Gefährliche NachbarInnen aus dem Norden

Bundeswehr: vom Mordsinstrument zum „familienfreundlichen Unternehmen“

Anne Rieger.jpg
Ein Kommentar von Anne Rieger

Ursula von der Leyen will die deutsche Bundeswehr „zu einem der attraktivsten Arbeitgeber in Deutschland machen“. Die erste weibliche Kriegsministerin in Deutschland will das Mordsinstrument zu einem „familienfreundlichen Unternehmen“ umbauen. Wichtige Handlungsfelder seien eine passgenaue Kinderbetreuung, eine moderne und flexiblere Dienstzeitregelung und die Überprüfung der bisherigen Versetzungspraxis, die von einem häufigen Wechsel der Dienstortes geprägt ist.

Zeitgleich fordert sie „stärkeres internationales Engagement der Bundeswehr“, bereitet medial die Aufstockung des Mali-Einsatzes und des deutschen Engagements in Zentralafrika vor, plädiert für eine EU-Armee statt nationaler Streitkräfte. Bereits beschlossen wurde die weitere Stationierung der Patriot Raketen in der Türkei und die Operation Active Eandeavor.

Als Jeanne d’Arc der Gleichstellung wirbt von der Leyen für mehr tötende Frauen: „Wir müssen die Karrierepfade für Frauen gangbarer machen, die Vereinbarkeit von Dienst und Familie zügig vorantreiben und auch besser sichtbar machen, wie sehr die Bundeswehr von der wachsenden Zahl Frauen in der Truppe profitiert. Die Bundeswehr braucht die fähigsten Köpfe und davon sind ebenso viele weiblich wie männlich“. Ist die Tod befehlende, gut gelaunt aus der Kinderbetreuungsgruppe kommende und so motivierte Teilzeitgeneralin ihre Vision?

Tochter des ehemaligen niedersächsischen Ministerpräsidenten Ernst Albrecht, Spross einer Dynastie, die bereits unter den Welfen-Königen Schlüsselpositionen im Staat bekleidete, heiratete sie in die Dynastie der „Seidenbarone“ von der Leyen ein, die seit dem 18. Jahrhundert zum deutschen Establishment gehört.
Nur noch ihren eigenen Sprösslingen aus Geldadel, Adel oder militärischen Dynastien traut die deutsche Bourgeoisie das in der Zwischenzeit tonangebende Amt deutscher Außenpolitik zu. Seit 2005 waren das Franz Jung, Sohn eines begüterten Winzers, Karl-Theodor Freiherr von und zu Guttenberg aus vermögendem fränkischen Adel, verheiratet mit Gräfin Bismarck zu Schönhausen. Thomas de Maizieres Vater war Erster Generalstabsoffizier der Wehrmacht vor 1945, später General und Generalinspekteurs der Bundeswehr. Sein älterer Bruder ist Bankmanager.

Die Hardlinerin mit exzellenten Soft Skills vervollständigt nun den Auftrag, Frauen für die Kriegseinsätze Deutschlands zu gewinnen. Die Bundeswehr sucht 10.000 Frauen schreibt Die Welt. Denn trotz hohem geldadeligen Personaleinsatz sind zwei Drittel der Deutschen gegen die Ausweitung der Auslandseinsätze.

Hundert Jahre nach dem ersten Weltkrieg soll die Bevölkerung wieder kriegsbereit gemacht werden. Aber die 60 Millionen Toten des Zweiten Weltkrieges, die 20 Millionen des Ersten und 2,7 Millionen physisch und psychisch versehrte Kriegsteilnehmer lassen sich auch in der militärbetreuten Krabbelstube so leicht nicht vergessen: „Trommelfeuer, Sperrfeuer, Gardinenfeuer, Minen, Gas, Tanks, Maschinengewehre, Handgranaten – Worte, Worte, aber sie umfassen das Grauen der Welt. Unsere Gesichter sind verkrustet, unser Denken ist verwüstet“ schrieb Erich Maria Remarque in „Im Westen nichts Neues“. Familienfreundlich war der Krieg für den Griff nach der Weltmacht der deutschen Eliten und des Bankkapitals nicht.

Karl Liebknechts Ablehnung der Kriegskredite gilt noch immer: „Dieser Krieg, den keines der beteiligten Völker selbst gewollt hat, ist nicht für die Wohlfahrt des deutschen oder eines anderen Volkes entbrannt. Es handelt sich um einen imperialistischen Krieg, einen Krieg um die kapitalistische Beherrschung des Weltmarktes, um die politische Beherrschung wichtiger Siedelungsgebiete für das Industrie- und Bankkapital.“ Das gilt umso mehr, als von der Leyen auf der Münchner Sicherheitskonferenz drohte, dass Deutschland „Verantwortung“ habe „sich zu engagieren“ und dass „Abwarten“ keine Option sei. Der Bundespräsident sekundierte verklausuliert, Deutschland dürfe sich nicht hinter seiner historischen Schuld „verstecken“.

|  Anne Rieger

 

Veröffentlicht: 5. Februar 2014