Zweite Chance für die KPÖ (Klipp)
Das Steiermark-Magazin Klipp bringt in seiner aktuellen Nummer einen ausführlichen Bericht über die Neuwahldiskussion. Darin wird auch über die Chancen der steirischen KPÖ spekuliert und ein Interview mit Stadtrat Kaltenegger wiedergegeben. Zur Information:
In den Landtag, Genossen?!
Zweite Chance für die KPÖ
Die Zahl der Kleinparteien im nächsten Landtag könnte sich von
derzeit einer - das sind die Grünen - auf vier erhöhen: Grüne, eine
geschrumpfte FPÖ, Plattform Hirschmann und die KPÖ-Genossen im
Landtag - zuletzt gab es das bis 1970 - für die nächste LT-Wahl
besteht erstmals wieder eine realistische Chance dazu. Für die
Grünen stellt sich wieder einmal die Frage: Können sie die
Umfrageergebnisse in Resultate ummünzen?
Gewählt wird heuer wohl nicht mehr, die SPÖ wird am 21. September
keine Mehrheit für ihren Neuwahlantrag bekommen. Dennoch, die
Parteien rüsten für den wahlkämpferischen Ernstfall, tüfteln an
Wahllisten, graben nach den besten Slogans. So diskutiert man auch
in der steirischen KPÖ, wer der Spitzekandidat für eine Wahl im
Land sein könnte. Man hat sich viel vorgenommen und ist auch für so
manche Überraschung gut.
Landtagswahlen tickten bisher jedoch anders als kommunale
Wahlauseinandersetzungen. Machen hier den traditionellen Parteien
"bunte", oft schwer ausmachbare Einmann/Frau-Parteien wie
die bei den letzen GR-Wahlen verblichene Autofahrerpartei das
Leben, nun ja, kompliziert und erlaufen sich in Gemeinderatswahlen
ihre Mandate, so haben es die kleinen neuen Parteien in
steiermarkweiten Wahlen schwerer, die Menschen zu überzeugen, dass
eine Stimme für sie Sinn macht. Daran scheiterten zuletzt ja auch
die Liberalen.
Ernst Kaltenegger: "Das Grundmandat in Graz ist
erreichbar"
"Die KPÖ will antreten, weil die Möglichkeit besteht, ein
Grundmandat in Graz/Graz-Umgebung zu erreichen. Rund 10 Prozent
sind dazu in Graz nötig, sagt der Grazer KPÖ-Wohnungsstadtrat Ernst
Kaltenegger. Er baut auf die Fortsetzung seines glänzenden
Wahlgewinnes bei den Grazer Gemeinderatswahlen von 2003, wo er mit
seinen Genossen fast 21 Prozent erreichte und eine österreichweite
Sensation ablieferte, die nicht einmal er selbst erwartet
hatte.
Wäre da nicht eben jener Sensationserfolg der KPÖ 2003 in Graz und
auch nicht die Person Kaltenegger, man würde es wohl nicht für
möglich halten, dass die KPÖ bei den nächsten Landtagswahlen mehr
als ein Prozent einfährt wie bei den LT-Wahlen 2000. Doch schon
manche haben sich da an der Ausstrahlung des in seinem
Wohnungsressort konsequente Klientelpolitik machenden Ernst
Kaltenegger getäuscht. Als Person wirkt er freundlich, verbindlich,
bescheiden und engagiert, insgesamt eher weniger KP-Ideologe denn
kuschelweicher Pragmatiker mit Grundsätzen, die Wähler nicht
verschrecken.
Die anderen Parteien müssen das Antreten der KPÖ also längst als
Warnung auffassen. Wenngleich Ernst Kaltenegger nicht den
Spitzenkandidaten machen will: "Ich kann nicht auf zwei
Hochzeiten tanzen." Man will sich seiner Popularität insofern
bedienen, dass die Liste "KPÖ-Kaltenegger heißen wird.
KPÖ sieht Wunsch der Bevölkerung nach Alternative
Aber wie will die KPÖ von einem auf 10 Prozent kommen? Kaltenegger:
"Bei der LT-Wahl 2000 hatten wir eine andere Rolle. Viele
hatten die Befürchtung, wenn sie uns wählen, geben sie eine
verlorene Stimme ab, weil wir ohnehin nicht in den Landtag
reingekommen wären. Das ist jetzt anders. Jetzt ist die Chance
gegeben."
Was will man in der Landespolitik erreichen? Kaltenegger: "Man
sieht ja, was im Land in den letzten Jahren alles passiert ist und
weiter passiert. Die Leute haben den Wunsch, dass wir als eine
Alternative für die Wahlen bereitstehen." Vor allem auf die
KPÖ-Themen Privilegien und Privatisierung wird man setzen.
"Wie geht das Land mit öffentlichem Eigentum um? Wohnen wird
auch eine Rolle spielen: Z. B. die Wohnbauförderung, wo das Land im
letzten Jahr Wohnbaugeld einfach abgezogen hat. Oder wie das Land
mit der Stadt Graz umgeht: Die Stadt Graz wird vom Land nicht gut
behandelt. Etwa bei der Nahverkehrsabgabe, die wir uns wünschen,
das Land tut nicht weiter.
KPÖ-Themen: Privilegien und Privatisierungen
Insbesondere will die KPÖ diesmal die Nichtwähler mobilisieren und
sie sozusagen dort abholen, wo sie sind: "Die Nichtwähler
bringen auch eine Haltung zum Ausdruck. Wir wollen sie überzeugen,
dass ihre Stimme gebraucht wird, weil sonst die Mandate für die
Parteien nur billiger werden."
Dem öfter vorgebrachten Vorwurf, die KPÖ mache eine
"Neinsagerpolitik", widerspricht Kaltenegger: "Wir
haben nicht mitgestimmt beim Grundstückskauf für das Kunsthaus um
190 Mio. Schilling und bei der Stadthalle. 300 Mio. Schilling wären
o.k. gewesen, aber die Kosten von über 500 Mio. Schilling
übersteigen die Möglichkeiten der Stadt. Auch bei der Grazer Messe
konnten wir nicht mehr mit. Ebenso beim Stadtwerkeverkauf, die KPÖ
sagte nein, nun will die SPÖ sie wieder zurückkaufen. Die
Bevölkerung wird das alles spüren. Ansonsten ist der Vorwurf
falsch: 90 Prozent der Gemeinderatsbeschlüsse waren einstimmig, mit
den Stimmen der KPÖ. Die Leute, die das sagen, sind bloß sauer,
weil sie nicht sagen können, die KPÖ war dabei."
Im Übrigen schätzt Kaltenegger, dass im Herbst 2005 gewählt wird:
"Gegen gemeinsame Wahlen, Landtag und Gemeinderat, sind die
Bürgermeister. Im März GR-Wahlen und im Mai oder Juni LT-Wahlen
würden die Bürger erst recht nicht verstehen."
Veröffentlicht: 15. September 2004