Bauernsterben und EU

Die Krise der Landwirtschaften Europas

In den nächsten Jahren werden den Bauern zahlreiche Veränderungen noch Kopfzerbrechen bereiten. Und nicht wenige von ihnen werden sich vielleicht ernsthaft überlegen, „aufzuhören“, das heißt ihre Flächen an andere Berufskollegen  verpachten und sich selbst eine andere Einkommensquelle suchen.

Worum geht es? Einerseits ist ein Urteil des Verfassungsgerichtshofes zu den Einheitswerten die Ursache der Änderungen. Dieses hat festgelegt, daß die seit 1988 unveränderten Einheitswerte der landwirtschaftlichen Betriebe neu festgelegt werden müssen und an die veränderten Bedingungen angepaßt werden sollen. Es ist zu befürchten, daß die Veränderung gerade Betriebe, die an der Grenze zwischen Vollerwerb und Nebenerwerb stehen, negativ treffen wird.
Daneben beschert uns die sogenannte „neue Programmperiode“ der EU für 2014 - 2020 zahlreiche Neuerungen und Veränderungen. Im Vorfeld der Verhandlungen wurde immer versprochen: weg von der Förderung der Lebensmittelindustrie, hin zu einer ökologischen und gerechten Landwirtschaft. In den letzten Monaten haben zahlreiche Veranstaltungen und Informationsblätter die Betroffenen informiert, dennoch ist die Verunsicherung über das was da kommen wird groß. Viele mögen sich das Gleiche gedacht haben wie ich: noch mehr Zettel zum Ausfüllen, noch mehr Kontrollen … Die Vereinheitlichung der Datensätze von Finanzministerium, Sozialversicherung der Bauern und der AMA werden die totale Kontrolle ermöglichen.
 
Großbetriebe streichen die Fördermittel ein
Eines steht bereits fest: Unter dem Deckmantel der Ökologisierung unserer Landwirtschaft wird derzeit zwar jeder einzelne landschaftsprägende Baum in Österreich per Luftbildbild erfaßt, an der gängigen Praxis, daß ca. 80 Prozent der für die Landwirtschaft gedachten Förderungen an die Lebensmittelindustrie und einige wenige Großbetriebe gehen, wird sich nichts ändern. Knapp fünf Millionen europäische Bauernhöfe bekamen im Jahr 2009 insgesamt zwei Milliarden Euro an Förderungen. Das entspricht einer durchschnittlichen Jahresförderung von ca. 1250 Euro pro Jahr. Am anderen Ende der Skala standen ca. 31.000 Fördernehmer, die insgesamt sechs Milliarden Euro bekamen, pro Betrieb somit mehr als 100.000 Euro! Viel Fläche - viel Geld, anstatt den Arbeitsaufwand und die Schwierigkeit der Bewirtschaftung finanziell auszugleichen. So werden die Arbeitsplätze in der Landwirtschaft weiterhin abgebaut und die großen Ackerbaubetriebe in den flachen Regionen Europas weiterhin verstärkt gefördert. Unter dem Stichwort „Greening“ wird ihnen vorgeschrieben jedes Jahr fünf Prozent ihrer Flächen nicht zu bebauen, um die Böden zu schonen.
Seit einigen Tagen ist dieses Gebot abgeschwächt worden. Nun dürfen Eiweißpflanzen angebaut werden, die der Tiermast dienen. Es ist anzunehmen, daß in allen Ländern, in denen es erlaubt ist, gerade auf Flächen die zur „Ökologisierung“ beitragen sollen, nun gentechnisch veränderte Futterpflanzen angebaut werden. Alle Vorstöße für eine nachhaltige, ökologische und soziale Entwicklung der Landwirtschaft in den nächsten sieben Jahren wurden bis zur Unkenntlichkeit verwässert , so daß nur mehr jener Kern überbleibt, der den ohnehin schon bekannten Agrarlobbyisten nützt.

Das System ist falsch
Das ist kein Betriebsunfall, das hat Sytem! Bestes Beispiel dafür ist die Ablehnung(!) des Verbotes des Einsatzes der Neocorticoide im Agrarbereich, durch das europäische Parlament. Obwohl eindeutig bewiesen, daß dieses Nervengift für das Bienensterben hauptverantwortlich ist, wurde aufgrund des Druckes der EU-Agrarlobby ein europaweites Verbot abgelehnt. Der Trend zum „Wachse oder weiche!“ in der Landwirtschaft wird sich fortsetzen;  vor allem bei den landwirtschaftlichen Betrieben, die eigentlich durchaus lebensfähig wären, weil bei ihnen die Einkommensschere am weitesten auseinanderklaffen wird. Eine Entwicklung, mit allen schon hinlänglich bekannten negativen Folgen für den ländlichen Raum und die Lebensmittelsicherheit.
Die verschiedenen Programme zur Förderung des ländlichen Raumes werden daran nicht viel ändern. Alle zusammen haben in der letzten Förderperiode nur acht Prozent des gesamten Agar-Budgets ausgemacht. Nun wird diese Förderschiene noch einmal ausgedünnt. Überdies ist sie zeitlich begrenzt, weil die Projekte höchstens Laufzeiten von vier Jahren haben. Nur eine grundlegende Veränderung der Agrarpolitik, hin zu einer Politik, die die Begriffe Nachhaltigkeit und Ökologisierung ernst nimmt, und nicht die Bäuerinnen und Bauern, ja eigentlich alle Menschen, zu Geiseln im Spiel der „freien Märkte“ macht, kann eine Änderung bewirken. Zahlreiche Initiativen setzen sich dafür bereits ein.  Das geht aber nur jenseits der EU!
Katharina Dianat

Veröffentlicht: 7. September 2013