Warum feiert die steirische KPÖ in rot -weiß rot?

Festansprache auf der Veranstaltung zum Nationalfeiertag

Franz Stephan Parteder

 

Warum feiert die KPÖ in rot –weiß rot?

ANSPRACHE BEI DER FESTVERANSTALTUNG ZUM NATIONALFEIERTAG 2010

 

 

 

Unsere Treffen zum Nationalfeiertag haben schon Tradition.

Vor 33 Jahren haben wir gemeinsam mit Kinderland den ersten „Nationalfeiertag in Rot weiß Rot“ begangen.

Das hatte mehrere Gründe.

 

Der wichtigste: In der Öffentlichkeit war schon fast in Vergessenheit geraten, was der Anlass für diesen Nationalfeiertag war: Der Beschluss des Verfassungsgesetzes über die immerwährende Neutralität Österreichs am 26. Oktober 1955.

Damals – Bruno Kreisky war Bundeskanzler, Österreich hatte im Dialog zwischen Ost und West keine unwesentliche Rolle - stellte niemand die Neutralität in Frage, es war aber doch sehr auffällig, dass unser Nationalfeiertag zum Tag der Fitmärsche umgedeutet wurde.

Mit der Namensgebung des Kinderland-Heimes in Radegund nach unserem unvergessenen Genossen, Lyriker und Widerstandskämpfer Richard Zach haben wir damals ein Zeichen gesetzt.

 

Heute erinnern die Medien am Nationalfeiertag an den Beschluss des Neutralitätsgesetzes. Dafür schaut es mit Gegenwart und Zukunft der Neutralität unseres Landes ganz schlecht aus. Obwohl eine übergroße Mehrheit der Bevölkerung unseres Landes für die Neutralität ist, haben  sich Regierung, Parteien und die meisten Medien darauf geeinigt, die Inhalte der Neutralität scheibchenweise abzuschaffen.

Man kettet sich nach dem Beitritt Österreichs zur EU an die sogenannte  gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik der EU, die – zuletzt festgeschrieben im  Vertrag von Lissabon – den Aufbau eine Interventionsarmee der EU zum Ziel hat. In einer militärisch hochgerüsteten Supermacht EU hat die Neutralität keinen Platz mehr.

 

Schlachtgruppen in der Steiermark

 

Ohne öffentlich groß darüber zu reden werden in der Steiermark und zwar in der Kaserne Straß Soldaten des österreichischen Bundesheeres für den Einsatz in internationalen Schlachtgruppen trainiert. Diese sollen im Jahr 2011 erstmals einsatzbereit sein. Der große Unterschied zu den UNO-Friedenstruppen mit Beteiligung des Bundesheeres ist folgender. Die Schlachtgruppen sollen kriegerische Kampfhandlungen durchführen können, „friedensschaffende Maßnahmen“ wie das in der Sprache der Militärstrategen heißt.  Auf Deutsch heißt das Krieg. Und das müssen wir den Leuten auch ganz klar und deutlich sagen.

 

In diesem Zusammenhang ist auch die Diskussion um die Abschaffung der Wehrpflicht zu sehen. Eine Berufsarmee lässt sich leichter überall auf der Welt einsetzen. Ohne Wehrpflicht würden auch – so hofft man – die Diskussionen über die Abschaffung der Neutralität leiser werden.

Im Zuge des Wiener Gemeinderatswahlkampfes ist von Michael Häupl (SPÖ) auch die Forderung nach einer Volksbefragung über die Frage der allgemeinen Wehrpflicht ventiliert worden. Grundsätzlich ist die Nutzung direktdemokratischer Instrumente auch in dieser Frage zu begrüßen. Es kommt jedoch darauf an, was genau befragt wird. Wehrpflicht, ja oder nein, alleine greift sicherlich zu kurz. Wenn Volksbefragung dann auch über den Kriegsermächtigungsartikel 23 der Bundesverfassung , über die Solidaritätsklausel und die Beistandsverpflichtung im neuen EU-Vertrag, über die Einrichtung sogenannter EU-Schlachtgruppen.

Die gesamten Einschränkungen der Neutralität Österreichs, die von allen Bundesregierungen seit dem EU-Beitritt unseres Landes still und heimlich durchgezogen worden sind, gehören auf den Prüfstand. Dieser Forderung unserer Freunde von der Linzer Werkstatt für Frieden und Solidarität schließen wir uns an.

 

Wer für die Neutralität unseres Landes ist, der muss das auch laut sagen. Auch deshalb sind wir heute hier.

 

Für unser Land

 

Warum haben wir als internationalistische Partei gerade den österreichischen Nationalfeiertag als Termin für unser jährliches Zusammentreffen gewählt?

Unsere kommunistische Bewegung, die sich von der Sozialdemokratie deutlich abgrenzt, hat einen Bezugspunkt. Das ist die russische Oktoberrevolution. Seither sind die Kommunistinnen und Kommunisten in allen Ländern als vaterlandslose Gesellen und als Agenten Moskaus bezeichnet worden, auch und gerade dann, wenn sie sich für die Grundrechte der arbeitenden Menschen und für die nationalen Interessen ihres Landes eingesetzt haben. Seit 1917 war und ist dies die beliebteste und wirksamste Waffe von Reaktionären aller Schattierungen, um das Streben nach sozialem Fortschritt zu diskreditieren.

Wir treffen uns anlässlich des Nationalfeiertags, auch weil es die Kommunistinnen und Kommunisten waren, die gegen Hitler und für Österreich eingetreten sind, weil es die KommunistInnen waren, die  im Kampf gegen Hitler die größten Opfer gebracht haben. Vor 65 Jahren ist Österreich befreit worden. Und es waren Kommunisten, die gemeinsam mit den Vertretern der anderen demokratischen Parteien SPÖ und ÖVP sofort dran gegangen sind, die Grundlagen für ein neues, demokratisches Österreich zu legen.

In Graz war ein Kommunist im Jahr 1945 vom ersten Tag an für das Wohnungswesen zuständig und hat dafür gesorgt, dass der Mangel gerecht verwaltet wurde, der Genosse Kowatschitsch. Dass wir in Graz für gutes Wohnen sorgen, hat eine lange Tradition.

Die KPÖ ist für die Neutralität eingetreten als andere noch in die NATO wollten.

Und wir sind auch heute für Österreich und gegen eine EU der Konzerne und Generäle, die den Sozialabbau vorantreibt und riesige Privilegien ihrer Spitzenleute mit der politischen Entmündigung der Bevölkerung in den Mitgliedsstaaten verbindet.

 

Alles das, was uns ÖVP und SPÖ seinerzeit vorgeworfen haben – und was in dieser Form nicht gestimmt hat:  die Abhängigkeit von einer Zentrale, das Befehlsempfängertum, die Unterschätzung der nationalen Interessen - genau das praktiziert unsere politische Elite, wenn es um die EU und um Brüssel geht.

Wir sagen aber gerade hier und heute: Das wichtigste Kampffeld gegen Sozial- und Demokratieabbau, das ist überall das eigene Land. Wir sind solidarisch mit den großen Protestaktionen in Frankreich, Portugal, Griechenland oder Spanien und sagen gemeinsam mit unseren Freunden in diesen Ländern den Konzernherren, den Mächtigen in der EU und der politischen Elite unseres Landes: „Zahlt die Kosten Eurer Krise selber“.  Das enthebt uns aber nicht von der Aufgabe, hier vor Ort, in Österreich und in der Steiermark für Aktionseinheiten und breite Bündnisse einzutreten, um die bei uns geplanten Einschnitte abzuwenden.

Die Dialektik von Nationalem und Internationalen muss angesichts der Entwicklung der EU immer wieder neu durchdacht werden. Eines ist aber klar: Wer die Spielregeln des Monopolkapitals akzeptiert, die in der EU gelten, der hat schon verloren.

 

Wir sind für Österreich und gegen die Selbstaufgabe unserer Identität, während viele politische Kräfte, die uns seinerzeit die Abhängigkeit von einem internationalen Zentrum vorgeworfen haben, jetzt in einem würdelosen Wettlauf darüber sind, wer von ihnen als glühender Europäer am glühendsten glüht. Bei diesem Wettlauf machen wir nicht mit.

 

 

Eine Bilanz

 

 

Unsere Nationalfeiertagsveranstaltung ist auch  ein Wiedersehenstreffen. Wir kommen in einer zwanglosen Atmosphäre zusammen, um uns zu unterhalten und auch, um miteinander zu reden. Das ist gerade in einer Partei wie der unseren sehr wichtig.

Als kleine Partei mit noch immer vielen Mandaten kommt man ganz selten zum Verschnaufen. Es gibt immer sehr viel zu tun. Viele Menschen haben Ansprüche an uns, kommen mit ihren Problemen und Fragen. Das ist an sich sehr gut. Es muss aber immer noch Zeit für das Zusammensein bleiben.

Darum ist unser heutiges Zusammentreffen so wichtig.

Wir treffen  uns heute knapp ein Monat nach der Landtagswahl und etwas mehr als ein Monat vor unserem Landesparteitag.

Bei der Landtagswahl ist es uns gelungen, die Vertretung auf dieser Ebene zu sichern. Das war ganz wichtig, weil man uns in der Steiermark nicht mehr ignorieren kann.

Was mich besonders freut: In dieser Wahlbewegung ist Claudia Klimt-Weithaler zu einem  neuen Gesicht der steirischen KPÖ in der Öffentlichkeit geworden. Sie hat vom direkten Kontakt mit den Leuten auf der Straße oder im großen Wohnblock bis zur TV-Diskussion mit den anderen Spitzenkandidaten gezeigt, dass wir unsere seit Kaltenegger bekannten Qualitäten mit einem kantigeren Auftreten verbinden und auch nicht davor zurückscheuen, in der Öffentlichkeit die Systemfrage zu stellen.

Ich bin überzeugt, dass sie – gemeinsam mit Werner Murgg – den herrschenden Parteien im Landtag noch viele Nüsse zu knacken geben wird.

 

Wenn ich in wenigen Tagen nach 19 Jahren nun meine Funktion als Landesvorsitzender zurücklegen werde, kann ich beruhigt in Politpension gehen.

 

Vor 19 Jahren – auf unserer 17. Landeskonferenz in Donawitz im November 1991  – ist es um Sein oder Nichtsein der Partei in der Steiermark gegangen. An unserer Zukunft haben nicht nur Außenstehende gezweifelt, auch in unseren eigenen Reihen war die Unsicherheit nicht klein. Und es ist einige Jahre lang weiter bergab gegangen, bis wir nur mehr bei 10 Mandaten in den Gemeinderäten außerhalb von Graz gestanden sind und unsere Vertretung in der AK verloren hatten.

Jetzt stehen wir nach außen viel besser da, wir haben Mandate, wir sind nicht ausgestorben, sondern haben neue MitstreiterInnen gewonnen, die sei als Mitglieder, sei es als Menschen, die unsere Arbeit schätzen, die positiv nach außen wirken, ohne Mitglieder zu sein.  Es ist uns gelungen, Schritt für Schritt die Funktionen einer Partei der Arbeiterbewegung besser als bisher auszufüllen.

Eine neue Generation  wird diese Arbeit in Zukunft auf neue Weise fortsetzen.

 

 

Wenn man Abschied nimmt, dann kommt man ins Nachdenken. Ich will Euch nicht mit allem belästigen, was mir in diesen Tagen durch den Kopf geht. Eines möchte ich aber heute tun: Ich danke allen Genossinnen und Genossen, die in den vergangenen Jahrzehnten durch Ermunterungen und auch mit Kritik meinen Weg begleitet haben und – was sicher nicht leicht war – auch jenen Teil meiner Charakterzüge ausgehalten haben, die ein wenig (sagen wir) unkonventionell waren und sind.

 

 

Edmund Mosheim

 

 

Einen Genossen möchte ich aber als meinen Lehrer, was die Partei betrifft, besonders hervorheben: Es ist dies der leider viel zu früh verstorbene Edmund Mosheim, dem ich begegnen durfte,  als er Leiter der Wahrheit-Redaktion war. Er hat mir viel aus seinem Erfahrungsschatz bei der Maschinenfabrik Andritz oder als Bezirkssekretär und Gemeinderat in Eisenerz erzählt. Er hat mir beigebracht, dass eine kommunistische Partei nicht aus abstrakten Lehrsätzen, sondern aus konkreten Menschen besteht. Und er hat mir viel bei der Erkenntnis geholfen, dass auch diese Menschen meist keine tadellose Heldengestalten, sondern Leute sind, die manchmal eine tiefe Erkenntnis in den Gang der gesellschaftlichen Entwicklung auch  mit persönlichen Fehlern verbinden können. Hier muss man immer das Entscheidende sehen, die gemeinsame Sache, das Eintreten für den Sozialismus.

 

 

Liebe Genossinnen und Genossen!

 

Wir sind eine steirische und eine österreichische Partei, wir sind gleichzeitig Internationalisten. Dabei hat die Zusammenarbeit steirischer und slowenischer Genossinnen und Genossen eine große Tradition, die sich besonders im Widerstand gegen die Nazis, im Partisanenkampf und auch im  Eintreten für die Rechte der slowenischen Volksgruppe in Kärnten und in der Steiermark bewiesen hat.

Deshalb freue ich mich auf den Höhepunkt des heutigen Tages, den Triestiner Partisanenchor.

 

9. September 2011