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7. Oktober 1989 - 9. November 2009

Vergleichbares und Unterschiede bei den Jubelfeiern (Kommentar)

7. Oktober 1989 – 9. November 2009

Mitten in seiner tiefsten Wirtschafts- und Gesellschaftskrise feiert der Kapitalismus das Ende der DDR – und kaum jemandem fallen die Ähnlichkeiten dieser Jubelfeiern mit den Jubelfeiern der DDR-Führung im Herbst 1989 auf.
Die Selbstgefälligkeit eines Systems, das mit Müh und Not den Kollaps des globalen Finanzsystems abgewendet hat, das im Umfeld der Feiern Massenkündigungen – gerade auch auf dem Gebiet der früheren DDR – verkündet, das immer mehr Menschen in Arbeitslosigkeit und Armut schickt, ist ganz einfach umwerfend.
Und auch die Massenmedien funktionieren wie damals: Festempfänge und Konzerte werden direkt übertragen, Menschen dürfen vor der Kamera jubeln, abweichende Meinungen kommen im Fernsehen nicht vor.
Es gibt aber einen Unterschied: Damals hat fast niemand dem DDR-Fernsehen geglaubt, auch wenn Richtiges verlautbart wurde. Heute manifestiert sich gerade in der Krise die Macht der Bewusstseinsindustrie über die Menschen. Was wirklich wichtig ist, wird im Massenbewusstsein zur Randerscheinung (Wirtschafts- und Gesellschaftskrise, Rüstung und Krieg), während die Feierlichkeiten zum 20. Jahrestag des unrühmlichen Endes eines alternativen Gesellschaftssystems zum Raubtierkapitalismus als zentral und wichtig empfunden werden.

Es ist aber so: Wie am 7. Oktober 1989 die DDR-Führung die damalige Krise des Realsozialismus mit einer pompösen Feier übertönen wollte, gleichen die Kapitalismusfeiern des 9. November 2009 einem Tanz auf dem Vulkan.
Das Wichtigste wird dabei ausgeblendet: In den letzten 20 Jahren hat sich ein Satz als grundlegend falsch herausgestellt, der Satz vom Ende der Geschichte. Ein anderer Satz hat seine Richtigkeit bewiesen: „Der Kapitalismus hat nicht gesiegt, er ist nur übriggeblieben“.
Und der Kapitalismus hat – muss man hinzufügen – sein asoziales Wesen so deutlich gezeigt wie schon lange nicht mehr.

Dieses Gesellschaftssystem muss überwunden werden, je früher desto besser. Daran sollten wir arbeiten – und nicht wie Büßer auf den untergegangenen Sozialismus zurückblicken. Unsere Geschichte – die Geschichte der revolutionären Arbeiterbewegung – beginnt nicht mit dem Jahr 1989, auch nicht mit dem Jahr 1917, sie beginnt mit der Entfaltung des Kapitalismus als Gesellschaftssystem. Und wir werden nicht umzubringen sein, solange diese Gesellschaftsordnung nicht überwunden ist.

Franz Stephan Parteder

Veröffentlicht: 9. November 2009

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