Warum jetzt nicht nur den Unternehmen geholfen werden darf!
Einen scharfen aber im besten Fall kurzen Einbruch der Konjunktur erwartete das Wifo Ende März. Das Bruttoinlandsprodukt sollte um lediglich 2,5 Prozent schrumpfen. Ohne dass sich an der Epidemie wesentliches geändert hat, gehen dieselben Wirtschaftsforscher einen Monat später bereits vom bis zu Dreifachen aus. Und ob diese Prognose hält, ist ebenso fraglich. Kaffeesudlesen kann derzeit zu seriöseren Prognoseergebnissen führen.
Eines ist jedoch gewiss: Der Einbruch wird schlimm, viel schlimmer als die letzte Krise. Und selbst wenn es bei den maximal zehn Prozent Neuverschuldung in diesem Jahr bleibt, kommen zu diesen rund 37 Milliarden Staatsschulden in den kommenden Jahren weitere hinzu. Die Frage, wer letztendlich die Zeche zahlen muss, gehört daher bereits jetzt angesprochen.
Für Familien und Arbeitslose gibt es von der Regierung bloß Millionen für viel weniger Unternehmen und Konzerne Milliarden. Die Notstandshilfe soll zeitlich befristet bis September auf die Höhe des ohnehin sehr niedrigen Arbeitslosengeldes aufgestockt werden. Das kostet 80 Millionen Euro. Arbeitslose Familien mit Kindern erhalten in den nächsten drei Monaten eine finanzielle Unterstützung aus dem Corona-Familienhärtefonds, dafür sind lediglich 60 Millionen budgetiert.
Die Beträge, die den Unternehmen zur Verfügung gestellt werden, haben eine andere Dimension. Der Covid-Krisenbewältigungsfond wurde zwischenzeitlich von 4 auf 28 Milliarden Euro aufgestockt. Bei den Mitteln für Kurzarbeit wurde schrittweise auf 7 Milliarden aufgestockt und auch diese Grenze wird vermutlich wieder erhöht. Mittlerweile sind rund 100.000 Anträge von Unternehmen genehmigt, Kostenpunkt jetzt bereits 6,7 Milliarden Euro.
Kurzarbeit ist vor allem Konzernförderung
Dabei ist Kurzarbeit vor allem als Förderung an die Wirtschaft zu sehen. Durch einen Eingriff in bestehende Arbeitsverträge verzichten die arbeitenden Menschen auf einen, wenn auch kleinen, Teil ihres Gehaltes. Der Staat übernimmt die Kosten für die Kurzarbeit und die Unternehmen dürfen sich darüber freuen, dass sie aus dem Schneider sind. Denn eines ist klar: es gibt Kündigungsfristen. Diese sind nach Branche und Betriebszugehörigkeit unterschiedlich lange, können aber durchaus einige Monate betragen. So sind diese in der Industrie, die gerne auf Kurzarbeit setzt, bei den Arbeitern und Arbeiterinnen der Metallindustrie etwa zwischen sechs Wochen und fünf Monaten.
Gäbe es die Kurzarbeit nicht, müssten die Unternehmen zumindest für diesen Zeitraum Löhne und Gehälter weiterbezahlen. Dass dies vielfach möglich ist, zeigt die Branchenerhebung der Metallindustrie durch die AK. So kamen in den untersuchten Unternehmen (beispielsweise 2018) auf einen Euro an bezahlten Löhnen und Gehältern 43 Cent an Gewinnausschüttungen an die Eigentümer.
Gleichzeitig Staatshilfe erhalten und die Gewinne an die Aktionäre ausschütten, davon wollen manche Unternehmen nicht abrücken. Der Chef der Wiener Börse nennt es eine nachträgliche Enteignung der Eigenkapitalgeber, wenn es im Zuge von Staatshilfen zu Ausschüttungsverboten kommen sollte. Die OMV, die letztes Jahr einen Rekordgewinn eingefahren hat und eine Rekordgewinnausschüttung plant, denkt gleichzeitig darüber nach, eventuell Staatshilfen in Anspruch zu nehmen. Der ehemals staatliche Ölkonzern erwirtschaftete im letzten Jahr 2,15 Milliarden Euro an Gewinn – netto wohlgemerkt und das mit weniger als 20.000 Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen.
Würden hier Staatshilfen fließen, springt der Staat einzig und alleine für die Profite der Aktionäre ein, während sich das Unternehmen seiner vertraglichen Verpflichtungen den Beschäftigten gegenüber entledigt.
Genau in die Gegenteilige Richtung zeigt das Missverhältnis, wenn es um die Steuereinahmen geht. Rund neun Milliarden Euro kamen im vergangenen Jahr beispielsweise als Einnahmen aus der Körperschaftssteuer ins Budget. Zum Vergleich: Die Einnahmen aus der Lohnsteuer betrugen mehr als 28 Milliarden Euro. Den Großteil der Steuern zahlen also die arbeitenden Menschen.
In dieser Situation ist es richtig, als Staat einzugreifen und einen Zusammenbruch der Wirtschaft zu verhindern. Nun schreien aber auch jene, die in der Vergangenheit staatliche Eingriffe abgelehnt haben bisweilen am lautesten um Unterstützung. Die Zahlungen können gar nicht hoch genug sein. Und am liebsten wäre es ihnen natürlich, wenn die arbeitenden Menschen die Rettung ihrer Vermögen dann auch noch bezahlen würden.
Wer wird die Rechnung zahlen?
Trotz der milliardenschweren Rettungspakete will die Bundesregierung derzeit noch nicht von ihren Steuerplänen abrücken. Damit droht eine weitere Steuersenkung für Unternehmen (in Form einer Körperschaftssteuersenkung) während sich gleichzeitig die Bedingungen für die arbeitenden und arbeitslosen Menschen verschlechtern werden.
Der Mangel an Arbeitsplätzen wird noch über Jahre bestehen. Die Entwicklung der Löhne wird durch die Krise gebremst und es gibt bereits jetzt Überlegungen zu weiteren Verschlechterungen der Arbeitsbedingungen. So fordert dies die Agenda Austria wie zum Hohn gerade für jene, die in Zeiten der Krise unsere Versorgung aufrechterhalten haben. Massive Verschlechterungen bei den Arbeitszeiten drohen nämlich, wenn in der Niedriglohnbranche Handel die Öffnungszeiten, wie gefordert, freigegeben werden sollten. Und auch erste Handelsunternehmen und Betreiber von Einkaufszentren stoßen ins selbe Horn und fordern die Sonntagsöffnung.
Noch ist nicht entschieden wie die Lasten dieser Krise verteilt werden. Damit diese nicht auf dem Rücken der arbeitenden Menschen landen, gilt es nun Widerstand zu leisten.
Georg Erkinger ist Organisationssekretär des Gewerkschaftlichen LinksBlocks und Arbeiterkammerrat der Liste GLB-KPÖ.
Veröffentlicht: 29. April 2020