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Verkehrte Welt

Warum die Einlagensicherung eine Unverschämtheit ist

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Die Finanzkrise zeigt die Widersprüche zwischen Kapital und Arbeit sehr deutlich auf. Leute, die Arbeit haben, müssen immer mehr leisten. Ihre Leistung wird immer schlechter bezahlt. Fast jeden Tag müssen wir Arbeiter und Angestellten um unseren Arbeitsplatz zittern. Ja, wir sollen gar dankbar dafür sein, dass wir arbeiten dürfen. Tatsächlich ist die Arbeitskraft, die die realen Werte schafft, auf dieser Welt eindeutig unterbewertet.

Ich bin kein Fachmann der Finanzwelt, aber eines ist ganz offensichtlich: Da werden in der internationalen Finanzwelt über Finanztransaktionen Summen transferiert, die es in der realen Wirtschaft gar nicht gibt. Die verkehrte Welt zeigt sich allein darin, dass Finanzhaie und Finanzmanager steinreich sind und dann noch jenen kleinen Arbeitern, die all die bestehenden Werte erst geschaffen haben, zu jeder passenden und unpassenden Zeit die Welt erklären wollen.

Verstaatlichung auf Amerikanisch

Jetzt gibt es plötzlich eine Finanzkrise, ausgehend von den großen amerikanischen Banken – und siehe da: Im Geburtsland des Kapitalismus rufen die Finanzhaie den Vater Staat zu Hilfe: Jetzt soll er – also die Allgemeinheit - für ihre Schulden die Generalhaftung übernehmen. Sogar von Verstaatlichungen ist die Rede. Es hat sich herausgestellt: Werte, die gar nicht da sind, können eben nur scheinbar verwaltet werden. Diese Blase ist geplatzt.
Verstaatlichung aber, so wie wir sie uns vorstellen, bedeutet nicht, dass der Staat als Lückenbüßer einspringt und die Verluste Privater abdeckt, sondern dass er im Sinne der Allgemeinheit agiert. Ein erster Schritt in die richtige Richtung wären verschärfte Kontrollen und Regulative auf dem Finanzsektor, ein weiterer die Rückführung privatisierter Bereiche der Daseinsvorsorge, damit diese nicht von Spekulations- und Profitgedanken geleitet, sondern im Interesse der Allgemeinheit geführt werden.

Ehrlich verdientes Geld verspielt

Angesichts der aktuellen Entwicklungen liegt auf der Hand: Nicht die Beschäftigten sind es, die sich wie Bittsteller zu fühlen haben, sondern vielmehr all jene, die als Finanzmanager fungieren.
Doch was passiert tatsächlich? Wir haben jetzt eine Situation, in der man den kleinen Sparerinnen und Sparern garantiert, dass ihre Einlagen gesichert sind. Ist das nicht im Grunde eine Unverschämtheit? Wir haben das durch Arbeit ehrlich verdiente Geld in gutem Glauben einer Bank überlassen. Da dürfte nicht einmal der Gedanke aufkommen, dass dieses Geld in Gefahr sei. Die Banken haben das Geld zu Spekulationszwecken verwendet.

Wer zahlt den Schaden?

Doch statt die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen und das Geld, das unrechtmäßig den Falschen ausgezahlt wurde, zurückzufordern, gibt es Garantieerklärungen. Die Verantwortung wird. wieder auf die Falschen, nämlich auf die Allgemeinheit abgewälzt.
Aus volkswirtschaftlicher Sicht hat es sich erwiesen, dass Finanzhaie im Grunde völlig überflüssig sind.
Kleine Sparer hingegen bringen das Geld, das sie erarbeitet haben. Es ist durch reale Werte gedeckt. Es kann also nicht sein, dass wir Kleinen für das Geld, das man uns ungefragt weggenommen hat, auch noch geradestehen müssen!

Peter Scherz
Arbeiterkammerrat des Gewerkschaftlichen Linksblocks
Betriebsrat bei Magna-Steyr

Veröffentlicht: 30. Mai 2009

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