Solidaritätskandidatur für die steirische KPÖ

Erklärung von Christian Promitzer

Erklärung zu meiner Solidaritätskandidatur auf der Liste der steirischen KPÖ

Liebe FreundInnen und GenossInnen!

Im Vorjahr bin ich mit Franz Stephan Parteder auf einer Demo im Hinblick auf die steirischen Landtagswahlen ins Reden gekommen. Dabei habe ich ihm erklärt, dass ich die KPÖ mit meinen bescheidenen Mitteln gerne dabei unterstützen will, ihre Präsenz im steiermärkischen Landtag zu sichern.

Franz Stephan hat mich nun vor einigen Wochen gefragt, ob diese Hilfe auch in Form einer Solidaritätskandidatur auf der Kreiswahlliste für Graz und Graz Umgebung bzw. auf der Landesliste der KPÖ sein kann.

Es gibt persönliche, vor allem aber politische Gründe, warum ich mich einem solchen vertrauensvollen Ansinnen nicht verschließen möchte. Dabei möchte ich betonen, dass es mir ja nicht um die ernsthafte Bewerbung um ein Landtagsmandat geht, sondern um den ernsthaften Ausdruck politischer Solidarität. Ich sehe mein Eintreten für die KPÖ bei dieser Wahl nicht als Preisgabe meiner Unabhängigkeit, sondern als einen kleinen Beitrag für den Aufbau einer breiten linken Kraft in Österreich. Bei diesem Aufbau, sollte es denn einmal dazu kommen, kann die steirische KPÖ zweifellos einen wichtigen Beitrag leisten. Auf Grund ihrer bisherigen Wahlergebnisse – wie zuletzt bei den steirischen Gemeinderatswahlen – stellt sie ja die derzeit einzige wesentliche Kraft unter der Linken in Östereich dar. Damit sie auch als solche erhalten bleibt, verdient sie gerade zum jetzigen Zeitpunkt solidarisches Handeln seitens der Linken und – warum auch nicht? – einen konkreten Vorgriff im Hinblick auf eine gemeinsamen Identität als ein politisches Wir.

Um diese Solidarität weiter zu begründen, möchte ich aus meinem Selbstverständnis heraus auf zwei Einwände eingehen, die aus linksradikaler Sicht gegenüber der steirischen KPÖ kritisch geäußert worden sind: Erstens habe sie keinen Schlußstrich unter die Erfahrung des Realsozialismus gezogen und zweitens konzentriere sie sich nur auf Wahlen, wobei das Element des Aktivismus verloren gehe. Ich will diese Einwände nicht entkräften, sondern nur relativieren:

Ich denke es ist wichtig, die Diskussion über die negativen Seiten des Realsozialismus weiter zu führen. Dessen schlimmste Seite haben die diversen totalitären Agenturen der Staatssicherheit und die massive Einschränkung der Bewegungs- und Meinungsfreiheit dargestellt. Aber als Historiker tue ich mir schwer, deshalb auch die ohne Zweifel vorhandene wichtige Realität der sozialen Sicherheit für breite Massen, die es so heute in keinem der postsozialistischen Länder mehr gibt, zu verleugnen. Die Diskussion über den Realsozialismus muss – wie gesagt – weiter geführt werden, schon um begangene Fehler nicht zu wiederholen. Aber zur Zeit sind nicht Reißbrett-Entwürfe einer klassenlosen Gesellschaft vordringlich. Es muss vielmehr darauf geschaut werden, dass die jetzigen Verhältnisse zwischen Kapital und Arbeit auf Grund der bevorstehenden Sparprogramme nicht zuungunsten der werktätigen Bevölkerung verschoben werden. Vordringlich ist daher eine Präsenz der KPÖ als einziger linker Kraft in einem österreichischen Landtag, wobei ich fest darauf zähle, dass die MandatarInnen der KPÖ hier ihre energische Stimme gegen die zu erwartenden Einschnitte erheben werden.

Damit bin ich auch schon beim zweiten Punkt: Mangelnde Aktivitäten auf der Straße oder im Betrieb mögen Zeichen organisatorischer Schwäche sein. Auch die Konzentration auf ein Programm, das in vielen Bereichen so klingt, wie es vor Jahrzehnten noch linke Sozialdemokraten verlangt haben – das alles kann schon von linker Seite kritisiert werden. Aber diese Punkte als Argument zu verwenden, um sich einer Solidarität mit der um ihre Mandate kämpfenden KPÖ zu verschließen, wäre zum jetzigen Zeitpunkt ein strategisch großer Fehler, den die ohnehin versprengten und nicht sehr zahlreichen steirischen Linken außerhalb der KPÖ machen könnten. Insgeheim “beten” ohnehin viele von uns für einen Erfolg der KPÖ bei den Wahlen. Aber nur im stillen Kämmerlein zu “beten”, ist Luxus.

Ich komme zum Schluß: Ich sehe sehr schlechte Zeiten auf uns zukommen – die Reste des Sozialstaates werden unter Beschuss kommen. Der Widerstand muss auf mehreren Ebenen ausgetragen werden: Auf der Straße, im Betrieb, auf der Uni, in der Öffentlichkeit – aber auch in den politischen Vertretungskörperschaften. Gegen die Offensive kapitalgeleiteter Austeritätsprogramme ist es notwendig, dass auch dort jemand von uns und in unserem Namen seine Stimme erhebt. Diese Aufgabe traue ich den SpitzenkandidatInnen der steirischen KPÖ zu. Wenn ich daher mit meiner Solidaritätskandidatur auf ihrer Liste ein Schärflein beitragen kann, damit dies auch möglich wird, so ist schon viel erreicht.

Mit solidarischen Grüßen

Christian Promitzer

Graz, 8. Juni 2010

19. Juli 2010