Anne Rieger: Rechtspopulismus in Österreich

Vorabdruck eines Artikels für die Marxistischen Blätter (5/11)

Rechtspopulismus in Österreich – aus der Mitte der Gesellschaft Freiheitlicher Ministerpräsident für Auflösung der Gewerkschaften 
Die Gewerkschaften sollen aufgelöst werden. Das vertrat Gerhard Dörfler, Landeshauptmann von Kärnten und Mitglied der FPK (Freiheitliche Partei Kärnten) der Abspaltung der FPÖ in einem Gespräch mit der Austria Presse Agentur.

Mitten im Sommerloch wurde das Ansinnen von den Medien ausführlich verbreitet. Als Sommertheater, Sommerhumor, grotesker Vorschlag, sinnlose Forderung, krauser Einfall und ähnliches wurde der Angriff auf die „organisierenden Zentren der Arbeiterklasse“ als angeblich nicht ganz ernst zu nehmend abgetan. Tatsächlich aber zeigt er, dass die sogenannten Freiheitlichen in ihren Reihen entschiedene Gegner der Gewerkschaften haben und diese in hohe staatliche Positionen senden. Dörfler bekam Unterstützung von seinem Fraktionsstellvertreter im Landtag, Gernot Darmann, der den Gewerkschaften angesichts ihrer Reaktionen „Unwillen zu Reformen unterstellte.
Als „völlig absurd“ allerdings distanzierte sich der Bundesvorsitzende des BZÖ Josef Bucher, vom Kärntner Vorstoß. Für die Schwesterpartei FPÖ sei die von Dörfler vorgeschlagene Auflösung der Gewerkschaften "kein Thema", betonte deren Generalsekretär Herbert Kickl. Die "aufgeregten Reaktionen" würden allerdings zeigen, dass Dörfler mit seiner Gewerkschaftskritik "durchaus einen heiklen Punkt getroffen hat". Um keinen Deut besser als Dörfler ist BZÖ-Chef Josef Bucher, der die Aufhebung der Pflichtmitgliedschaft in den Arbeiterkammern verlangt, und damit deren Mitbestimmung in der Gesetzgebung zu eliminieren will.

Dem Angriff auf die Organisation der abhängig Beschäftigten wurde von den 1,2 Mio GewerkschafterInnen offenbar nicht als Entwaffnungsversuch gewertet, denn es erfolgte kein Aufschrei der Empörung aus Betrieben und Verwaltungen. Gerald Loidl aber, Vorsitzender der GPA-djp (Gewerkschaft der Privatangestellten, Druck, Journalismus, Papier) Kärnten, wies den Angriff auf freie Gewerkschaften als „ein Angriff auf die Demokratie“ scharf zurück. Sabine Oberhauser, ÖGB Vizepräsidentin, ergänzte: „ein glatter Bruch mit anerkannten Menschenrechten.“
 
Am präzisesten benannte Peter Kaiser, Landeshauptmannstellvertreter und SPÖ Landesvorsitzender in Kärnten, den Kern des medialen Vorstoßes des Gewerkschaftsgegners. Dörfler setze „alles daran, die Organisationen der Arbeitnehmerbewegung zu zerstören“, die aus den historischen Anforderungen der Gewerkschaftsbewegung entstanden seien. Er stelle sich klar gegen die Interessen der Beschäftigten und besonders erschütterten Kaiser die Pläne Dörflers, „wenn man sich zurück erinnert unter welchem System das letzte mal Gewerkschaften abgeschafft worden seien.“ Die Abschaffung der Gewerkschaften sei in der Zeit des Nationalsozialismus ein zentraler diktatorischer Schritt gewesen, konkretisierte Hermann Lipitsch, ÖGB Landesvorsitzender. 1934 mussten die Freien Gewerkschaften in den Untergrund gehen, 1938 wurde staatlich kontrollierte Gewerkschaftsbund aufgelöst und der Zwangsbeitritt zur Deutschen Arbeitsfront durch die Faschisten verfügt.
Außer diesen Pressemitteilungen aber geschah nichts.
 Frust über den Klassenkrieg
Gewerkschaftsfeind Dörfler und seine Anhänger waren erst zwei Jahre zuvor von 45 Prozent der Wählenden als stärkste Fraktion in den Kärntner Landtag geschickt worden - damals noch zugehörig zum BZÖ.
Sie – wie auch die anderen rechtspopulistischen Parteien - profitieren vom Frust, der Wut, Unzufriedenheit und Enttäuschung der Menschen über die inhumanen Auswirkungen des „Klassenkrieges“, wie Warren Buffett die neoliberalen sozialen Raubzüge und Streichorgien des Kapitals nennt. Immer deutlicher wird, dass die Krise genutzt wurde und wird, um die schon bestehende Umverteilung zu Gunsten der Reichen und Vermögenden weiter brutal voranzutreiben.
Während einerseits für Banken und ihr Vermögen ein Bankenrettungspaket von 100 Mrd. Euro geschnürt, Schutzschirme für Vermögende aufgespannt wurden, peitschte andererseits kurz vor Weihnachten die schwarzrote Koalition unter Bundeskanzler Faymann ein Belastungspaket durch. Kürzungen bei der Familienbeihilfe, der Pflege und drastisch erhöhte Benzinsteuern waren nur einige der Grausamkeiten. Streichung von Krankenhausbetten und Zusammenlegungen von Kliniken bedrohen die ausreichende Versorgung von Kassenpatienten.
Während die Millionäre (73.900) mehr und gleichzeitig reicher (230 Mrd. Euro) werden, sinkt die Lohnquote und die Inflation wird erhöht. Der offizielle Wert liegt bei 3,6 %. Das Preisniveau des Miniwarenkorbes aber, der den wöchentlichen Einkauf widerspiegelt, also Waren des täglichen Bedarfs wie Nahrungsmittel, Dienstleistungen und Treibstoffe enthält, erhöhte sich um 6,9% im Jahresvergleich.
Während die ATX-Unternehmen ihre Gewinne um die Hälfte, auf 5 Mrd Euro, also aufs Vorkrisenniveau steigerten, den Aktionären rund 2 Mrd. Euro Dividende ausgeschüttet wurden und ein ATX-Vorstand im Durchschnitt das 41fache eines Beschäftigten verdiente, haben in der Krise 20 000 Beschäftigte ihren Job verloren und in 2010 weitere 4000 Nicht nur in den ATX-Betrieben, ein vergleichbares Bild findet sich in allen anderen Arbeitsbereichen, ebenso im Handel, bei Dienstleistungen und in den Verwaltungen. Die damit verbundene beständige Flexibilisierung und Ausweitung der Arbeitszeit (mehr bezahlte und unbezahlte Überstunden; Pausen werden häufig nicht mehr genommen), die Intensivierung der Arbeit, die Auspressung aus allen Poren der Beschäftigten zeigt sich in der zunehmenden Zahl der Burnout-Fälle und der 273.000 offiziell gezählten Arbeitslosen, denen nur 32.000 offene Stellen zur Verfügung stehen.
Jeder achte Mensch in Österreich lebt unter der Armutsgrenze. Das bedeutet einen Mangel an Lebenschancen und Ressourcen wie Ernährung, Wohnraum, Bildung, Gesundheit, Freundschaften, Anerkennung und die Möglichkeit, den eigenen Lebensraum mitzugestalten. Seit 2011 gilt eine sogenannte Mindestsicherung, die für viele eine enorme Verschlechterung gegenüber der bis dahin gültigen Sozialhilfe bedeutet.
Den Mächtigen im Land ist das nicht genug. Zum Auftakt der diesjährigen Alpacher Reformgespräche präsentieren Wirtschaftskammerpräsident Christoph Leitl, Voestalpine-Chef Wolfgang Eder und Peter Koren, Vize-Generalsekretär der Industriellenvereinigung, Forderungen der Wirtschaft zur „Absicherung des heimischen Produktionsstandortes“. Potenziale ortet Leitl vor allem in der Verwaltung (Personalabbau), sowie im Gesundheitssystem, in der Bildung und bei der Hebung des faktischen Pensionsantrittsalters. Folgsam wird sofort von den steirischen „Reformpartnern“ SPÖ und ÖVP eine Strafsteuer auf die medizinische Versorgung in die Diskussion gebracht. 20 % der Behandlungskosten sollen künftig die Versicherten selbst zahlen.
 „Soziale Heimatpartei“ – Robin Hoods der Geknechteten?
Diesem Raubzug auf die Taschen der unteren Millionen stellen sich Rechtspopulisten wie FPÖ-Chef Heinz-Chrsitian Strache und seine Mannen scheinbar entschieden entgegen. Mit begnadeter sozialer Demagogie prangern sie die barbarischen unsozialen Verhältnisse an. Mit Sprüchen wie „Unser Geld für unsre Leut“ auf einem Plakat, das einen offensichtlich griechischen Menschen in einer Hängematte zeigt, versuchen die scheinbaren Robin Hoods der Geknechteten von den tatsächlichen Profiteuren abzulenken.
Die wirklich Reichen im Land – wie die Familien Piech und Porsche, geschätztes Vermögen 30 Mrd. Euro, und andere wie Flick Erben, Mateschitz (Red Bull) oder Schäffler werden nicht angegangen. Ganz im Gegenteil, einer Vermögenssteuer erteilen sie mit „keine neue Eigentumssteuer auf dem Rücken des Mittelstandes“ eine Absage. Was sie nicht hindert, eine Unterschriftensammlung “Banken zur Kasse statt die breite Masse“ zu initiieren und mit Plakaten zu werben, wie „Banken sollen selber zahlen“, „Euro Schirm ist Milliardengrab“. Auf letzterem Plakat werden allerdings indirekt wieder Menschen in Griechenland, Portugal und Irland für die Schuldenberge in Österreich verantwortlich gemacht. Verwendet werden dazu Labels  wie „Pleite-Portugal“ u.a. - untermalt von dem Slogan, „unser Geld für unsere Leut.“
Wie in allen Europäischen Ländern werden bei der Aufkündigung der sozialstaatlichen Kompromisse dabei nicht die tatsächlichen Verursacher der unablässigen Umverteilung von unten nach oben benannt – die Superreichen und Vermögenden. Auch dass die schwarzblaue Schüssel-Regierung Anfang des Jahrtausend Steuersenkungen für Unternehmen, wie z.B. die Gruppenbesteuerung oder die Absenkung der Gewerbesteuer durchgesetzt hat, wird ausgeblendet.
Die wahren Profiteure des Umverteilungsraubzuges bleiben im Dunkeln. Ins Licht gezerrt werden die anderen Verlierer des Umverteilungsevents, Menschen mit Migrationshintergrund, Bewohner anderer Länder und Menschen anderer Religionen. Fremdenfeindlichkeit, Ausländerhass, Rassismus sind die seit Jahrzehnten bekannten Hetz- und Hass-Methoden der Rechtspopulisten: „Mehr Mut für unser Wiener Blut“ und „Zu viel Fremdes tut niemandem gut“ waren Straches Parolen im Wiener Wahlkampf vergangenen Herbst.
Sie können mit Zustimmung aus den deklassierten Personengruppen ebenso  rechnen, wie aus denen, die sich vor dem Abstieg fürchten. Im ORF Sommergespräch mit den Parteivorsitzenden hatte Strache die zweitmeisten  SeherInnen nach Bundeskanzler Faymann - 420.000. Bei den  Nationalratswahlen  2008  erhielt die FPÖ 17,4 % der Stimmen (BZÖ 10,7) derjenigen, die zur Wahl gingen. Bei den Wahlen in Wien im vergangenen Herbst 25,8 % (BZÖ 1,3). Sie wurde damit zweitstärkste Partei noch vor der ÖVP. In der Steiermark ermöglichten ihr die Wähler mit 10,66 % (BZÖ 2,98) der Stimmen den Wiedereinzug in den Landtag. Strache wird in den veröffentlichten Medien als möglicher Bundeskanzler bei den nächsten Nationalratswahlen 2013 gehandelt. Die Zustimmungswerte bei den derzeitigen Umfragen liegen für FPÖ bei 27%, SPÖ 27%, ÖVP 24%, Die Grünen 14%, BZÖ 4%.
Viele Menschen haben genug von denen da oben, die „sich’s richten“. Rotschwarz spricht von Gerechtigkeit und Leistung, Vor den Wahlen wird Sozialstaat versprochen, nach den Wahlen wird er mit der Abrissbirne zerstört. Ihre Lügen werden immer offensichtlicher. Die Menschen sind das Geschwätz leid. Sie wollen es denen da oben einfach mal zeigen und glauben den einfachen Antworten der Rechtspopulisten, wie z.B. weniger Ausländer = weniger Arbeitslose, weniger Ausländer = mehr bezahlbare Gemeindewohnungen für “uns“.
Die Rechtspopulusten stellen sich als Kämpfer gegen Missstände, Korruption, Privilegienwirtschaft, Ungerechtigkeiten dar. Da viele Kritikpunkte berechtigt sind, finden sie bei vielen Menschen Anklang, die vom Sozialabbau und der Vetterleswirtschaft verunsichert oder schon Opfer geworden sind. Mit ihrer Hetze gegen ein System, das die (vielfach als kriminell hingestellten) "Ausländer" gegenüber den "Inländern", den "Anständigen" und "Fleißigen" bevorzuge, knüpfen die Freiheitlichen an ohnehin weitverbreitete autoritäre und rassistische Einstellungen und Vorurteile in der Bevölkerung an und schaukeln diese mit Hilfe der Boulevard-Presse hoch.
Da Nationalsratsabgeordnete, die gleichzeitig hohe Funktionen in der Gewerkschaft haben, bei Abstimmungen nicht entsprechend der Diskussions- und Beschlusslage der Gewerkschaften im Parlament abstimmen, entwickelt sich bei vielen Misstrauen gegen die Gewerkschaft. So können FPÖ und andere ungestraft offen zum Halali auf die organisierte Arbeitnehmerschaft blasen. Mit ihrer flexiblen Strategie, mit der sie gleichermaßen die neoliberale Programmatik bedienen und durchsetzen, wenn sie in die Macht eingebunden sind und die Folgen dieser Politik kritisieren. So bedienen sie Gewinner und Verlierer dieser Entwicklung.
 Partei des Kapitals 
Für`s Kapital wäre das ein gefundenes Fressen. Haben sie doch positive Erfahrungen aus der Zeit der schwarzblauen Koalition von 2000 bis 2006 unter Kanzler Schüssel mit blauen (FPÖ) bzw. orangen (BZÖ) Regierungspartnern. Die Privatisierung von Staatsbetrieben wie der Voest, die Erhöhung des Renteneintrittsalter,  Studiengebühren, der skandalumwitterte Eurofighter-Kauf wurden den Herrschenden serviert. Doch dabei wird’s nicht bleiben, sollten die Rechtspopulisten in Zukunft wieder mitregieren.
Rund 600 Delegierte haben im Juni in der Messehalle in Graz das neue FPÖ-Parteiprogramm beschlossen und Strache als Vorsitzenden bestätigt. Die Partei spricht sich aus für niedrige Steuern, private Pensionsvorsorge, ein Gesundheitswesen, das lohnnebenkostenintensive Belastung möglichst vermeidet und für Exportorientierung – ein neoliberales Programm par excellence. Steuererleichterungen für Österreichische Jungunternehmer werden ebenso gefordert, wie eine „an der Zeit orientierte Wirtschaftspolitik“. Im Leitantrag wird die „Humanisierung der Körperschaftssteuer“ gefordert.
Mit dem im Vorjahr verabschiedeten Wirtschaftsprogramm soll der kleine Mann und die kleine Frau noch stärker geschröpft werden: Die FPÖ fordert die Reduktion von Kollektivverträgen[15], flexible Betriebsvereinbarungen und flexible Arbeitszeiten. Die Lohnnebenkosten sollen gesenkt und geringfügige Beschäftigung erleichtert werden. Entsprechend forderte FPÖ Bundesrat Reinhard Pisec kürzlich eine Senkung der Personalkosten für Jungunternehmer.
 „Österreich zuerst“
 Ablenkung von solch neoliberalen Programmteilen sind das Bekenntnis zu den nationalen Wurzeln. Im Programm stehen Sätze wie: „Wir bekennen uns ..... zur Solidarität aller österreichischen Staatsbürger“ und Wir bekennen uns dazu, jedem Österreicher (-innen wohl nicht) ...  eine soziale Heimat zu ermöglichen. „Der soziale Wohnungsbau dient vor allem der Abdeckung des Wohnbedarfs österreichischer Staatsbürger“. Im Leitantrag wird auf die Sonderstellung als „soziale Heimatpartei“ hingewiesen, die „österreichpatriotisch“ ist. Widersprüchlich stellt sich dazu das Bekenntnis „zu einer gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik eines“ europäischen Staatenverbundes.
„Österreich ist kein Einwanderungsland.“ Dieser Satz mutet wie eine totale Realitätsverdrängung an, angesichts der Tatsache, dass 1,543 Mio Menschen mit Migrationshintergrund in Österreich leben - 18, 6 Prozent.
 „Unser Geld für unsere Leut!“ 
Mit diesem Slogan punkten sie bei den ausgeraubten Menschen in Österreich. Wie sie`s genau meinen kommt immer mehr im Korruptionssumpf zutage, der nicht nur in Kärnten mit der Hype Alpe Adria zu finden war. Vier Beispiele:
·        Hubert Gorbach: Vizekanzler, Verkehrs- und Infrastrukturminister (FPÖ, dann BZÖ) in der schwarz-blauen Schüssel-Regierung soll laut Oberösterreichischen Nachrichten eine den Wünschen der Telekom Austria angepasste Verordnung erlassen haben. Sie soll dem Unternehmen zehn Millionen Euro an Mehreinnahmen beschert habe. Im Gegenzug soll die Telekom Gorbach nach dessen Ausscheiden aus der Politik eine Sekretärin für sein neu gegründetes Unternehmen mit 264.000 Euro finanziert haben. Ende August schloss ihn das BZÖ aus der Partei aus. Auch das BZÖ soll mit einer Zuwendung von 600.000 Euro bedacht worden sein. Die Gelder seien über Umwege geflossen. Gorbach und das BZÖ wiesen die sie betreffende Vorwürfe zurück.
·        Mathias Reichhold, FPÖ, Gorbachs Vorgänger im Verkehrsministerium soll 72.000 Euro für Beratungsleistungen für die Telekom Austria kassiert haben, berichtet News.
·        Martin Graf, FPÖ, 3. Nationalratspräsident, Alter Herr der rechtsextremen Burschenschaft Olympia, „durfte dank der schwarz-blauen Regierung von 2003 bis 2006 die Austrian Research Centers (ARC) leiten. 2003 verfügten die ARC laut Rechnungshof über "beachtliche Liquiditätsreserven" - 2006 standen sie kurz vor der Pleite. Graf soll vornehmlich Burschenschafter eingestellt haben. Laut RH-Bericht verdienten er und ein zweiter Geschäftsführer im Schnitt so gut wie der Kanzler: 272.000 Euro pro Jahr.“
·        Karl-Heinz Grasser, FPÖ Finanzminister von 2000 – 2002, ab 2002 parteiloser Finanzminister. Bei der Privatisierung der Bundeseigenen Wohnungen kassierten „die Grasser-Vertrauten Peter Hochegger und Walter Meischberger ... als Lobbyisten für die Immofinanz 9,6 Millionen Euro Erfolgshonorar - an der Steuer vorbei. Es besteht der Verdacht, dass die Immofinanz über die Grasser-Hochegger-Meischberger-Connection den "richtigen" Kaufpreis wusste.

 Gegen die drei und andere wird unter anderem wegen des Verdachts auf Amtsmissbrauch, Korruption und Untreue ermittelt.

 Für alle Genannten gilt die Unschuldsvermutung.“  2005 heiratete Grasser die Swarovski-Erbin Fiona Pacifico Griffini.
 Rassismus in moderner Variante
Mit Plakaten wie „Kein Daham dem Radikal-Islam" lässt sich gut von eigener Bereicherung und Geschenken und Forderungen für Vermögende ablenken. Mit dem Antiislamismus, der modernen Variante des Rassismus, bleibt die uralte Keule Spaltung auf der Tagesordnung der Rechtspopulisten. Sie eignet sich prächtig um den tatsächlich Zahlenden scheinbare Sündenböcke zu präsentieren. „Ich vertrete ein freiheitlich-demokratisches, ein christlich-europäisches Abendland. Wir wollen diese Islamisierung der Heimat nicht. Dieses Haus Österreich gehört uns Österreichern“, tönt Strache auf einer Wahlkampfveranstaltung in Wien. Werner Königshofer aber warf er aus der Partei. Der antwortete: „Ich habe immer die Parteilinie vertreten“.

"Der Tiroler Nationalratsabgeordnete DDr. Werner Königshofer ist mit sofortiger Wirkung aus der FPÖ und dem freiheitlichen Parlamentsklub ausgeschlossen und erhält somit die rote Karte aufgrund seines parteischädigenden Verhaltens", gab Strache am 28. Juli bekannt. Aus dem Urlaub zog der Vorsitzende der FPÖ die Notbremse, knapp eine Woche, nachdem Königshofer hatte verlauten lassen:
"Im Angesicht dieser schrecklichen Ereignisse in Norwegen sollte man in ganz Europa einmal tiefgehender über den Wert des menschlichen Lebens nachdenken. Auch darüber, dass in Europa jedes Jahr Millionen ungeborener Kinder schon im Mutterleib getötet werden" und kommentiert weiter: "Dieser millionenfache Kindesmord scheint für uns und unsere Gesellschaft schon zum täglichen Alltag zu gehören".
Der freiheitliche Abgeordnete Werner Königshofer hat in einem Facebook-Posting die Attentate in Relation zur "islamistischen Gefahr" gestellt - und diese habe "in Europa schon tausendmal öfter zugeschlagen". Die Opfer der "schrecklichen Bluttat" in Oslo würden "für politische Zwecke gegen rechts instrumentalisiert", schrieb Königshofer. Vom Datenforensiker Uwe Sailer wird ihm vorgeworfen, Kontakte zur Neonazi Webseite „Alpendonau“ zu haben. Ebenso liegt eine Anzeige wegen Verhetzung und Verstoßes gegen das Verbotsgesetz bei der Staatsanwaltschaft Wien gegen ihn vor.
Ist mit dem Ausschluss Königshofer die FPÖ aus dem rechtsextremen Schneider, eine Partei die in der veröffentlichten Meinung rechtspopulistisch genannt wird? „Wo soll ich die Partei geschädigt haben? Ich habe immer die Parteilinie vertreten," so Königshofer in einem Interview mit der Tageszeitung ÖSTERREICH.
Was sich auch in der aktuellen Unterschriftensammlung der FPÖ Knittelfeld in der Steiermark zeigt: “Nein zum islamischen Kulturzentrum in Knittelfed.“ Dort wird ein Pfarrer mit Sätzen wie „Der Islam ist reiner Rassismus“ oder „Muslime kann man nicht integrieren“ zitiert. Verschwiegen wird dabei aber, dass er wegen seiner Aussagen vom Bischöflichen Ordinariat gerügt.
Die Beispiele zeigen, Rechtspopulismus ist ein Projekt der Gegenaufklärung, das sich gegen Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte wendet, in denen es heißt: "Die Menschen werden frei und gleich an Rechten geboren und bleiben es".
 Grauzone
Durch die Wahlergebnisses für die FPÖ im vergangenen Jahr wurde Gerhard Kurzmann Landesrat (Minister) in der Steiermark. Laut einem „Standard“-Interview ist Kurzmann Mitglied der Kameradschaft IV, einen Veteranenorganisation der Waffen-SS. Er pflegt Kontakte zum Vlaams Belang. Das ORF-Weltjournal zeigte ihn bei einem Treffen mit Robert Fiore, dem Chef der rechtsextremen Forza Nuova. In seinem Wahlkampf hatte er ein "Anti-Minarett-Spiel" mit dem Titel "Moschee-Baba" ins Netz gestellt. Dort konnte man Moscheen und Minarette sowie Muezzins "wegklicken" und dafür Punkte zu sammeln. Im Februar hat die Staatsanwaltschaft Graz Anklage gegen den steirischen FPÖ-Chef und den Schweizer Werbefachmann Alexander Segert wegen Verhetzung im Zusammenhang mit dem Online-Spiel "Moschee baba" erhoben.
Johann Gudenus, langjähriger Nationalrats- und Bundesratsabgeordnete der FPÖ – in der Zwischenzeit ausgetreten - wurde 2006 wegen NS-Wiederbetätigung verurteilt. Er hatte in Interviews die Existenz von Gaskammern in Konzentrationslagern in Zweifel gezogen.
Die steirische Nationalratsabgeordnete und damalige Grazer FPÖ Vorsitzende Susanne Winter wurde wegen Verhetzung rechtskräftig verurteilt. Sie hatte 2008 Mohammed als „Kinderschänder im heutigen Rechtsverständnis“ bezeichnet. Von "schleichender Islamisierung" und von einem "Einwanderungs-Tsunami", der über Graz hereinbricht, sprach Winter in ihrer Rede beim FPÖ-Neujahrstreffen 2008. Sie lässt über den Standard verkünden Königshofers „Wortmeldungen waren immer in Ordnung“.
FPÖ-Chef Strache selber war in den Achtzigern bei einer Wehrsportübung mit dem damals aktiven Neonazi Gottfried Küssel, berichtete die Kleine Zeitung. In einem Interview zu einer Biografie über ihn, gab Strache zu, dass er in den Achtzigerjahren an einer Übung mit Gottfried Küssel in Niederösterreich teilgenommen habe. Der Gründer der neonazistischen Organisation VAPO (Volkstreue außerparlamentarische Opposition) wurde dann 1993 wegen NS-Wiederbetätigung zu zehn Jahren Haft verurteilt. Als Strache erkannt habe, "das sind Leute, das ist ein Wahnsinn", sei er nach Hause gefahren.
„Man bekam keine Einladung zu Wehrsportübungen, wenn man nicht in der rechtsextremen Szene verkehrte", sagt die Biographin Nina Horaczek der Kleinen Zeitung. Gottfried Küssel wurde im April als mutmaßlicher Drahtzieher der „Alpen-Donau“ Homepage verhaftet. Laut Kurier war sie die „grausigste Nazi-Homepage mit Österreich-Bezug. Sie strotzte vor Antisemitismus und unverhohlener Gewaltbereitschaft. Gegner wurden verhöhnt, ihre Namen und Adressen öffentlich gemacht. Es waren vorwiegend Journalisten und Grüne-Politiker, die Ziel von ziemlich unverblümten Morddrohungen waren.“

Angesichts Straches Vergangenheit nimmt es nicht Wunder, dass weder Winter noch Kurzmann ein Ausschlussverfahren droht.
Zwischen dem rechten Rand des demokratischen Meinungssprektrums und nationalkonservativen bis neonazistischen Positionen agiert der Ring freiheitlicher Jugend, RFJ, und Teile der Burschenschaften, die ihre elitären, ungleichen Vorstellungen von der Gesellschaft verbreiten. So wurden im März ehemalige RFJ Mitglieder verurteilt (nicht rechtskräftig). Hintergrund stellte ein Vortrag im Freiheitlichen Freizeitzentrum (FFZ) des RFJ im Herbst 2009 dar, in dem die Waffen-SS verherrlicht und der Nationalsozialismus beschönigt wurde.
Im Januar betraten nach Aussagen von rotcrowd sieben Neonazis eine Pizzeria in Graz und begannen, Zeugenangaben zufolge, Gäste mit Kugelschreibern und Bierdeckeln zu bewerfen. Es folgten „Heil HC“- und „Heil Hitler“-Rufe. Auch das Horst-Wessel-Lied wurde angestimmt. Unter den Tatverdächtigen - es gilt die Unschuldsvermutung – befanden sich führende Funktionäre des RFJ. Stefan Taschner, nach Zeugenangaben Anführer, marschierte 2008 auf einer Demo unter dem Banner „Freiheit für Gerd Honsik“ und bewegt sich auch im Umfeld der neonazistischen Organisation „Bund freier Jugend“ (BfJ) und des österreichischen Neonazi-Promis Gottfried Küssel.
 
Das Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes nennt elf aktuelle rechtsextreme Vereine, Parteien und Zeitschriften, die rechtsextreme Nationale Volkspartei, sowie weitere 20 rechtsextreme Splittergruppierungen.
Eine Grauzone kann vermutet werden.
Angriff auf Demokratie und Justiz
Der Kärntner Vizelandeshauptmann und Parteichef der FKP, Uwe Scheuch, wurde wegen verbotener Geschenkannahme in erster Instanz zu 18 Monaten Haft verurteilt, sechs davon unbedingt. Scheuch soll 2009 in einem Gespräch die Bereitschaft signalisiert haben, einem russischen Investor die österreichische Staatsbürgerschaft zu verschaffen – wenn im Gegenzug dessen Investition zustande komme und davon auch Scheuchs Partei „in Form einer Spende“ profitiere.
Scheuchs Anwalt, legte sogleich Berufung ein.
Scheuch griff die Justiz an: Er werde „vor diesem Fehlurteil nicht in die Knie gehen“. Das Gericht habe „jegliche Fakten ignoriert“. Via Postwurfsendung schreibt er auf offiziellem Kärntner Briefpapier samt Landeswappen, gezeichnet von „Landeshauptmann-Stellvertreter Uwe Scheuch“: Während „Betrüger, Kinderschänder, kriminelle Asylwerber und viele mehr frei und unbehelligt von einer unfähigen Justiz in unserem Land herumlaufen dürfen, versucht man mit mir einen medialen Schauprozess zu inszenieren“.
Die Freiheitlichen stärken ihm den Rücken. Strache sprach von einem „Polit-Prozess“ und attackierte das Gericht: „Dieses Urteil zerstört die Rest-Seriosität der österreichischen Justiz nun endgültig“. Die FPÖ stehe „voll und ganz“ hinter Scheuch unterstützte Strache den FPK-Chef. Schon zuvor hatte auch FP-Vize Norbert Hofer von einem „skandalösen Fehlurteil“ gesprochen. Oberösterreichs FP-Chef Manfred Haimbuchner hielt sich ebenfalls an die Sprachregelung: „Das riecht sehr nach Politjustiz.“ Der Kärntner Unternehmer Franz Miklautz rief im Internet zu einer "Kärntner Volksabstimmung" über den Verbleib des verurteilten Uwe Scheuch in der Landesregierung auf. Miklautz verstand seine Aktion als "zivilen Widerstand". "Wenn Korruption, wie der Richter es sieht, ein Geschwür ist, dann muss es entfernt werden. Und das heißt, dass Scheuch gehen muss, weil Politik sonst der Wucherung preisgegeben wird", erklärte Miklautz. 95 Prozent der 15.000 abgegebenen Stimmen votierten für Rücktritt, nur 5 % hielten Scheuch die Stange. Ein Versuch, den emanzipatorischen Charakter der Aufklärung die bürgerlich demokratischen Errungenschaften, wie sie in der französischen Revolution erstmals durchgesetzt wurden, eine Stimme zu geben und am Leben zu erhalten.
 Aus der Mitte der Gesellschaft.
Die Rechtspopulisten, migranten- und islamfeindlich, ebenso wie demokratie- und gewerkschaftsfeindlich, exekutieren neoliberale Politik, wenn sie an der Macht sind. Trotzdem werden sie gewählt, erhalten Zustimmung. „Wir wollen es denen da oben zeigen“ ist die Meinung vieler, die sie wählen. Ihre Gefährlichkeit wird unterschätzt. Verbindungen zur Neonaziszene werden übersehen oder bagatellisiert.
Der veröffentlichte Mainstream unterstützt ihre Popularität. Häufig erhalten sie die Möglichkeit im Fernsehen aufzutreten, Interviews werden gesendet und gedruckt – abgesehen von den riesigen Geldflüssen, die sie als gewählte Partei und ihre Mandatare erhalten. Der 3. Nationalratspräsident Graf wurde vom Parlament gewählt.

Der Rechtspopulismus kommt aus der Mitte der Gesellschaft, wird von ihr getragen und befeuert. Schaut man sich die Akteure im Rechtspopulistischen Lager an, so hatte nicht nur Haider als Gutsbesitzer in Kärnten Kontakte zu Großunternehmern wie Turnauer, Haas, Prinzhorn u.a.. Die Akteure in den schwarzblauen Regierungen kommen aus der Mitte der Gesellschaft, oder gehen dorthin. Sie haben studiert, sind Geschäftsführer, Gesellschafter, Mitglieder in Vorständen, Präsidien, Aufsichtsräten oder haben andere hochrangige Posten in österreichischen Unternehmen. Grasser beispielsweise war Geschäftsführer der zur Magna-Gruppe gehörenden Sport Management International (SMI).
Wenn sie Regierungsmandate inne haben, installieren sie Burschenschaftler in führende Positionen. Ihre Netzwerke sind vielfältig. Und sie streben mit allen Fasern an die Macht. Nicht um den Sozialabbau rückgängig zu machen, sondern um sich an den Töpfen der Macht gütlich zu tun. Damit sind sie für die herrschenden extrem manipulierbar. Wer nichts anderes im Kopf hat, als seine eigenen Pfründe, der wird immer nach der Pfeife der Geldgeber tanzen und ist für die Mehrheit der Menschen gefährlich. Wer Hass sät gegen Menschen ist doppelt gefährlich. Wer dazu noch Kontakte ins Lager der Neonazis hat – mehrfach gefährlich.
Ihre Politik gegen die Mehrheit der Menschen in Österreich unterscheidet sich nur marginal von der herrschenden Raubzugspolitik. Aber infamer als andere, verstehen sie ihre Ausbeutungspolitik mit dem Spaltungsschwert und der Robin-Hood-Gebärde besser zu verkaufen. Die real vorhandenen sozialen Ängste werden genutzt und in fremdenfeindliche Ängste umgemünzt und geschürt. Mit ihrer Hetze gegen ein System, das die (oft als kriminell hingestellten) "Ausländer" gegenüber den "Inländern", angeblich bevorzuge, knüpfen die Freiheitlichen an autoritäre und rassistische Einstellungen und Vorurteile in der Bevölkerung an. Mit Hilfe eines Teils der Medien werden sie hochgeschaukelt.
 Widerstand und Aufklärung sind erfolgreich.
Und so bleibt unsere Aufgabe, unser nächster Schritt, nach wie vor Aufklärung um sozialer und demokratischer Errungenschaften willen, bleibt unsere Aufgabe die Organisation von Widerstand gegen den Abbau erkämpfter sozialer und demokratischer Rechte. Denn dort, wo soziale Abwehrkämpfe stattfinden, erhalten die Rechtspopulisten wenig Gehör.
Im Frühjahr des Jahres organisierte die Rotschwarze Regierung in der Steiermark einen 25prozentigen Abbau des Landesbudgets, der in erster Linie Behinderte, Jugendliche und Familien traf. In kürzester Frist wurde der Widerstand von KPÖ, den Grünen, einzelnen Betriebsräten organisiert und entwickelt. Das führte zu drei Großdemonstrationen innerhalb von zwei Monaten unter Teilnahme der Gewerkschaften. Neben einigen Zugeständnissen der Landesregierung war ein großer Erfolg, dass im Rahmen der gesamten Kürzungsdiskussion niemals die Parolen aufkamen, Ausländer oder andere Gruppen aus der Mehrheit der Bevölkerung seien Schuld daran, dass angeblich kein Geld da sei. Alle DemonstrantInnen und die Medien zeigten mit dem Finger auf die Stellen, wo das Geld tatsächlich sitzt. So wurde u.a. eine Glücksspielabgabe, eine Schottersteuer, Finanztransaktionssteuer, eine stärkere Besteuerung von Stiftungen und wirklich großen Vermögen und eine stärkere Besteuerung von Aktiengewinnen gefordert. Rechtspopulisten hatten in diesem aufgeklärten und widerständigen Klima keine Möglichkeit, Sündenböcke für die Kürzungspolitik der Regierung zu präsentieren.
Anne Rieger, Graz

9. September 2011