»Ein Blatt vor den Mund nimmt sich die Claudl nicht«

Claudia Klimt-Weithaler im Porträt

Dass sie hinschaut, wenn es Probleme gibt, dass sie zuhört – das ist, was Claudia Klimt-Weithaler ausmacht. Ihre Wurzeln, denen sie treu geblieben ist, erklären warum.

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Ihr Heimatort Fohnsdorf und der Zusammenhalt der Arbeiterschaft hat Claudia Klimt-Weithaler geprägt.

„Der Papa hat bei der VÖEST gearbeitet, die Mama war Hausfrau – ganz klassisch“, erzählt Claudia Klimt-Weithaler. Sie wird 1971 in eine Fohnsdorfer Arbeiterfamilie geboren. Der Zusammenhalt der einfachen Menschen ist, was sie bis heute prägt. Sie erinnert sich an die Mütter und Kinder, die gemeinsam die Kohle in die Keller schaufeln, die die VÖEST den Familien ihrer Mitarbeiter zur Verfügung stellt, und die Weihnachtspackerl, die die Kinder bekommen haben. „Die sind über die Jahre immer kleiner geworden“, sagt sie, „ganz im Gegensatz zu den Vorstandsgehältern“.

„Aber Sie sind ja eine Frau“

Claudia ist ein braves und ruhiges Kind. Richtig ärgerlich wird sie nur, wenn jemand schlecht behandelt wird. Den konsequenten Geist hat sie von ihrer Oma Gertrude vererbt bekommen. „Sie war die erste Kranführerin in der österreichischen Industrie“, erinnert sich Klimt-Weithaler. Sie hatte vier leibliche und zwei Pflegekinder. Da war es nötig, dass auch sie arbeiten geht. Als eine Kranführerstelle in der VÖEST ausgeschrieben war, ging sie kurzerhand ins Personalbüro, um sich zu bewerben. „Aber Sie sind ja eine Frau“, sagte der Mann in der Personalabteilung. „Ich weiß“, sagte Frau Weithaler. Die Arbeit hat sie bekommen.

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Claudia Weithaler bei einem Auftritt des „Brechtigen Theaters“

„Ob etwas geht oder nicht, zeigt sich erst, wenn man es probiert. Das ist, was ich von der Oma gelernt hab“, sagt Claudia Klimt-Weithaler. Die Einsicht, dass es darum geht, sich selbst etwas zuzutrauen, wird sie durch ihr Leben begleiten.

Sie besucht die Schule für Kindergartenpädagogik in Judenburg. Eine Stelle in Zeltweg bekommt sie nicht – weil sie mit einem kommunistischen Ehepaar befreundet ist und im „Brechtigen Theater“ spielt, erfährt sie danach.

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Im Kindergarten beeindruckte Claudia Klimt-Weithaler als Feuerspuckerin

Alleinerziehend, arbeitend, politisch aktiv

Ihr Weg führt sie nach Graz, wo sie Vollzeit in einem Kindergarten arbeitet und dennoch ein Pädagogik-Studium beginnt und sich für die KPÖ engagiert. „Das war immer schon die Partei, die sich ehrlich für die Leute einsetzt“, sagt sie. Sie heiratet und wechselt in die Erwachsenen-Bildung. „Dort habe ich versucht, Frauen klarzumachen, dass sie vieles erreichen können, wenn sie es sich selber auch zutrauen“, erzählt sie.

Ihre beiden Töchter kommen 1997 und 2001 zur Welt. Als ihre Stelle nicht verlängert werden kann, ergreift sie die Gelegenheit und arbeitet an der Gründung eines Kindergartens mit. „Kinder lernen am besten in der Gemeinschaft“, sagt sie.

Als Ernest Kaltenegger und Elke Kahr sie 2005 fragen, ob sie weit vorne für die KPÖ kandidieren will, ist sie erst baff. Sie traut es sich aber zu. Erstmals seit 1970 zieht die KPÖ wieder in den steirischen Landtag ein, Klimt-Weithaler wird eine von vier Abgeordneten.

Beim Modellino arbeitet sie weiter für 20 Stunden, ihre Kinder erzieht sie nach der Scheidung 2008 allein, das Arbeitspensum im Landtag ist hoch. „Das schlechte Gewissen begleitet einen“, sagt Klimt-Weithaler – „gegenüber den Kindern, weil man viel arbeitet, gegenüber den Kolleginnen in der Arbeit, weil man sich im Landtag reinhängt, gegenüber den Kollegen im Landtag, weil man die Kinder und auch den Beruf nicht vernachlässigen will.“

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Der Grazer Gesundheitsstadtrat Robert Krotzer, KPÖ-Stadträtin Elke Kahr, Claudia Klimt Weithaler und ihr Landtagskollege Werner Murgg beim Tag der offenen Konten. Sie helfen mit dem Großteil ihrer Politeinkommen Menschen in Notlagen.

am boden geblieben

KPÖ-Politikerin sein, heißt anders sein. Die etablierten Parteien treiben sich auf Galas und Events herum. Ihre abgehobenen Einkommen führen dazu, dass sie abgehobene Politik machen. Klimt-Weithaler geht auf die Leute zu. „Wer von einem geringen oder auch durchschnittlichen Einkommen leben muss, hat oft Sorgen, die viele in der Politik gar nicht mehr nachvollziehen können. Deshalb blenden viele aus, dass es mittlerweile auch für Vollzeit-Erwerbstätige schwer ist, über die Runden zu kommen.“

Als Klubobfrau erhält sie 11.160 Euro brutto im Monat. Doch anders als die Klubobleute SPÖ, ÖVP, FPÖ und Grünen unterstützt sie mit dem Großteil ihres Politeinkommens Steirer und Steirerinnen in Notlagen. Nur 2.300 netto behält sie für sich. Diese Regelung gilt für alle in der KPÖ, die hauptberuflich in der Politik sind. Mehr als zwei Millionen Euro sind in den 20 Jahren zusammengekommen, in denen steirische KPÖ diese Regelung lebt. Einmal im Jahr legen sie darüber Rechenschaft ab und ihre Konten offen.

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Die Steirerkrone berichtet 2005 über den sensationellen Einzug der KPÖ in den Landtag

In der Sache hart

Fünf Jahre später zieht sich Kaltenegger aus der Politik zurück. Claudia Klimt-Weithaler folgt ihm als Spitzenkandidatin nach. Die Medien mutmaßen, dass es die KPÖ nicht noch einmal in den Landtag schafft. „Unsere Stärke ist, dass wir zusammenhalten“, sagt sie. Der Wiedereinzug gelingt. Claudia Klimt-Weithaler wird Klubobfrau.

„Ein Blatt von den Mund nimmt sich die Claudl nicht“, sagt ein Wegbegleiter. Sie liest der Landesregierung die Leviten, wenn die Schul- und Spitalsschließungen, Kürzungen im Gesundheits-, Jugend-, Behinderten- und Sozialbereich oder zuletzt Verschlechterungen in den Kindergärten durchziehen will. Ihre Wortmeldungen sorgen in der Landstube dafür, dass die gehört werden, die sonst keine Lobby haben. In der Sache ist sie hart, untergriffig wird sie aber nicht. Nur einen Ordnungsruf hat Klimt-Weithaler in 15 Jahren im Landtag erhalten. „Das war, weil ich gesagt habe, die Landesregierung würde die Bevölkerung anlügen“, erinnert sie sich.

In der Sache zurückstecken kommt für Klimt-Weithaler nicht infrage. Wenn es wo ungerecht zugeht, schaut sie nicht weg, macht es zum Thema. Das macht sie mit Leidenschaft und mit Nachdruck, „weil man sich gegenseitig nicht im Stich lasst“, sagt sie ganz selbstverständlich – ganz das Fohnsdorfer Arbeiterkind.

Veröffentlicht: 23. Oktober 2019