Archivierte Artikel: Die enthaltenen Informationen sind möglicherweise veraltet.

"Weg mit dem Regress!"

KPÖ startet Kampagne gegen Pflegeregress und präsentiert Pflegebroschüre

In einer Pressekonferenz stellte die steirische KPÖ am Montag ihre Kampagne gegen den Pflegeregress vor, den es nur mehr in der Steiermark gibt. Betroffene verdeutlichten dabei, wie ungerecht diese Regelung ist. Klubobfrau Claudia Klimt-Weithaler präsentierte auch die neue Pflegebroschüre der KPÖ, in der Lösungswege aus dem Pflegenotstand aufgezeigt werden.

Frau Berger aus dem Bezirk Graz-Umgebung zeigte gemeinsam mit ihrem Mann auf, mit welcher Situation sie durch den Pflegeregress konfrontiert ist: Ihre Eltern, 81 und 85, sind seit März 2011 in einem Pflegeheim, da eine Pflege zuhause aufgrund ihres Gesundheitszustandes nicht mehr möglich war. Da es sich um zwei pflegebedürftige Personen handelt, muss Familie Berger auch zweimal Regress bezahlen, in Summe 240 Euro. Frau Bergers Schwester muss 500 Euro bezahlen, obwohl drei ihrer vier Kinder noch nicht volljährig sind und volle Unterhaltspflicht besteht. „Unser Vertrauen in den Staat ist erschüttert, weil nicht für alle dieselben Gesetze gelten. Nur in der Steiermark besteht diese Regelung, obwohl der Personalschlüssel und damit die Qualität der Pflege bei uns weit unter dem Standard anderer Bundesländer liegt“, beklagt Frau Berger. Familie Berger hat vor der Einführung des Regresses übrigens freiwillig einen hohen Beitrag zur Pflege der Eltern geleistet.

 

Frau S., die ihren vollen Namen nicht nennen möchte, ist Mutter eines erwachsenen behinderten Sohnes, der in einer Tageswerkstätte untergebracht ist. Seit ihre Mutter (Jahrgang 1926) nach einem Unfall stark pflegebedürftig und daher in einem Heim untergebracht ist, ist Frau S. dadurch gleich zweimal regresspflichtig. Für ihre Mutter zahlt sie monatlich 291,- Euro, für ihren Sohn je nach benötigten Betreuungsleistungen zwischen 300 und 400 Euro, in Summe also bis zu 700 Euro. Frau S.: „Meinen Sohn haben schon die Kürzungen im Jahr 2011 schwer getroffen, seither gibt es kaum noch Fördermaßnahmen, nur mehr Aufbewahrung. Seit meine Mutter im Heim ist, werde ich doppelt zur Kasse gebeten. Ich muss nun die Versäumnisse der Politik ausbaden.“

 

LAbg. Claudia Klimt-Weithaler und die KPÖ-Mitarbeiterin DSA Karin Gruber berichteten von einer stark zunehmenden Zahl von Menschen, die sich hilfesuchend an den Landtagsklub der KPÖ wenden, weil sie von Regressforderungen betroffen sind. Die KPÖ wird deshalb zusätzlich zu ihren Initiativen im Landtag eine Kampagne starten, um den Druck auf die Landesregierung zu erhöhen, als letztes österreichisches Bundesland vom Regress Abschied zu nehmen. „In der Steiermark formiert sich eine breite Front gegen den Regress. Wir wollen mit unserer Kampagne dazu beitragen, dass diese Regelung wieder abgeschafft wird. Die Steiermark darf hier nicht Schlusslicht in Österreich bleiben“, so Klimt-Weithaler.

Hier herunterladen

Unterschriftenliste und Pflegebroschüre

Herunterladen zum Ausdrucken: Unterschriftenliste "Weg mit dem Regress!"

Herunterladen Achtung: Diese Datei enthält unter Umständen nicht barrierefreie Inhalte!

pdf, 650.4K, 09-04-2013


Die neue Pflegebroschüre der KPÖ Steiermark

Herunterladen Achtung: Diese Datei enthält unter Umständen nicht barrierefreie Inhalte!

pdf, 1.4M, 26-04-2013


Informationen zum Regress

Es kann jeden treffen!

Seit 2011 gibt es in der Steiermark als einzigem Bundesland wieder eine Kostenrückforderung (Regress) für Angehörige von Pflegeheimbewohnern und Mindestsicherungsbeziehern – wieder eingeführt von SPÖ und ÖVP.

Regress heißt: Eltern und Kinder von Menschen, die im Pflegeheim leben und deren Pension und Pflegegeld für die
Heimkosten nicht ausreichen oder von Menschen, die eine Mindestsicherung (früher Sozialhilfe) beziehen, werden aufgefordert, für ihre Angehörigen einen sogenannten
„Rückersatz“ zu leisten.

Zahlen schon ab 1.286 Euro Einkommen: Dieser Rückersatz wird ab einem Nettoeinkommen von 1500 Euro verlangt, wobei bei der Berechnung das Urlaubs- und Weihnachtsgeld mit einbezogen werden (gerechnet wird also Nettoeinkommen mal 14 dividiert durch 12). Das bedeutet, dass bereits ab einem Monatseinkommen von € 1286,- Rückersatz verlangt wird. Dabei zahlen Eltern zwischen 9 % und 15 % und Kinder zwischen 4 % und 10 % von ihren Nettoeinkünften – nach Einkommenshöhe gestaffelt.

Ungleichbehandlung: Weder Gesetz noch Durchführungsverordnung sehen eine jährliche Valorisierung vor. Abgesehen davon wird auch keinerlei Rücksicht auf Unterhaltspflichten von Rückzahlungspflichtigen genommen. Das bedeutet, dass ein Ehepaar, bei dem sowohl die Frau als auch der Mann € 1400,- an Pension beziehen, also ein Gesamteinkommen von € 2800,- haben, keinen Rückersatz für ihre Tochter bezahlen muss, wenn diese Mindestsicherung bezieht.

Ein Mann, der € 1500,- an Pension bezieht und für seine Ehefrau, die kein eigenes Einkommen hat, unterhaltspflichtig ist, zahlt dagegen sehr wohl, und zwar € 135,- pro Monat. Auch wenn jemand Unterhaltsverpflichtungen gegenüber Kindern hat, vermindern diese die Rückersatzpflicht für die Pflegeheimkosten seiner Mutter nicht.

Die Behörden schicken nun teilweise Briefe an die Rückersatzpflichtigen aus und fordern diese auf, einen beiliegenden Vergleich zu unterschreiben. ACHTUNG: Unterschreiben Sie keinen Vergleich, bestehen Sie auf einem schriftlichen Bescheid – denn nur gegen einen Bescheid ist das „Vergleich” NICHT unterschreiben! Rechtsmittel der Berufung und in weiterer Folge eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof möglich!

Es gibt einige Betroffene, die sich gegen diese Ungleichbehandlung wehren und sowohl Berufungen als auch Beschwerden an den Verfassungsgerichtshof einbringen. Informationen darüber und die Vermittlung von Kontakten mit anderen Betroff enen erhalten Sie beim Landtagsklub der KPÖ, Tel. 0316/877-5102.

29. April 2013