Wohnbau: So verfehlt ist steirische Förderung

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Mit der Förderung von „Assanierungen“ durch das Land Steiermark wird der Abriss von historischer Bausubstanz und der Neubau von Kleinwohnungen für Investoren noch lukrativer. (Foto: Gerhard G., Pixabay)
Foto: © Gerhard G, Pixabay

In der Steiermark wurde 2011 eine Förderung des Wohnbaus eingeführt, die es so in keinem anderen Bundesland gibt – die sogenannte „Assanierung“. Sie bedeutet in den meisten Fällen Abriss und Neubau.

Ursprünglich war die Assanierung eine städtebauliche Maßnahme der Nachkriegszeit. Die Landesregierung konnte durch Verordnung ein Gemeindegebiet, in dem der Großteil der Wohnungen so mangelhaft war, dass dies nur durch Assanierungsmaßnahmen beseitigt werden konnte, zum Assanierungsgebiet erklären. Damit sollte rasch adäquater leistbarer Wohnraum geschaffen werden.

„Heute wird damit vorwiegend ‚Betongold‘ geschaffen“, kritisiert Christine Braunersreuther, Klubobfrau und Stadtplanungssprecherin der KPÖ im Grazer Gemeinderat. Technisch gesehen handelt es sich bei der Assanierung um einen Neubau, förderungstechnisch und steuerlich aber um eine Sanierung. „Dem wirklichen Bedarf an Wohnraum wird man damit kaum gerecht“, weiß Braunersreuther. „Die Gestaltung richtet sich nämlich hauptsächlich nach dem Bedürfnis und der Finanzkraft der Anleger. Daher handelt es sich vielfach entweder um Kleinstwohnungen zwischen 35 und 45 Quadratmetern oder um Luxuswohnraum.“


Finanzielle Vorteile für Investoren

Die heutige steirische Förderung der Assanierung beschert dem Investor zahlreiche finanzielle Vorteile. Massiv gesenkt wird etwa die Einkommenssteuer des Investors. Dem Staat entgehen so wertvolle Einnahmen. Eine beschleunigte Abschreibung bescheren Investoren 100 Prozent mehr Nettoertrag, wird doch seine Einkommenssteuervorschreibung über 15 Jahre radikal gesenkt. Damit nicht genug. Das Modell berechtigt auch noch zum Vorsteuerabzug und zur Sofortabschreibung der Werbungskosten.


Überschreitungen und Extrazuschläge

Der Richtwert für Altbaumieten beträgt in der Steiermark derzeit 7,71 Euro pro Quadratmeter. Erhält ein Bauträger eine Förderung für eine normale Sanierung, wird der Hauptmietzins für zehn Jahre auf zwei Drittel dieses Betrages beschränkt. Anders ist das bei den Assanierungen. Hier kann der Investor nicht nur die Richtwertmieten zu Gänze verlangen, sondern in manchen Fällen sogar um zehn Prozent überschreiten. Sogar Extrazuschläge für Küchenblock, SAT-Anlage, Internetanschluss und Kellerabteil kann er den Mieterinnen und Mietern verrechnen.


KPÖ für Abschaffung der Fehlförderung

Seit Einführung der „Assanierung“ ist die Anzahl dieser Förderungsfälle stetig angestiegen. Waren es 2012 nur 31 Förderfälle, so wurden laut Wohnbaustatistik im Jahr 2018 schon 435 Wohnungsneubauten als Assanierung gefördert. „Die Assanierung ist in Wahrheit eine Zweckentfremdung der Wohnbauförderung, die eigentlich für leistbaren Wohnraum sorgen sollte“, betont auch Claudia Klimt-Weithaler, Klubobfrau der KPÖ im Landtag. Anträge der KPÖ, diese Missstände abzustellen sind bislang an ÖVP, SPÖ und FPÖ abgeprallt.

Prominentestes Assanierungsopfer ist das beliebte KiStL, das Hinterhoftheater der Komödianten in St. Leonhard. Nicht zuletzt durch die Beharrlichkeit der KPÖ konnte ein kleiner Erfolg für das KiStl verbucht werden. Nach Gesprächen bei einem runden Tisch, hat Kulturstadtrat Günther Riegler (ÖVP) einen Aufschub des Baubeginns auf April 2024 beim Bauträger erwirken können. Nach Gesprächen bei einem runden Tisch hat Kulturstadtrat Günter Riegler (ÖVP) einen Aufschub des Baubeginns auf April 2024 beim Bauträger erwirken können. Das KiStl kann noch ein Jahr lang am alten Standort bestehen bleiben. Danach wird es allerdings abgerissen.


Zahlen und Fakten

Zahlreiche aktuelle Beispiele geförderter Assanierungen zeigen, wie attraktiv Assanierungsprojekte für private Investoren speziell in Graz sind. Eine Auswahl.

  • Straßganger Straße 380a, c und d: 139 Wohneinheiten
  • Straßganger Straße 7: 12 Wohneinheiten
  • Moserhofgasse 19: 120–300 Wohneinheiten in 60 Modulen
  • Ankerstraße 2: 63 Einheiten
  • Griesgasse 28–30: 23 Einheiten
  • Smart City: 86 Wohneinheiten
  • Lazarettgasse 27a: 10 Einheiten
  • Rechbauerstraße 63a: 48 Wohneinheiten – hier fällt das beliebte KiStL-Hinterhoftheater Anlegerwohnungen zum Opfer.

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Veröffentlicht: 28. Juni 2022