Sepp Filz. Walz, Widerstand, Wiederaufbau.

Neues Buch erinnert an einen Donawitzer Kommunisten

Buch von Heimo Halbrainer: Sepp Filz. Walz, Widerstand, Wiederaufbau. Geb., 334 Seiten (ISBN 978-3-902542-80-9), Euro 25,00 (Bestellung unter: verlag@clio-graz.net)

Vor 75 Jahren musste der steirische Widerstandskämpfer, Partisan und Betriebsratsobmann der Alpine Montan Gesellschaft in Leoben, Sepp Filz, nach St. Pölten „emigrieren“. In der Steiermark bekam er keine Arbeit mehr. Dass er nach jahrelangem Kampf gegen den Austrofaschismus und Nationalsozialismus sowie nach 1945 für den Wiederaufbau, für soziale und politische Rechte und gegen den Neofaschismus Berufsverbot bekam, hängt mit einem Stück österreichischer Zeitgeschichte zusammen. Ein neues Buch erinnert nun an diese Kämpfe und an einen Vergessenen.

Sepp Filz wurde 1906 in Donawitz geboren, wo er – wie schon sein Großvater und Vater – im Hüttenwerk Donawitz Arbeit fand. Politische und soziale Kämpfe gegen Versuche, die gerade erst erlangten Rechte der Arbeiter zurückzudrehen, führten bereits 1922 dazu, dass er sich der KPÖ anschloss. Nach der Lehre zog es ihn 1924 hinaus in die Welt. Er ging auf Walz.

Als er 1932 heimkam fand er eine bankrotte Stadt vor: Wiener Zeitungskommentatoren nannten Donawitz, wo bis vor kurzem Hochöfen die Luft verpesteten, einen Luftkurort. Mehr als ein Drittel der Bevölkerung lebte von der Arbeitslosenunterstützung, viele Tausend erhielten nicht einmal diese Unterstützung. Er wurde wieder politisch aktiv: Fast täglich kam es zu Kundgebungen, Hungerdemonstrationen und Auseinandersetzungen mit der Heimwehr und Nationalsozialisten. Nach den Februarkämpfen 1934 kurzzeitig in Haft, war er bald wieder führend im Kampf gegen die austrofaschistische Diktatur aktiv. 1935 fuhr er als Delegierter nach Moskau, wo der Weltkongress der Kommunistischen Internationale tagte. Wieder zurück in der Steiermark propagierte er vielerorts die zentrale Losung: Schaffung einer antinationalsozialistischen Abwehrfront.

Der austrofaschistische Staat verhaftete ihn 1936 erneut und klagte ihn des Hochverrats an. Nach dem „Anschluss“ 1938 verhielt er sich eine Zeit lang unauffällig, ehe er 1941 wieder aktiv wurde, weshalb er im Frühjahr 1943 untertauchen musste. Gemeinsam mit einigen Genossen ging er zu den slowenischen Partisanen, in deren Reihen er mehrere Monate mitkämpfte. Im Sommer 1943 kehrte er in die Obersteiermark zurück. Hier baute er gemeinsam mit anderen die Österreichische Freiheitsfront (ÖFF) auf, die die Bevölkerung dazu aufrief, „mit allen ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln einschließlich Waffengebrauch gegen die faschistischen Okkupanten und ihre österreichischen Helfershelfer zu kämpfen“. Im Frühjahr 1944 begannen die Partisanen der ÖFF mit Sabotageakten, sprengen Gleisanlagen und lieferten sich Gefechte mit den Verfolgern.

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Sepp Filz - Anstich Hochofen

Als das NS-Regime im Mai 1945 nur noch „verbrannte Erde“ hinterlassen wollte, drangen die Partisanen um Sepp Filz in das Hüttenwerk Donawitz ein, entwaffneten den Werkschutz und sicherten die Anlagen. In der Folge besetzten sie alle Ämter der Stadt und des Bezirks, bauten einen Ausschuss auf, dem Filz vorstand, und begannen mit dem Wiederaufbau und der Entnazifizierung. Nachdem Ende Juli 1945 die sowjetischen Einheiten, welche Teile der Steiermark befreit hatten, von britischen Truppen abgelöst worden waren, wurde die ÖFF und der Ausschuss aufgelöst. Filz wurde Betriebsratsobmann in Donawitz und wirkte in den ersten Jahren u.a. mit, dass Schrott, Geld und Essen für die Arbeiter des Hüttenwerks Donawitz bereit standen, damit – wie er Bundeskanzler Karl Renner 1945 versichert hatte, aus den dortigen Hochöfen bald Eisen fließen werde. Am 10. August 1946 war es schließlich so weit, der erste Hochofen ging wieder in Betrieb, weitere folgen. Das Überleben des Standorts Donawitz war gesichert.

 

Doch bald schon warf der Kalte Krieg seine Schatten auch auf Donawitz. Sepp Filz fiel ihm schließlich zum Opfer. Nach dem Oktoberstreik 1950 gegen das Lohn-Preis-Abkommen wurde er wie alle anderen kommunistischen Betriebsräte verhaftet und fristlos entlassen. Nach dreizehntägiger Untersuchungshaft musste die Alpine ihn zwar wieder einstellen, doch nur mehr für wenige Wochen.

Im Februar 1951 wurde er zu sechs Monaten schweren Kerker verurteilt, da er am 20. April (!) 1950 eine unter Polizeischutz stehende Versammlung des „Verbands der Unabhängigen“ in Leoben mit den Worten „Hier haben Faschisten nichts zu suchen“ gestürmt und dabei angeblich einen Polizisten verletzt habe. Obwohl in der Steiermark zu diesem Zeitpunkt Facharbeitermangel herrschte und er mit den Direktoren mehrerer Leobner Betriebe noch aus der Zeit des von ihm geleiteten Industrieausschusses im Jahr 1945 bekannt war, bekam er in der Steiermark keine Arbeit mehr.

 

 

Bestellung des Buches:  Verlag CLIO

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Heimo Halbrainer: Sepp Filz. Walz, Widerstand, Wiederaufbau. Geb., 334 Seiten (ISBN 978-3-902542-80-9), Euro 25,00 (Bestellung unter: verlag@clio-graz.net)

17. Dezember 2020