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Grazer Wahl: Schwierigste Herausforderung für die Partei

Referat von Elke Kahr auf dem Landesparteitag der steirischen KP

Elke Kahr

10 Monate vor der Grazer Gemeinderatswahl

Referat auf dem 24. Landesparteitag der Steirischen KPÖ, 24. 3. 07

Liebe Genossinnen und Genossen!

Unsere letzte Landeskonferenz hat eineinhalb Jahre nach unserem sensationellen Gemeinderatswahlerfolg in Graz stattgefunden. Heute ist es genau umgekehrt. Es sind nur etwas mehr als 10 Monate bis zur kommenden Gemeinderatswahl – aller Wahrscheinlichkeit nach am 20. Jänner 2008. Diese Wahl ist für die Grazer Parteiorganisation und für die Gesamtpartei in der Steiermark die schwierigste Hürde, die wir zu nehmen haben. 10 Monate angestrengter gemeinsamer Arbeit stehen vor uns. Und bei dieser Wahl wird es sich zeigen, ob es uns gelingt, den Zuspruch, den wir 2003 mit Ernest Kaltenegger erreicht haben, annähernd zu halten. Das ist mit Sicherheit keine leichte Aufgabe.

Auf die Arbeit die wir in den letzten Jahren in Graz gemeinsam geleistet haben, können wir aber zurecht Stolz sein.
Wir sind in Graz so weit gekommen, weil wir keinen klassischen Rezepten gefolgt sind, weil wir nicht überheblich oder selbstgefällig geworden sind, und weil wir den Menschen vor der Wahl nichts anderes versprechen, als wir nach der Wahl tun können.

Trotzdem bitte ich Euch alle, für die Grazer Organisation nicht nur die Daumen zu halten, sondern uns auch tatkräftig zu unterstützen. Mit Präsenz bei unseren Aktionen und Informationsständen, durch das Gespräch mit Bekannten und Freunden, durch Ideen und Kritik, aber vor allem durch Aufmunterung und Zuspruch. Gerade das werden wir in den kommenden Monaten gut brauchen können.

Ihr wisst, liebe Genossinnen und Genossen: Meine Kollegin Stadträtin Wilfriede Monogioudis ist für das Gesundheitsamt, das Veterinäramt und für die Wirtschaftsbetriebe mit mehr als 700 Beschäftigten zuständig, für das Wohnungsamt war bis Ende Okt. 2005 Ernst Kaltenegger verantwortlich, seither übe ich diese Funktion aus.
Es wird allgemein anerkannt, dass die Arbeit in diesen Bereichen, die vor allem ganz konkret in das Leben vieler Grazerinnen und Grazer eingreift, sachkundig, gewissenhaft und mit sozialem Verantwortungsbewusstsein geleistet wird.

Wirtschaftsbetriebe - Gesundheitsamt

Es würde den Rahmen der heutigen Veranstaltung sprengen, um all das zu erwähnen was in den letzten Jahren hier geleistet wurde. Deshalb nur ein paar Beispiele: Unter der Zielsetzung keine Privatisierung, keine Ausgliederung, Aufrechterhaltung und Ausbau der Leistungen wurden im Bereich der Wirtschaftsbetriebe: Zahlreiche Spielplätze renoviert, saniert, einige komplett neu errichtet, 3 neue Wasserspielplätze, Abschaffung des Akkords bei der Müllabfuhr, Modernisierung und Optimierung der Müllsammlung, Einführung des differenzierten Winterdienstes, Frühjahrsauspflanzung mit Lehrlingen, sowie Pflege und Bepflanzung sämtlicher Grünanlagen und Parks mit Blumenarrangements, die auf großen Zuspruch bei der Bevölkerung stoßen. Hundewiesen ausgebaut und eingezäunt, jährlich stattfindende öffentliche Leistungsschau der Wirtschaftsbetriebe, Erneuerung und Umrüstung des Fuhrparks usw. Im Bereich Gesundheit: Anschaffung einer neuen Röntgenanlage, Schulgesundheitspreis, Gesundheitsforum, Absicherung des Kontaktladens für Suchtkranke, erstmals durch einen längerfristigen Vertrag, Aktives Auftreten für eine anrainerverträgliche Sperrstunde, Lärmmessungen, umweltmedizinische Gutachten, zahlreiche Aktivitäten zur Feinstaubproblematik, sowie das Betreiben eines aktiver Tierschutz.

Wohnungsamt

Im Bereich des städt. Wohnungsamtes: Die Zielsetzung - keine Privatisierung und Ausgliederung, leistbare und zeitgemäße Ausstattung der Gemeindewohnungen – konnte erreicht werden:
Senkung der Mieten bei den Gemeindewohnungen, Verbesserung und höhere Mietzinszuzahlung zu Betriebskosten und Heizung, Verbesserung der Vergaberichtlinien, Wohnungssicherung – Rückgang der Delogierungen, Nasszelleneinbauprogramm in bereits mehr als 700 Wohnungen, Heizungseinbauprogramm, Umfassende Sanierungen von 62 stadteigenen Wohnhäusern (mehr als 500 Wohnungen), Einbau v. Bädern, Zentralheizungen, Trittschall- und Wärmedämmung, sowie wo möglich Liftanbauten) Der Schwerpunkt lag in der Triestersiedlung , wo 26 Wohnhäuser saniert wurden..
Zum vergleich: 1999, als die KPÖ das Ressort übernommen hatte, gab es 1330 Kategorie C Wohnungen, Anfang dieses Jahres haben wir nur mehr 470 dieser Wohnungen, das sind nur mehr knapp 4 %.

94 % aller Gemeindewohnungen haben eine Kategorie A bzw. B Ausstattung. Ohne Übertreibung kann man vor der umfassendsten Sanierungsoffensive in diesem Bereich sprechen.
Weiters haben wir eine neue neue mieter- und kinderfreundliche Hausordnung, 2 vom Abriss bedrohte Holzhaussiedlung wurden erhalten (Die Kienzl-Siedlung wurde mittlerweile umfassend saniert – steht unter Denkmalschutz), in der Grünangersiedlung wurden bestehende Holzhäuser laufend saniert sowie durch Sonderwohnbauförderungsmittel zur Schaffung von leistbarem Wohnraum - 35 Wohnungen in Holzbauweise errichtet. Die Mieten und Betriebskosten sind dort so niedrig, dass keine Wohnbeihilfe notwendig ist
Wir haben ein offenes Stadtratsbüro und bieten Beratung und Hilfe mit mehr als 1000 persönlichen Terminen, Hausbesuche und monatliche Beratungen bei Einrichtungen der Caritas und der Vinzenzgemeinschaft sind dabei nicht eingerechnet.

Diese positive Bilanz setzt sich auch auf Gemeinderats- und Bezirksratsebene fort. Mit über 350 Initiativen haben unsere Gemeinderätinnen und Gemeinderäte wichtige Themen auf die Tagesordnung im Gemeinderat gebracht, das selbe gilt für unsere Bezirksmandatarinnen und Mandatare. Dabei haben sie alle nicht auf die Alltagsprobleme der Menschen vergessen und in vielen Bürgerinitiativen mitgearbeitet, sind bei Bürgerversammlungen aufgetreten und haben unzählige Veranstaltungen besucht. Genau vor einer Woche haben wir in einer 2-tägigen Klubklausur über diese Arbeit Bilanz gezogen und gemeinsam bereits die Grundlage für ein neues künftiges Grazer Kommunalprogramm erarbeitet.

Verantwortung für Graz

Wenn die Kommunalarbeit wie eine Schule und der Wahltag wie die Zeugnisverteilung wäre, dann könnten wir auf alle Fälle zuversichtlich sein. Wir haben in der abgelaufenen Periode viel Sachkenntnis und Kompetenz gewonnen.

Wahlen haben aber ihre eigenen Gesetze. Besonders wichtig ist dabei, dass die anderen Parteien uns seit dem Wahlerfolg 2003 als Konkurrenz ernst nehmen. Sie versuchen, uns als Neinsager-Partei hinzustellen und behaupten, dass wir keine Verantwortung übernehmen würden.

Sehr oft ist aber verantwortungsvoll, zu einem abenteuerlichen Budgetkurs Nein zu sagen. Wir haben den riesigen Ausgaben für Großprojekte nicht zugestimmt, die jetzt das Budget belasten. Und wir lehnen die Versuche ab, jetzt durch Verkäufe von Stadtvermögen und durch Belastungen der Bevölkerung in der Öffentlichkeit als Sanierer dazustehen.
Es gibt viele Beispiele dafür, wie das Geld verpulvert wurde und wird. Und wir werden in den kommenden Monaten die Öffentlichkeit in geeigneter Form (wir haben uns dazu auch schon ganz konkrete Aktionsformen überlegt) informieren.
Beim Einstieg in die Grazer Messe war schon abzusehen, dass dadurch langfristig Belastungen in der Höhe von 1 Milliarde Schilling auf die Stadt zukommen würden. Trotzdem hat man nicht auf uns gehört, sondern dem Wunsch der Wirtschaft nachgegeben, die sich die Rettung der Messe aus öffentlichen Geldern finanzieren lässt. Wir haben wertvolle stadteigene Grundstücke eingebracht, unsere Beteiligung auf 80 % erhöht und die Stadt trägt das Risiko wenn etwas schief geht. Die Chance ein großes Gebiet in Innenstadtnähe im Interesse der Bevölkerung zu gestalten wurde damit vertan.

Genauso ist es mit dem Ausverkauf von öffentlichem Eigentum. Wir handeln verantwortungsbewusst, wenn wir davor warnen, dass der Verkauf des Energiebereiches der Stadtwerke, die Übertragung der AEVG-Anteile an die Stadtwerke und der Verkauf der Parks, Waldflächen, Schulen, Kindergärten, Horte, Heimgärten und des Rathauses an die stadteigene Gesellschaft (GBG) Schritte in Richtung Privatisierung sind. Mit uns ist die Privatisierung der Gemeindewohnungen und der Wirtschaftsbetriebe nicht zu machen. Wir haben das bisher durch unsere Volksbefragung und durch unsere Stärke im Rathaus verhindern können.
Wir sagen Nein zum Ausverkauf der Stadt, weil wir für die Interessen der Bevölkerung eintreten und eine Wende der Finanzpolitik wollen. Das ist ein Grund warum die anderen unsere Position schwächen wollen. Das ist eine Tatsache. Und das werden wir den Grazerinnen und Grazern in den kommenden Monaten auch sagen.

Liebe Genossinnen und Genossen!

Auf unserer Wochenendklausur haben wir wie schon erwähnt bereits die Grundzüge eines Forderungsprogrammes für die kommende Periode diskutiert. Ein Rechenschaftsbericht und unsere Vorschläge sollen noch vor dem Sommer öffentlich präsentiert werden. Im Kern geht es dabei vor allem um einen

· Privatisierungsstopp und um eine Rekommunalisierung öffentlichen Eigentums
· Um eine soziale, ökologische und demokratische Stadtentwicklung
· Um den Abbau von Privilegien und um den
· Bau von leistbaren Wohnraum (Stichwort Gemeindewohnungen auf Kasernengrund)

Mit gutem Beispiel vorangehen

Wichtig wird dabei aber auch weiterhin sein, dass wir mit gutem Beispiel vorangehen. Helfen statt reden ist für uns kein Schlagwort. Es ist bekannt, dass wir einen Großteil unseres PolitikerInneneinkommens für sozial Schwache verwenden und Jahr für Jahr am Tag der offenen Konten Rechenschaft über die Vergabe dieses Geldes ablegen.
Diese tagtäglichen Kontakte mit Menschen, die große soziale Probleme haben, sind sehr wichtig. Damit können wir der Gefahr begegnen, dass wir uns in unseren Positionen in den Gremien vom Alltag entfernen und selbst Teil einer politischen Kaste werden, die in einer eigenen Welt von Sitzungen, Empfängen, und Medienterminen rotiert und kein Verständnis für die wirklichen Probleme hat.
Wir zeigen damit auch, dass wir in ganz praktischen Fragen anders sind als die anderen Parteien. Und es ist ganz wichtig, dass wir unterscheidbar bleiben.

Liebe Genossinnen und Genossen!

Ich möchte auf diesem Landesparteitag durchaus die Gelegenheit nutzen um mich bei allen Genossinnen und Genossen die unsere Arbeit in Graz bisher unterstützt haben, zu bedanken. (Vor allem möchte ich dabei auch jene Genossinnen und Genossen in Graz besonders einschließen die nicht mehr unter uns sind wie Korp Hansi und Korp Max oder Hans Irzl, Alfred Setscheny, Uli Buchinger und Uli Candler. Diese Genossen und Genossinnen waren es unter anderem, die durch ihre Art und ihren Charakter die KPÖ-Graz für mich zu einer politischen aber vor allem zu einer zutiefst menschlichen Heimstätte, gemacht haben.
Es ist nicht garantiert, dass unsere Arbeitsweise auf Dauer eine Erfolgsgarantie ist. Es muss uns auch bewusst sein, dass es Rückschläge geben kann. Wenn wir bei unserer Arbeit aber auch weiterhin ein freundschaftliches Klima pflegen und vor allem nie darauf vergessen, was uns in Graz und in der Steiermark größer gemacht hat als anderswo. Wenn uns das auch weiterhin gelingt, können wir der kommenden Gemeinderatswahl durchaus mit Optimismus entgegen sehen.

26. März 2007