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17.636 Unterschriften gegen den Regress

KPÖ machte vor Landtagssitzung gegen unsoziale Politik mobil

17.636 Steirerinnen und Steirer haben mit ihrer Unterschrift bekräftigt, dass sie den Regress so schnell wie möglich abgeschafft sehen wollen. Die KPÖ überreicht die Petition der Landesregierung in der Landtagssitzung am 17. September.

Vor Beginn der Sitzung machten KPÖ-Aktivistinnen und –Aktivisten mit der Grazer Wohnungsstadträtin Elke Kahr, den Landtagsabgeordneten Claudia Klimt-Weithaler und Werner Murgg sowie Ernest Kaltenegger gegen diese unsoziale Belastung mobil.

Nach der Abschaffung des Pflegeregresses in Kärnten im Mai ist die Steiermark nun das letzte Bundesland, das noch zu dieser altertümlichen Methode der Pflegefinanzierung greift. Für viele stellen die Zahlungen für pflegebedürftige Angehörige eine ernste finanzielle Belastung dar, da auf weitere Unterhaltspflichten keine Rücksicht genommen wird und der Regress schon ab 1284 Euro Monatseinkommen zu leisten ist. Auch Leistungen wie Abfertigungen und die Pendlerpauschale werden zum Einkommen gezählt.

Klimt-Weithaler: „Der Regress ist weder eine geeignete Form der Pflegefinanzierung, noch ist er sozial ausgewogen. Viele Steirerinnen und Steirer sehen nicht ein, warum sie als ‚Österreicher zweiter Klasse‘ behandelt werden. Herr Landeshauptmann, Herr Landeshauptmann-Stellvertreter, hören Sie sich in Ihren eigenen Reihen um. Der Regress ist nirgends mehrheitsfähig. Schaffen Sie ihn endlich ab!“

Dringliche Anfrage zum Pflegeregress

 

LANDTAG

STEIERMARK

XVI. GESETZGEBUNGSPERIODE 2013

Einl.Zahl 2169/1

eingebracht am 20.08.2013

Dringliche Anfrage an ein Regierungsmitglied (§ 68 GeoLT)

Regierungsmitglied: LR Mag. Kristina Edlinger-Ploder

LTAbg.: Claudia Klimt-Weithaler, Dr. Werner Murgg

Fraktion(en): KPÖ

Betreff:

Österreichweit einzigartige Benachteiligung der Steirerinnen und Steirer durch den Pflegeregress

Begründung:

„Ältere Menschen zur Verzweiflung zu bringen, indem man ihnen das Gefühl gibt, ihren Kindern auf der Tasche zu liegen, ist das Schlimmste, das man ihnen antun kann.“ Das sind die Worte eines österreichischen Landeshauptmannes, allerdings nicht des steirischen. Denn nur in der Steiermark ist der unfaire und unsoziale Regress für Angehörige noch in Kraft.

 

Der Regress ist für die Bevölkerung unzumutbar und wird als besonders ungerecht empfunden. Wenn es in einer steirischen Familie zu einem Pflegefall kommt, steht die Existenz von Angehörigen und deren gesamter Lebensertrag auf dem Spiel.


Gerade in den Sommermonaten - für viele eine unbeschwerte Zeit - häufen sich die verzweifelten Hilferufe von Menschen, die der Rückersatz in einer Phase, die ohnehin von wirtschaftlicher Unsicherheit geprägt ist, in größte Bedrängnis bringt. Die verantwortliche Landesrätin hält es nicht für nötig, darauf zu reagieren und den Menschen in der Steiermark gleiches Recht wie allen Österreicherinnen und Österreichern zukommen zu lassen.

 

1.500 Euro Nettoeinkommen werden immer als Einkommensgrenze genannt, ab der Betroffene Regress zahlen müssen. Tatsächlich ist die Grenze weit geringer, da Urlaubs- und Weihnachtsgeld eingerechnet werden. Das Jahreseinkommen wird durch zwölf geteilt, weshalb sich für die meisten Menschen eine monatliche Einkommensgrenze von 1.286 Euro ergibt. Diese Grenze wird sehr leicht überschritten, werden doch auch zB Pendlerpauschale, Überstundenentgelte und Abfertigungen eingerechnet. Eine Valorisierung bzw. Anpassung an die Inflation wurde dabei geflissentlich nicht vorgesehen.

Auf andere Unterhaltsverpflichtungen für Kinder oder Ehepartner wird beim Regress ebenso wenig Rücksicht genommen wie auf individuelle Notlagen. Auch im Falle, dass es in einer Familie mehrere Pflegebedürftige gibt, wird die Regressbelastung rücksichtslos aufsummiert. Bis zu 20 Prozent des Einkommens müssen Steirerinnen und Steirer - einzigartig in Österreich! - bei Pflegebedürftigkeit beider Eltern an Rückersatz leisten.

 

Landesrätin Kristina Edlinger-Ploder sagte in einer Pressekonferenz am 11. Oktober 2012, der Regress decke lediglich 2 Prozent der Kosten im Pflegebereich. Er sei, so die Politikerin, die über 14.000 Euro im Monat verdient, wörtlich, „eine eher pädagogische Maßnahme“. Die Menschen sollen also dazu erzogen werden, ihre Angehörigen nicht ins Pflegeheim zu geben. Doch pflegt jemand einen Angehörigen mit höchster Pflegestufe zu Hause und kann dementsprechend keiner Arbeit nachgehen, so ist - im Falle eines weiteren Pflegefalles in der Familie - auch von diesem Pflegegeld Regress zu leisten.

 

Noch dazu geht der Trend in der steirischen Verwaltung immer mehr zu sogenannten "Vergleichen": Ein Bescheid, gegen den ein Rechtsmittel erhoben werden könnte, wird den Betroffenen - entgegen § 35 Stmk. Sozialhilfegesetz - gar nicht mehr ausgestellt. Statt dessen werden sie zu einem Vergleich gedrängt, der durch keine Instanz mehr überprüft wird.

Die geforderten Summen sind dabei nicht gerade klein: Durch weit zurückreichende Nachforderungen handelt es sich dabei schnell um mehrere Tausend Euro, die von den verzweifelten Angehörigen eingefordert werden.


Gleichzeitig muss man sich vor Augen halten, dass der Bund einen aus Steuergeld finanzierten Pflegefond eingerichtet hat, der den Ländern hilft, die Pflegekosten zu bewältigen. Damit sollte gerade verhindert werden, dass die Länder den Angehörigen von Pflegebedürftigen zusätzlich in die Tasche greifen. Dieser Pflegefonds wurde erst neuerlich bis 2016 abgesichert.

 

Und nicht zuletzt ist trotz des Pflegeregresses, den es nur noch in der Steiermark gibt, unser Bundesland bei den Pflegestandards kein Vorbild. So ist der Personalschlüssel in steirischen Pflegeheimen trotz des Pflegeregresses gerade in den höheren betreuungsintensiveren Pflegestufen deutlich schlechter als etwa in Wien oder in Oberösterreich. In der Steiermark gibt es ein überdurchschnittliches Angebot an privaten Pflegeheimen, die im Gegensatz zu den öffentlichen und gemeinnützigen gewinnorientiert sind. Mit öffentlichen Mitteln und mit dem unsozialen Pflegeregress werden diese Gewinne subventioniert. Dadurch verteuert sich das Pflegewesen in der Steiermark unnötig.

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen folgende Dringliche Anfrage:

  1. Warum müssen Steirerinnen und Steirer für die Pflege ihrer Eltern zahlen und alle anderen Österreicherinnen und Österreicher nicht?
  2. Wie lange werden Sie noch am Pflegeregress festhalten?

 

Unterschriften:
Claudia Klimt-Weithaler eh., Dr. Werner Murgg eh.

Veröffentlicht: 17. September 2013

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