Wo bleibt das steirische Inklusionsgesetz?
Am 5. Mai ist der Europäische Protesttag zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen. Die KPÖ hat dies zum Anlass angenommen, die Inklusionspolitik der steirischen Landesregierung unter die Lupe zu nehmen. Im Rahmen einer Pressekonferenz haben Claudia Klimt-Weithaler, KPÖ-Klubobfrau im Landtag Steiermark, Heinz Sailer, Selbstvertreter und ehem. Vorsitzender des steirischen Monitoring-Ausschusses, und Philipp Ulrich, Grazer Gemeinderat und KPÖ-Inklusionssprecher, die gröbsten Versäumnisse und nötige Maßnahmen dargelegt.
Inklusion: So säumig ist Österreich
Österreich hat die UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderung im Oktober 2008 unterzeichnet. Damit wurden die Menschenrechte dieser Personengruppe erstmals in einem eigenen Dokument festgelegt. Bei der Staatenprüfung zur Umsetzung der Konvention durch die UN im September 2023 gab es jedoch ein verheerendes Urteil: In vielen Bereichen war von gravierenden Mängeln, Stillstand und sogar Rückschritten die Rede. Inklusion – also das gleichberechtigte und selbstbestimmte Teilhaben aller Menschen an einer Gesellschaft – ist auch in der Steiermark noch lange nicht Realität.
Das lange Warten auf das steirische Inklusionsgesetz
Ein zentraler Baustein einer inklusiven Steiermark sollte ein Inklusionsgesetz sein. Bereits im Jahr 2018 wurde medial berichtet, dass Ende des Jahres 2019 die Rahmenbedingungen für ein Inklusionsgesetz feststehen sollen. Auch im Regierungsprogramm der aktuellen ÖVP-SPÖ-Regierung, der „Agenda Weiß-Grün“, wurde dieses Vorhaben bekräftigt – und dann nie umgesetzt. Bis heute liegt nämlich kein Entwurf für das Inklusionsgesetz vor.
„Es zieht sich wie ein roter Faden durch die Arbeit der Landesregierung: Es wird viel versprochen und wenig gehalten. Frau Kampus hat vor Jahren großspurig vom Inklusionsgesetz geredet, aber bis heute keinen Vorschlag geliefert. Mittlerweile weigert sie sich sogar, eine klare Antwort auf die Frage zu geben, ob das Gesetz überhaupt in Arbeit ist. So geht man nicht mit den Betroffenen um, die zurecht auf ein gutes Inklusionsgesetz hoffen und warten“, so KPÖ-Klubobfrau Claudia Klimt-Weithaler.
Worauf sie sich bezieht: In der 41. Landtagssitzung vom 14. Februar 2023 wollte die zuständige Landesrätin Doris Kampus die Frage, ob das Inklusionsgesetz noch in dieser Periode kommen wird, nicht eindeutig beantworten. Darum hat die KPÖ am 2. Mai eine Schriftliche Anfrage (siehe Anhang) eingebracht, um von der Landesrätin klare Antworten einzufordern, wie es um das Inklusionsgesetz bestellt ist.
Baustelle Barrierefreiheit
Heinz Sailer, der sich als Selbstvertreter und ehem. Vorsitzender des steirischen Monitoring-Ausschusses jahrzehntelang für die Rechte von Menschen mit Behinderungen einsetzt, fordert in puncto Barrierefreiheit Verbesserungen ein: „Der Tag der Inklusion macht mich jedes Jahr nachdenklich. Es geht einfach viel zu wenig weiter. Barrierefreiheit ist eine Querschnittsmaterie und ein zentraler Pfeiler der Inklusion. Dieser so wichtige Bereich ist beim Land aber einzig und allein in der Abteilung für Soziales angesiedelt. So passiert es, dass die Barrierefreiheit vielfach zu kurz kommt und zu wenig mitgedacht wird. Dabei würden von einer in jeder Hinsicht barrierefreien Gesellschaft alle Menschen profitieren.“
Heinz Sailer kandidiert auf der Liste der KPÖ
Dafür braucht es im Landtag auch weiterhin Parteien, die entsprechenden Druck auf die Landesregierung ausüben, damit bei der Inklusion etwas weitergeht. Darum hat sich Heinz Sailer entschieden, als parteifreier und unabhängiger Kandidat auf der KPÖ-Liste für die Landtagswahl zu kandidieren.
„Inklusives Schulsystem“?
Auf die Notwendigkeit eines tatsächlich inklusiven Schulsystems macht Philipp Ulrich, Behindertenbetreuer, Grazer Gemeinderat und KPÖ-Inklusionssprecher, aufmerksam: „Auch im Bildungsbereich sind wir von echter Inklusion noch weit entfernt. Wir fordern: Weg von sonderpädagogischen Einrichtungen, hin zu einem inklusiven Schulsystem, das diesen Namen auch verdient, in dem alle Kinder – ob mit Behinderungen oder ohne – gut begleitet und gefördert werden.“
KPÖ lädt zum „Runden Tisch Inklusion“ ein
Um daran zu arbeiten, lädt die KPÖ Steiermark am 10. Mai um 17 Uhr zum nächsten „Runden Tisch Inklusion“ in den KPÖ-Bildungsverein (Volkshaus Graz, Lagergasse 98a) ein, der allen Selbstvertreter:innen, Mitarbeiter:innen von Einrichtungen, Angehörigen und Interessierten als Plattform zur Vernetzung und zur Diskussion zur Verfügung steht.
Veröffentlicht: 6. Mai 2024