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Spitalsnotstand in der Steiermark: KPÖ-Dringliche an LR Edlinger-Ploder

LAbg. Murgg (KPÖ) möchte in 23 Fragen Aufklärung über Zustand der steirischen Spitäler

Seit Jahren ist bekannt, dass der Mangel an Spitalsbetten in der Steiermark immer wieder zu gefährlichen Engpässen – und wiederholt auch zu Todesfällen – führt. Trotz des herrschenden Notstandes hält Spitalslandesrätin Edlinger-Ploder (ÖVP) an ihrem Plan fest, alleine in Graz weitere 450 Spitalsbetten zu beseitigen. Die KPÖ wird in der nächsten Landtagssitzung am 12. November eine Dringliche Anfrage an die Landesrätin richten.

Die steirische Bevölkerung ist durch die Vorkommnisse beunruhigt. Offenbar hat die „Strukturreform“ erste Spuren hinterlassen. Stolz wurde von Landesrätin Edlinger-Ploder verkündet, dass die KAGes im Jahr 2012 Kostensteigerungen abgefangen und einen um 22,9 Mio. Euro besseren Betriebserfolg erzielt habe als ursprünglich geplant. Leider geht damit offenbar eine Verschlechterung der medizinischen Versorgung einher.

Vor kurzem hat die Einschätzung des KAGes-Vorstandsvorsitzenden Univ.-Prof. Dr. Tscheliessnigg aufhorchen lassen, die Bettensituation am LKH befände sich „am Rande des Möglichen“. Trotzdem hat der ärztliche Direktor der KAGes, Univ.-Prof. Dr. Brunner, in einem Zeitungsinterview erklärt, die Auslastung der Betten innerhalb der KAGes liege bei 76 Prozent. Diese Aussage wiederum steht im Konflikt zum Geschäftsbericht der KAGes von 2012, der von einer Bettenauslastung von 89,34% (2012) bzw. 89,79% (2011) spricht.

KPÖ-LAbg. Werner Murgg: „Die Bevölkerung hat ein Recht darauf zu erfahren, in welchem Zustand sich das steirische Gesundheitssystem nach den Schließungen und Streichungen im Spitalswesen befindet und was noch bevorsteht, wenn die Pläne Edlinger-Ploders weiter vorangetrieben werden.“

 

LANDTAG

STEIERMARK

XVI. GESETZGEBUNGSPERIODE

 

Dringliche Anfrage an ein Regierungsmitglied (§ 68 GeoLT)

Regierungsmitglied: LR Mag. Kristina Edlinger-Ploder

Fraktion(en): KPÖ

Betreff:

Steirisches Gesundheitssystem krank gespart?

Begründung:

In der zweiten Oktoberhälfte hat ein besonders krasser Fall mangelhafter Versorgung am LKH Graz Schlagzeilen gemacht. Eine Schlaganfallpatientin war wegen Bettenmangels an der Neurologie heimgeschickt und erst zwei Tage später - und nur aufgrund der Hartnäckigkeit ihrer Angehörigen - an die Landesnervenklinik überwiesen worden. Erst dort wurde die in diesem Fall offenbar einzig richtige Diagnosemethode, eine Magnetresonanztomographie, angewendet und die Behandlung eingeleitet. Die an der Neurologie durchgeführte Computertomographie hatte laut Prof. Dr. Fazekas, Leiter der Universitätsklinik für Neurologie, das Ausmaß des Schlaganfalles nicht erkennen lassen.

 

In der Folge wurde auch ein zweiter Fall bekannt, in dem Bettenmangel an der Neurologie Graz beziehungsweise eine medizinische Fehleinschätzung nach einer Computertomographie einer Schlaganfallpatientin das Leben kostete.

 

Laut Prof. Dr. Fazekas liefere eine Magnetresonanztomographie genauere Hinweise zum Zustand von SchlaganfallpatientInnen als eine Computertomographie. Doch sei dies eine "Kostenfrage" und es gebe daher eine "Leitlinie am LKH, dass bei Akutpatienten eine Computertomographie ausreichend sei".

 

Die steirische Bevölkerung ist durch die Vorkommnisse beunruhigt. Offenbar hat die Strukturreform erste Spuren hinterlassen. Stolz wurde von der zuständigen Landesrätin verkündet, dass die KAGes im Jahr 2012 Kostensteigerungen abgefangen und u.a. einen um 22,9 Mio. Euro besseren Betriebserfolg erzielt habe als ursprünglich geplant. Leider gehen mit diesem finanziellen Erfolg offenbar nicht im selben Umfang Verbesserungen der medizinischen Versorgung einher. 

 

Es steht die Frage im Raum, ob und wer die oben genannte Leitlinie erstellt hat, dass bei AkutpatientInnen prinzipiell keine MRT durchzuführen ist bzw. eine CT ausreichend sei. Auf jeden Fall ist zu klären, ob es einen finanziellen Hintergrund für diese Leitlinie gibt. Eine weitere dringend zu klärende Frage ist, ob die Konzentration von Untersuchungs- und Behandlungsmethoden im Großraum Graz, bei gleichzeitiger Schließung und Einschränkung von ganzen Krankenhausabteilungen in der Peripherie, nicht zu einem für PatientInnen in der gesamten Steiermark gefährlichen Flaschenhalseffekt führt.

 

Diese skandalösen Vorfälle stehen selbstverständlich im Zusammenhang mit dem Thema Bettenmangel am LKH Graz im Allgemeinen:

 

Vor kurzem hat die Einschätzung des KAGes-Vorstandsvorsitzenden Univ.-Prof. Dr. Tscheliessnigg aufhorchen lassen, die Bettensituation am LKH befände sich "am Rande des Möglichen". Derlei öffentlichen Eingeständnissen und skandalträchtigen Berichten über abgewiesene oder fehlbehandelte Schwerkranke wird wie stets mit sorgfältigen platzierten medialen Beruhigungspillen und Vernebelungstaktiken begegnet, die teilweise in deutlichem Gegensatz zu gesicherten, öffentlich zugänglichen Fakten stehen. So hat der ärztliche Direktor der KAGes, Univ.-Prof. Dr. Brunner, in einem Zeitungsinterview – Prof. Tscheliessniggs Eingeständnis abschwächend – erklärt, es gebe kein Problem bei der Bettensituation;  die Auslastung der Betten innerhalb der KAGES liege bei 76 Prozent. Diese Aussage wiederum steht im Konflikt zum Geschäftsbericht der KAGes von 2012, der ein deutlich anderes Bild zeigt: Laut diesem lag die durchschnittliche Bettenauslastung der KAGes 2012 bei 89,34% und 2011 bei 89,79%.

 

PatientInnen und deren Angehörige haben ein Recht darauf zu erfahren, in welchen Zustand der bislang durchgesetzte Sparkurs im Gesundheitsbereich das steirische Spitalswesen mittlerweile versetzt hat bzw. was bevorsteht, wenn er wie geplant weiter vorangetrieben wird.

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen folgende Dringliche Anfrage:

1. Können Sie aufschlüsseln, bei welchen operativen Eingriffen in steirischen Spitälern Wartezeiten oder Wartelisten existieren, beziehungsweise wo es zu Terminverzögerungen wegen Bettenmangels kommt, wie lange diese Verzögerungen statistisch gesehen jeweils dauern und wie häufig solche Fälle je Spital zwischen 2010 und 2012 jeweils vorkamen?

 

2. Wo kommt es im stationären Bereich in der Steiermark bei Behandlungen zu Wartezeiten?

 

3. Wo gibt es die längsten Wartezeiten? 

 

4. Wodurch ist sichergestellt, dass Verzögerungen bei Untersuchungen, Eingriffen und Behandlungen nicht zur Schädigung der PatientInnen führen? 

 

5. Bei wie vielen operativen Eingriffen bzw. aufwendigen Untersuchungs- bzw. Behandlungsmethoden führt Bettenmangel zu Terminverschiebungen?

 

6. Können Sie ausschließen, dass in steirischen Spitälern aufgrund überfordernder Dienstpläne PatientInnen von übermüdeten Ärzten behandelt werden?

 

7. Welche Instrumente setzt die KAGes zur Arbeitszeitaufzeichnung bzw. Kontrolle bei den verschiedenen Personalgruppen (einschl. ÄrztInnen, weiteres medizinisches Personal, sonstiges Personal) ein (also Stechuhren, elektronische Kontrollsysteme usf.)? 

 

8. Wie oft haben ÄrztInnen in steirischen Spitälern, inklusive jene, die zu den Bediensteten der medizinischen Universität Graz zählen, in den vergangenen drei Jahren Dienstzeiten mit einer Dauer von 24 Stunden oder mehr absolviert, und wie verteilte sich die Anzahl dieser beunruhigend langen Dienstzeiten auf die Grundgesamtheit der sie ableistenden ÄrztInnen?

 

9. Mit welcher Kostenreduktion beteiligt sich die Steiermark am Einsparungsziel von 3,4 Milliarden Euro, welches Bund und Länder für das Gesundheitssystem vereinbart haben, auf dessen Widersinnigkeit der steirische Arbeiterkammerpräsident in einem Interview anlässlich der Abweisung schwer kranker PatientInnen durch steirische Spitäler hinwies?

 

10. Wie groß ist derzeit im stationären Bereich in der Steiermark die Anzahl der zur Verfügung stehenden Betten? 

 

11. Wie soll sich die Bettenanzahl davon ausgehend nach den derzeitigen Planungen in den kommenden Jahren bis 2020 in der Steiermark entwickeln?

 

12. Kommt es durch die von Ihnen verantworteten Reformschritte im steiermärkischen Gesundheitsbereich zu einer fortschreitenden Konzentration von Krankenhausbetten, insb. im Akutbereich, im Großraum Graz (Stichwort: Abteilungsschließungen und Leistungsreduktion bei den Bezirksspitälern)? 

 

13. Was bedeutet die Konzentration von Gesundheitsleistungen und Betten im Großraum Graz für die Gesundheitsversorgung der Bevölkerung in den Bezirken, insb. in den Randlagen?

 

14. Ist es richtig, dass es zumindest im in den Medien kolportierten Fall der abgewiesenen Schlaganfallpatientin an der Neurologie des LKH Graz am betreffenden Wochenende nicht möglich war, die Patientin stationär aufzunehmen, da keine Betten vorhanden waren?

 

15. Warum hat die Stroke Unit, deren Einführung medial gefeiert wurde und die für die Behandlung dieser Patientin zuständig war, versagt?

 

16. Warum war kein Bett für diese Patientin in der Stroke Unit frei, obwohl sie klar Symptome eines akuten Schlaganfalls präsentierte?

 

17. Werden in Akutfällen aus Kostengründen wie kolportiert ausschließlich CT-Untersuchungen gemacht, selbst wenn eine MR-Untersuchung zielführender wäre (Interview Franz Fazekas, Neurologie)?

 

18. Gibt es hierzu (also betreffend die Durchführung kostenintensiver, aufwendiger Untersuchungsmethoden im Regelbetrieb/Notfallbetrieb) Weisungen bzw. interne Richtlinien von Seiten der KAGes-Geschäftsleitung?

 

19. Wer hat konkret die oben angeführte Entscheidung, auf die Durchführung von MR-Untersuchungen zu verzichten, zu verantworten?

 

20. Wie kommentieren Sie die öffentlich geäußerte Einschätzung des KAGes-Vorstandsvorsitzenden Dr. Tscheliessnigg, die Bettensituation wäre „am Rande des Möglichen“?

 

21. Wenn sie sich jetzt am Rande des Möglichen bewegt, in welchem Zustand wird sie sich dann nach den im RSG und weiteren vom Bund mittels des in dieser Sitzung zu Diskussion stehenden Rahmenvertrages durchzusetzenden Einsparungsmaßnahmen befinden?

 

22. Ist angesichts dieses schwerwiegenden Vorfalls nicht zu überlegen, ob die Anzahl der Notfallbetten für SchlaganfallpatientInnen zu gering dimensioniert ist?

 

23. Welche Maßnahmen werden Sie ergreifen, um weitere derartige Vorfälle zu verhindern?

31. Oktober 2013