und Entwicklung“. Es soll eine Wirtschaft mit hoher Beschäftigung und ausgeprägtem sozialen und territorialen Zusammenhalt gefördert werden. So steht es zumindest auf dem Papier. Wie die Wirklichkeit sein wird, lassen die Entwicklungen der letzten Monate erahnen. Die Notlage Griechenlands wird benutzt um eine neue Offensive des Neoliberalismus in Europa zu starten. – Was erleben wir derzeit in Griechenland? Sparprogramme, Streichung von Sozialleistungen, Lohnkürzungen, eine neue Privatisierungswelle, und eine Regierung, die praktisch unter der Aufsicht der EU steht und die laufende Massenbelastungen beschließen muss, während die Reichen geschont werden. Eine Regierung, die darauf achten muss, dass die Staatschulden, die bei deutschen und französischen Banken aufgenommen wurden, pünktlich bezahlt werden, während die eigene Bevölkerung immer mehr verarmt. Eine Regierung, die auf Geheiß von Deutschland und Frankreich immer neue Rüstungsgüter kaufen muss.

Denn wie der Standard berichtet hat, haben Deutschland und Frankreich ihre Zustimmung zu den Griechenland-Krediten vom Abschluss milliardenschwerer Rüstungsauftrage für deutsche und französische Firmen abhängig gemacht. So landen die Milliarden, die die europäischen SteuerzahlerInnen aufbringen müssen gleich wieder auf den Konten der Banken und Rüstungsfirmen.

Es sind die Banken, die zuvor mit Milliarden an Steuergeld gerettet wurden, und die dann gegen Griechenland und den Euro spekuliert haben. Und am genannten Euroschutzschirm, der ja auch durch Kreditaufnahmen finanziert wird, verdienen sie dann wieder. Das alles erleben wir nun am Fall Griechenland. Und das blüht auch den Menschen in den anderen europäischen Staaten. Denn die Milliarden-„Hilfen“ müssen finanziert werden. Und nachdem Vermögen und Gewinne wie eine heilige Kuh geschützt werden, soll die Bevölkerung bluten.

Die Regierungen aller EU-Staaten basteln schon an großen Belastungspaketen für die Bevölkerung. Es ist wirklich absurd: Der Neoliberalismus hat die größte Wirtschaftskrise seit den 30-Jahren ausgelöst – und als Antwort darauf wird von den politischen Eliten ein noch radikalerer Neoliberalismus verordnet: weitere Privatisierung, Lohnsenkungen, Sozialabbau und Sparprogramme.

In Strategien wie "Europa 2020" finden sich schöne Worte. Die Realität aber zeigt, was die EU in Wahrheit ist: Ein neoliberales Projekt im Interesse der Konzerne und der Rüstungsindustrie. Und die Realität zeigt auch: Eine Abkehr vom Neoliberalismus wird es im Rahmen der EU nicht geben. Daher ist es hoch an der Zeit, die Diskussion über den Austritt aus der EU auf die Tagesordnung zu setzen.

Renate Pacher, KPÖ-Stadträtin in Knittelfeld

29. Juni 2012