Claudia Klimt-Weithalers Rede zum Internationalen Frauentag

Es hat bei uns in der KPÖ eine lange Tradition, dass wir rund um den 8. März, dem Internationalen Frauentag, eine Reihe von Veranstaltungen initiieren

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Wir wollen damit aufzeigen, dass die Gleichberechtigung von Männern und Frauen in Österreich zwar in der Bundesverfassung verankert ist, in der Realität sind wir aber von einer wirklichen Gleichstellung weit entfernt. Aus diesem Grund ist es auch heute noch notwendig, darauf hinzuweisen:

Wir wollen die Frauen daran erinnern, dass sie nicht nur Pflichten, sondern auch Rechte haben!

 

Der Internationale Frauentag wird weltweit seit 1911 begangen, entstanden ist er vor allem aus dem Kampf für das Wahlrecht für Frauen. Aber auch die unerträglichen Arbeitsbedingungen in den Fabriken und die schlechte Entlohnung waren bereits damals ein Thema. Dem unermüdlichen Einsatz vieler engagierter Frauen und auch einiger Männer ist es zu verdanken, dass Frauen letztendlich wählen durften. Es war ein langer, harter Kampf, für den nicht wenige mit ihrem Leben dafür bezahlt haben.

Ein weiterer wichtiger Meilenstein auf dem Weg zur Gleichberechtigung war die Familienrechtsreform in den 1970er Jahren und die ist vor allem Johanna Dohnal, der ehemaligen Staatssekretärin und Ministerin zu verdanken.

In vielen Gesprächen, die ich bei den verschiedensten Veranstaltungen zum Frauentag geführt habe, ist mir wieder einmal bewusst geworden, dass es für Menschen, die sich heute in ihren 20ern befinden, gar nicht mehr vorstellbar ist, dass es auch in Österreich Zeiten gab, in denen der Mann der „Haushaltsvorstand“ war und was das bedeutet hat:

  • Frauen mussten ihren Ehemann um Erlaubnis bitten, wenn sie eine Arbeit annehmen wollten
  • Der Mann war automatisch der Vormund für die gemeinsamen Kinder
  • Wenn sich eine Frau scheiden ließ – was aufgrund finanzieller Abhängigkeit ohnehin kaum möglich war – übernahm die Vormundschaft für die Kinder das Jugendamt,

um nur einige Beispiele zu nennen.

Dohnal hat sich auch dafür eingesetzt, dass die Strafe für eine Vergewaltigung in der Ehe gleich hoch ist, wie die Strafe für eine Vergewaltigung, die nicht durch den Ehemann geschieht. Auch die Errichtung von Frauenhäusern geht auf sie zurück.

 

An dieser Stelle möchte ich einen Sprung in die Gegenwart machen:

Im Jahr 2020, das noch nicht einmal drei Monate alt ist, hat es in Österreich bereits 6 Morde an Frauen gegeben. Gewalt an Frauen steht also nicht nur im weit entfernten Indien an der Tagesordnung, sondern auch bei uns. In den meisten Fällen ist der Täter der Partner bzw. Expartner. Und immer noch berichten Medien über „Familiendramen“ und „Beziehungstaten“ und nicht über das was es ist, über Mord!

 

Es gibt genug Experten und Expertinnen, die schon seit vielen Jahren fordern:

  • Mehr Ressourcen für die Täterarbeit und die Gewaltprävention – Projekten wurde finanzielle Grundlage entzogen
  • Mehr U-Haft statt Wegweisung – viele Morde passieren nach Wegweisungen
  • Es braucht einen Datenaustausch zwischen Sicherheitsbehörden, Gewalt- und Opferschutzeinrichtungen
  • und eine verstärkte psychosoziale Aus- und Fortbildung für RichterInnen und StaatsanwältInnen

Diese Vorschläge, denen wir uns uneingeschränkt anschließen liegen am Tisch – sie müssen endlich umgesetzt werden!

Es wäre vermutlich leichter, wenn es – wie zu Dohnals Zeiten – ein eigenständiges Frauenministerium geben würde. Leider hat die letzte schwarz-blaue Regierung ein solches nicht für notwendig befunden. Weitaus befremdlicher ist es für mich allerdings, dass die aktuelle türkis-grüne Bundesregierung diesen rückschrittlichen Weg in Punkto Frauenpolitik weitergeht – ein eigenständiges Frauenministerium? Fehlanzeige!

Wir müssen unheimlich aufpassen, dass wir – wenn es um die Rechte der Frauen geht – nicht verlieren, was wir gewonnen geglaubt hatten, wie z.B. das Recht auf Abtreibung!

Das heißt auch, dass wir nicht lockerlassen dürfen – die Forderung nach gleichem Lohn für gleichwertige Arbeit ist nach über 100 Jahren noch immer nicht erfüllt,

Frauen machen nach wie vor den Großteil der unbezahlten Arbeit – Kinderbetreuung, die Pflege von Alten und Kranken und die Hausarbeit.

Berufe, in denen überwiegend Frauen beschäftigt sind, werden immer noch schlechter bezahlt. Dabei genügt es nicht, dass wir danach schreien „Frauen in die Technik!“ – wir brauchen dazu auch Kindergartenpädagogen, Sekretäre, männliche Handelsangestellte, Männer in sozialen und pflegenden Berufen – und alle, Frauen wie Männer, brauchen ein Gehalt von dem man gut leben kann!

Schon in den 1970er Jahren sah man die Einführung einer 30-Stunden-Arbeitswoche bei vollem Lohn und Personalausgleich als richtige und notwendige Maßnahme, damit Beruf, Familie und Privatleben für Frauen und Männer vereinbar sind – mit Blick auf die derzeitigen Verhandlungen um eine 35-Stunden-Woche im Sozial-, Pflege- und Gesundheitsbereich sehen wir, dass wir auch hier noch keinen Schritt weitergekommen sind.

Deshalb aber den Mut zu verlieren und zu resignieren wäre der falsche Weg. Ich würde sogar wagen zu behaupten, es wäre Verrat an den großen Frauen und Vorkämpferinnen, an all den großen Töchtern, die wir hatten und haben!

Darum möchte ich euch einmal mehr dazu auffordern, gemeinsam für eine echte Gleichstellung zu kämpfen, für die vielen Pensionistinnen, die in Armut leben, für die Alleinerzieherinnen, für die Arbeiterinnen, für die prekär beschäftigten Akademikerinnen, für die Hausfrauen, für die Frauen, die an die gläserne Decke stoßen, für die Studentinnen, die gehört werden wollen, für die Schülerinnen, die sich für den Klimaschutz engagieren…

Sie alle leisten einen großartigen Beitrag und sie alle verdienen Wertschätzung und echte Gleichstellung! Dafür werden wir Kommunistinnen und Kommunisten immer kämpfen!

12. März 2020