Steirer auf der richtigen Seite

Vor 80 Jahren: Überfall auf die Sowjetunion

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Das Befreiungsdenkmal am Schwarzenbergplatz in Wien wurde 1945 zur Erinnerung an etwa 17.000 bei der Schlacht um Wien gefallene Soldaten der Roten Armee errichtet.

Vor 80 Jahren, am 22. Juni 1941, begann der Vernichtungskrieg der Nazis gegen die Sowjetunion. Er endete 1945 mit der Niederlage des Faschismus, welche die Voraussetzung für die Unabhängigkeit und die demokratische Entwicklung unseres Landes war.

In der Anti-Hitlerkoalition wirkten Staaten mit unterschiedlicher Gesellschaftsordnung – die USA, Großbritannien und die Sowjetunion – zusammen, um die gefährlichste Bedrohung für die Zukunft der Menschheit, den Hitlerfaschismus, zu besiegen.

Die größten Opfer in diesem Krieg mussten die Völker der Sowjetunion zu bringen. Aber die Spuren der damaligen Kriegspropaganda wirken noch heute im Massenbewusstsein nach. Die Nazis sprachen vom Kampf Europas gegen eine jüdisch-bolschewistische Weltverschwörung. Die Nazipropaganda stellte die russischen Menschen als halbasiatische Untermenschen dar. Ihre massenhafte Ermordung wurde gerechtfertigt.
Es ist nicht der Platz, um die millionenhaften Verbrechen der Wehrmacht und der SS-Verbände in diesem Krieg nachzuzeichnen oder seinen Verlauf zu skizzieren.
Man muss aber konstatieren, dass es auch 80 Jahre nach dem Überfall auf die Sowjetunion den Meinungsmachern sehr leicht fällt, Russland und die russische Bevölkerung als von uns grundsätzlich verschieden und nicht „unseren“ Standards entsprechend darzustellen, obwohl dieses Land seit 30 Jahren wirtschaftlich ein Teil des kapitalistischen Weltsystems ist.
 

Der andere Weg

Vor 80 Jahren stellten sich nur wenige in unserem Land gegen diesen Krieg. Es waren vor allem die Kommunistinnen und Kommunisten, die Widerstand leisteten. Viele von ihnen bezahlten dafür mit ihrem Leben.
Ich habe das Glück gehabt, noch Genossen zu treffen, die es gewagt haben, den anderen Weg zu gehen. Diese Steirer standen damals auf der richtigen Seite der Front.

Der gebürtige Grazer Karl Hirt war als Soldat an der Eismeerfront vor Murmansk eingesetzt, wo es ihm gelang, im November 1942 auf die andere Seite überzugehen. Er leistete Frontarbeit für die Rote Armee, verfasste Flugblätter und Aufrufe an die deutschen Soldaten. Nach der Befreiung arbeitete er unter anderem lange Jahre als KPÖ-Bezirkssekretär in Fohnsdorf.
Heribert Hütter, ehemaliger Betriebsratsobmann der Papierfabrik in Niklasdorf, war bereits nach den Februarkämpfen in die Sowjetunion emigriert. Im Kriegsgefangenenlager Nr. 165 brachte er als Antifa-Lehrer Kriegsgefangenen aus Österreich Grundlagen der Demokratie und des Marxismus nahe. Nach 1945 war er eine Zeit lang Landesobmann der steirischen KPÖ.
Edmund Mosheim kam nach seiner Gefangennahme durch die Rote Armee in ein Kriegsgefangenenlager und nahm an der Antifa-Schulung teil. Er war nach seiner Heimkehr Betriebsrat in der Maschinenfabrik Andritz, KPÖ-Gemeinderat in Eisenerz und Chefredakteur der Wahrheit.
Der Donawitzer Albert Puschnik war wie Karl Hirt auf die andere Seite übergegangen. Im Februar 1945 sprang er mit dem Fallschirm über dem durch Partisanen befreiten Gebiet von Slowenien ab. Er war nach der Befreiung in der Donawitzer Betriebsorganisation der KPÖ aktiv und Betriebsrat.

Ihnen allen war gemeinsam, dass sie den Mut hatten, auf die richtige Seite überzugehen. Es ist aber bezeichnend, dass es noch viele Jahrzehnte dauern sollte, bis diese Leistungen auch in Österreich anerkannt und gewürdigt wurden.

Auch daran sollte man an diesem Jahrestag denken.


Franz Stephan Parteder

22. Juni 2021