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"Die Kleinen hängt man, die Großen lässt man laufen"

Vor dem Gesetz sind alle gleich?

Wegen des Verzehrs von Brötchen von einem Firmen-Buffet droht einer Chefsekretärin nach 34-jähriger Firmenzugehörigkeit die Entlassung. Eine Supermarkt-Kassiererin wurde nach 31 Jahren entlassen, weil sie liegen gebliebene Pfandbons im Wert von 1,30 Euro für sich verwendet hatte.

Eine Altenpflegerin musste gehen, weil sie trotz Verbots sechs übrig gebliebene Maultaschen eingesteckt hatte. In Worms wurden vier Kassiererinnen wegen einer Trinkgeldkasse entlassen. Demnach hatten die Frauen für eine Kaffeekasse insgesamt 34 Euro und zwei Cent gesammelt. Die Freizeitbetriebe sahen darin eine illegale Schwarzgeldkasse und kündigten den Kassiererinnen fristlos.

Diese Entlassungen geschahen, während Manager, die Milliarden in den Sand gesetzt haben, mit Millionenabfindungen verabschiedet wurden. Nun erschüttert die Abschlagzahlung des britischen Rüstungskonzerns BAE und die damit verbundene Freilassung des Waffenlobbyisten Alfons Mensdorff-Pouilly den Glauben an eine gerechte Justiz. BAE und Mensdorff-Pouilly standen unter Korruptionsverdacht. Die Ermittlungen wurden nach einer Zahlung von 320 Millionen Euro von BAE eingestellt. Ein Betrag, den der Konzern laut Medienberichten aus der „Portokasse“ bezahlen kann. Denn 2008 hatte der Konzern einen Gewinn von 2,4 Milliarden Pfund vor Steuern.

Hinter der Einstellung der Ermittlungen stand massiver politischer Druck. Hätte dem Rüstungskonzern Korruption nachgewiesen werden können, hätte das britische Verteidigungsministerium gemäß britischem Recht BAE keine Aufträge mehr erteilen dürfen. Von diesem Deal profitiert auch Mensdorff-Pouilly, der aus der Haft entlassen wurde. Ob die Korruptionsvorwürfe gegen ihn jemals geklärt werden ist offen. Es kann sein, dass auch in Österreich die Ermittlungen eingestellt werden. Leider stimmt das alte Sprichwort: „Die Kleinen hängt man, die Großen lässt man laufen“ noch immer.

LAbg. Renate Pacher
renate.pacher@stmk.gv.at

9. Februar 2010