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90 Jahre Zentralverband der Pensionsten

Feier in Mürzzuschlag

Am 17. September feiert der Zentralverband der Pensionisten sein 90 Jahre Jubiläum im Volkshaus Mürzzuschlag. In diesem Rahmen besteht auch die Möglichkeit die Sonderausstellung im Wintersportmuseum: Lebenswerk - Werksgeschichten anzusehen.

Ausstellung

„2014 widmet sich das Museum dem Thema Industriegeschichte Mürzzuschlag. Diese Ausstellung erzählt über den Alltag von Männern und Frauen, die in der Eisen- und Stahlindustrie arbeiten bzw. gearbeitet haben. Und über eine Region, die sich in wenigen Jahrzehnten von einem kleinen „Markt mit Hämmern“ zu einem wichtigen Industriezentrum verwandelte. Die Ausstellung verbindet die Geschichte mit der Gegenwart: Sie erzählt vom Aufstieg, der Blütezeit und der Krise der Betriebe, mit vielen Arbeitern und Angestellten, Fabriksgebäuden und –schloten. Ehemalige Beschäftigte aus Mürzzuschlag und Hönigsberg erzählen über ihre Arbeit im Werk, ihren Alltag, Schicksale, Erlebnisse und ihre Freizeit. Zahlreiche Fotos, Dokumente und Gegenstände aus privaten Sammlungen und den Firmenarchiven machen die Industriegeschichte Mürzzuschlags erlebbar. Bei dieser interaktiven Ausstellung können die Besucher all das noch spüren bzw. erfahren. Die Sonderausstellung im Winter!Sport!Museum! mit starkem regionalen Bezug macht von 8. Mai - 12. Oktober Mürzzuschlager Industriegeschichte erlebbar“.

 

Anmerkungen von Werner Lang zur Ausstellung „Lebenswerk – Mürzzuschlager Werksgeschichte(n)“ im Wintersportmuseum Mürzzuschlag.

Auf der Zeittafel der Ausstellung kann man lesen, dass 1938 die Rüstungsindustrie bei den

Schoeller-Bleckmann Stahlwerken ca. 2500 Arbeitsplätze sicherte. Dieser Zynismus der Ausstellungsmacher von „Werk“ in Mürzzuschlag ist wohl sozialpolitisch zu verstehen.

Sie soll die sozialpolitische Unfähigkeit der herrschenden Politik gegenüber den arbeiteten Menschen verdecken, indem man von Arbeitsplatzsicherung spricht, wo eigentlich Arbeitskräftebedarf der Rüstungsindustrie stehen müsste. Die eigentliche „Sozialpolitik“ des Faschismus, die letztendlich zum Hungertod führte, wurde nicht erwähnt. Es wurde auch an „Arbeitsplätzen“ vor Hunger gestorben, wenn Arbeitsplätze zu Arbeitslager verkommen sind, wie das im Faschismus der Fall war.

Diese „Sozialpolitik“ der Faschisten, gleich nach 1938 in Österreich, die die herrschende Politik „Arbeitsplatzsicherung“ nennt, sind durchaus zwiespältig. Während Kinderbeihilfe, Familienunterstützung, Sozialversicherung und verschiedene Formen betrieblicher Sozialmaßnahmen, - zumindest kurzfristig – auf der Habenseite zu Buche schlagen, sind auf anderen Gebieten zahlreiche Einschränkungen und Verschlechterungen eingetreten, was Helmut Brenner in seinem Buch „Im Schatten des Phönix“ beschreibt. Die „sozialpolitische“ Entwicklung von 1938 - 1945 kann mit der unten angeführten Literatur historisch so erklärt werden, dass der wirtschaftliche „Anschluss“ Österreichs an das Deutsche Reich bereits lange vor dem 13. März 1938 vorbereitet wurde. Noch im März 1938 setzte ein Wettrennen deutscher Industriekonzerne und Banken um die Vereinnahmung österreichischer Industriebetriebe und Banken ein, soweit diese nicht schon vorher durch eine konsequente Expansionspolitik in das Eigentum der deutschen Industrie gelangten. Die Produktion wurde gleich danach auf Kriegswirtschaft ausgerichtet. Durch die Aufrüstung für den Krieg kam es in Österreich kurze Zeit zu einer Rüstungskonjunktur, die den Arbeitslosenstand reduzierte.

Durch die Einberufung zur Wehrmacht und den Abzug von ca. 100 000 österreichischen Arbeitskräften nach Deutschland kam es im Winter 1939/40 sogar zu verstärkten Schwierigkeiten in der Rekrutierung von Arbeitskräften. Die Lebensbedingungen der Arbeiter verbesserten sich aber dadurch nicht. Im Gegenteil, für eine vierköpfige Arbeiterfamilie erhöhten sich die Lebenshaltungskosten um 30%, während die Löhne nur um 5% stiegen.

Sozialpolitisch waren die Arbeiter auf ihrem Tiefpunkt angekommen. Die Arbeitszeit wurde verlängert. Die Häufigkeit von Nacht- und Sonntagsarbeit nahm zu.

Das alles war begleitet von einer Steigerung der Arbeitsintensität und Betriebsterror, Rationierungsmaßnahmen bei Lebensmitteln, Bekleidung und Gegenständen des täglichen Lebens.

Wenn man nach dem Kriegsausbruch von seiten der Faschisten noch von Sozialpolitik sprechen kann, dann muss man auch auf die Zwangsarbeit (Kriegsgefangene) und Arbeitslager hinweisen (aus den Konzentrationslagern für die Industrie rekrutierte Arbeitskraft). In der Gesamtwirtschaft stieg die Zahl der ausländischen Arbeiter sprunghaft an, um im August 1944 einen Höhepunkt mit über 580 000 Personen zu erreichen. (Nicht eingerechnet sind in dieser Zahl die Kriegsgefangenen und KZ-Häftlinge.)

Zur Geschichte vom „Werk“ ist weiters zu erwähnen, dass Richard Schoeller 1924 die Bleckmann Stahlwerke AG mit den Stahlwerken Schoeller AG zur Schoeller-Bleckmann Stahlwerke AG vereinigte. Er übernahm die Gesamtleitung. Im Jahre 1933 übertrug er das Unternehmen an seinen Neffen: Unter der Führung von Philipp Alois Schoeller (1892–1977), „der sich ‚seit 1936 dem Nationalsozialismus auf Gedeih und Verderb verschrieben hatte‘, wie es in der Studie über Österreichs Banken im Nationalsozialismus (Verlag C. H. Beck) heißt“, entwickelte sich Schoeller-Bleckmann zu einem bedeutenden Unternehmen der österreichischen Rüstungsindustrie für den Zweiten Weltkrieg. Schoeller war schon im österreichischen Ständestaat vor 1938 illegales Parteimitglied der NSDAP und hatte von 1938 bis 1945 hohe Funktionen als Interessensvertreter der Industrie inne.

So war er zwischen 1938 und 1945 Präsident der Handelskammer in Wien und wurde von Hitler mit dem Titel Wehrwirtschaftsführer ausgezeichnet. Zum besseren allgemeinen geschichtlichen Verständnis über „das Werk“ kann das Buch von Helmut Brenner, Wolfgang Nagele und Andrea Pühringer: „Im Schatten des Phönix“ beitragen. Leider liegt es in der Ausstellung „Lebenswerk – Mürzzuschlager Werksgeschichte (n)“ nicht auf.

Zur Politik der „Arbeitsplatzsicherung“ und der „Managerschuld“, die auf Zeitdokumenten für 1982 zu lesen ist, ist allgemein mit der unten angeführten Literatur von Elmar Treptow über die „Wirtschaft“ zu sagen, dass sich die Ungleichheiten der Krisen der kapitalistischen Gesellschaft von 1970-1980 verstärkten. Resultate der Krisen – die zyklisch wiederkehren – sind insbesondere die Arbeitslosigkeit, der Bankrott von Unternehmen, der Rückgang der Produktion, das Sinken der Löhne, das Steigen der Warenpreise sowie die Verschlechterung der Lebens- und Arbeitsverhältnisse der lohnabhängig Beschäftigten. Das Ziel der Produktion von Unternehmen ist keineswegs, Arbeitsplätze zu schaffen oder Bedürfnisse zu befriedigen. Dies zeigt sich darin, dass sie nur dann investieren, wenn sie mehr aus den Betrieben „herausholen“ können als sie angelegt haben, auch beim „Werk“ in Mürzzuschlag - Hönigsberg. Denn die herrschende Gesellschaftsform ist eine kapitalistische und keine sozialistische.

Die Krise ist kein Zufall oder Betriebsunfall. Und sie gründet primär nicht in Gier oder in mangelnder moralischer Verantwortung und Fehlern von Managern, sondern in dem, was im Kapitalismus normal und unverzichtbar ist, nämlich in dem Streben nach größtmöglicher und kurzfristiger Vermehrung des als Investitionen eingebrachten Kapitals. Von dieser Voraussetzung, also mit der „Kapitallogik“ über „das Werk“ von 1980 an weitergedacht, war der wesentliche Faktor für die wirtschaftliche Entwicklung der VEW: die internationale Krise der Stahlindustrie. Die darauffolgenden Rationalisierungen hatten den Zweck, das Unternehmen wieder profitabel zu führen, denn die Strukturkonzepte hatten allgemein nur indirekt oder kurzfristig mit „Krisenbewältigung“ zu tun, denn im Kapitalismus ist nach der Krise immer vor der Krise, auch wenn sie als Finanzkrise erscheint. Die Lohnarbeiter (als direkt Betroffene oder als Steuerzahler) haben es letztendlich auszubaden.

Die kreative Form der Sozialisierung von Verlusten und der Privatisierung von Gewinnen vertieft die Krise, indem sie den Schuldenberg der Staaten erhöht. Infolgedessen verschlechtern sich über kurz oder lang die Lebens- und Arbeitsverhältnisse der Bevölkerung, denn die Staatsschulden werden in der Regel dadurch abgebaut, dass die Sozialausgaben gekürzt und die Steuern erhöht werden.

Der Ausverkauf der verstaatlichten Industrie, als „Privatisierung“ bezeichnet, hat auch die gleichen Auswirkungen wie die Sozialisierung von Verlusten und die Privatisierung von Gewinnen. Es führte und führt zu Verschlechterungen der Lebensweise der Lohnarbeiter, wie die unten angeführte Literatur von Soziologen beweist. Um das steigende Budgetdefizit in den Griff zu bekommen, entschied sich die Große Koalition, eine Reihe von Staatsunternehmen zu privatisieren- ursprünglich allerdings nur bis zu 49% der Anteile. 1993 wurde das Ziel des Privatisierungsprojekts wesentlich ausgeweitet. Das Gesetz ermächtigte die Österreichische Industrieholding AG (ÖIAG), ein Unternehmen, das in den späten 1960er Jahren gegründet worden war, um die Staatsanteile in den verschiedenen Unternehmen zu verwalten, ihre Mehrheitsanteile an allen Industrieunternehmen zu verkaufen. In den späten 1990er Jahren fing die Regierung an, auch Anteile an den staatlichen Banken zu verkaufen (nach einer Fusionswelle im österreichischen Bankensektor). Ab dem Jahr 2000 wurde eine dritte Privatisierungswelle vom Zaun gebrochen, die im Sommer 2003 einen vorläufigen Höhepunkt erreichte, als der Staat seine letzten Anteile an der VOEST-Alpine verkaufte.

Eine Verbesserung der Lebensweise für Lohnarbeiter, wie reale Lohnerhöhungen und Arbeitszeitverkürzungen muss sich unter den Bedingungen des Kapitalismus die Lohnarbeiterschaft selbst erkämpfen. Sie darf und kann sich dies von irgendwelchen Politikern oder Managern, die der kapitalistischen Gesellschaftsform untergeordnet sind, nicht erwarten, wie auch im Film „Stahlsplitter“, der in der Ausstellung gezeigt wird und der in die Lebensweise der Werksarbeiter von 1979 einen kurzen Einblick verschafft, indirekt vermittelt wird.

Aus Literatur entnommen: Hautmann Hans, Kropf Rudolf, „Die österreichische Arbeiterbewegung vom Vormärz bis 1945“, Europaverlag, 1974.

Treptow Elmar, „Die widersprüchliche Gerechtigkeit im Kapitalismus“, Weidler Buchverlag, 2012.

Hermann Christoph, Atzmüller Roland (Hg.) „Die Dynamik des österreichischen Modells“,

Brüche und Kontinuitäten im Beschäftigungs- und Sozialsystem, edition sigma Karl-Marx Str. 17 D-12043 Berlin. E-Mail: verlag@edition-sigma.de

Brenner Helmut, Nagele Wolfgang, Pühringer Andrea, „Im Schatten des Phönix“ Weishaupt Verlag, Gans, 1993.

http://www.profil.at/articles/1001/560/259293/wie-adelige-aufnahmesperre-nsdap

http://www.wintersportmuseum.com/ausstellung/werksgeschichten.html

Veröffentlicht: 6. August 2014

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