Parmida Dianat, KSV-Spitzenkandidatin bei den ÖH Wahlen an der Karl-Franzens-Uni Graz

Am 1. Mai argumentierte sie über Klassenbewusste Hochschulpolitik

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Liebe Genossinnen und Genossen,

Der erste Mai steht dieses Jahr unter dem Motto „Unsere Stärke: Solidarität.“ Solidarität. Ein Wort, dass über dieses Jahr hinweg auch in bürgerlichen Kreisen einen neuen Aufschwung erlebt hat. Überall war dieser Begriff zu finden und von viel mehr Leuten als wie gehabt in Verwendung genommen. Er ist geradezu staatstragend in Erinnerung gerufen worden.

Die Realität sieht aber anders aus. Während man zu Beginn der Pandemie noch den Krankenpflegerinnen und Verkäuferinnen applaudiert hat, Beifall klatschte, aber von einer Lohnerhöhung kaum die Rede war, fällt mittlerweile sogar dieses Mindestmaß an Anerkennung und Respekt aus. Allein über diesen Zynismus könnte man eine lange Rede halten. Allerdings bin ich gerade als Studentin hier, die tagtäglich erlebt, wie medial ein Mythos über ein sorgloses Studierendenleben erzählt wird, mit spät aufstehen und jede Nacht Partyfeiern. Die Realität ist, die meisten Studierenden müssen sich ebenso mit Nebenjobs über Wasser halten. Viele von ihnen geraten spätestens nach ihrem Abschluss – besonders in den Geisteswissenschaften – in prekäre Dienstverhältnisse; durch das Universitätsgesetz bedingt sogar soweit gehend, dass man selbst wenn man auf der Universität in der Forschung oder Lehre bleibt, immer nur befristete Verträge erhält. Damit wird nicht nur die Planungssicherheit für die Personen untergraben, sondern auch der Druck auf den Forschungsinhalt erhöht.

Zudem kommt, dass während der Pandemie kein Gedanke auf die Studierenden verschwendet wurde. Denn Tatsache ist: Auf uns Studierende wurde nicht nur vergessen, sondern auch ganz bewusst – ums sachte auszudrücken - gepfiffen. Und statt uns zu unterstützen, hat es fast so gewirkt, als hätte die Bundesregierung sich lieber Gedanken drum gemacht, wie wir noch mehr in die Bredouille getrieben werden können. Ohne mit der Wimper zu zucken oder den Anstand zu haben, sich wenigstens für ihre Dreistigkeit zu schämen, haben sie ein neues Universitätsgesetz durchgeboxt, dass Studierendenfeindlicher nicht sein könnte, und zeigt wie jede angebliche Reform nur zu einem noch exklusiveren Hochschulzugang führt. Aber auch schon vor der UG-Novelle und schon vor Corona haben wir Studierende zu spüren bekommen, dass jeglicher Sozialabbau die Studierenden mindestens genauso trifft wie alle anderen.

Ein berühmtes Beispiel dafür ist etwa die 2016 abgeschaffte Wohnbeihilfe, durch welche tausende Studierende einen wichtigen Zuschuss für ihr Einkommen verloren haben. Gründe dafür sind etwa, dass Familien und Studienbehilife in die Berechnung mitgenommen werden, ob man Beihilfe bekommt oder nicht – auch wenn man in einer WG lebt, kann es sein, dass man keinen Zuschuss bekommt, weil man etwa mit einer Person zusammenwohnt die gut verdienende Eltern hat. Das alles führt dazu, dass kaum noch Studierende dieses dringend nötige Einkommen bekommen. Und das in einer Zeit wie jetzt, in der so viele ihren Nebenjob verloren haben. Es ist also umso spürbarer, wie sehr die Lebenssituation im Generellen auch Einfluss auf das Studieren hat. Denn die von Faßmann und Konsorten gewünschte Leistung ist schwer zu erbringen, wenn man mit der Miete im Rückstand ist, wenn man nicht weiß, wie man das Geld für den neuen Laptop fürs Distance Learning aufbringen oder auch nur noch einen weiteren Tag unter dem enormen Leistungsdruck, dem wir Studierenden ausgesetzt sind überstehen soll.

Aber liebe Leute, ich bin nicht da um euch zu sagen, was alles schief läuft auf der Uni (auch wenn mir immer ein gewisser Pessimismus nachgesagt wird). Das wissen die anwesenden Studierenden gut genug selbst und die die nicht studieren, können sich es jetzt spätestens vorstellen, weil man sieht: Die Probleme sind im Grunde so gut wie dieselben!

Ich bin also auch nicht hier, um wie bei einer Beerdigung einer für alle zugänglichen Uni nachzuweinen – ich bin da um sie mit euch gemeinsam heute am Tag der Arbeit einzufordern! Klassenbewusste Hochschulpolitik heißt, nicht nur da zu sitzen und Däumchen zu drehen und zu hoffen, dass alles besser wird, wenn man nur lieb genug fragt, wie es aktuell etwa in der österreichischen Hochschulgremien abläuft – Stichwort Topticket. Klassenbewusste Hochschulpolitik heißt vor allem auf der Straße für die Dinge einzutreten, die es braucht, um Bildung für alle zugänglich zu machen, die sie haben wollen. Klassenbewusste Hochschulpolitik, das heißt solidarisch miteinander für die Dinge zu kämpfen, die uns alle was angehen. Am ersten Mai und auch an allen anderen Tagen.

Wenn wir von internationaler Solidarität sprechen, dann heißt das zum Beispiel für die Unis einen freien Hochschulzugang auch für Studierende aus Drittstaaten, die aktuell die doppelten Studiengebühren zahlen müssen. Solidarität heißt aber auch, dass man sich gegen die neoliberale Vereinzelungstaktik stellt, in dem man sich organisiert – ganz gleich obs auf der Uni ist, bei der man sich klar gegen die Ellbogentaktik und damit auch gegen Zugangsbeschränkungen ausspricht, oder im alltäglichen Leben, in der man sich nicht als Klasse separieren lässt und sich in Nebengegensätzen verrennt. Wir sind viele und damit nicht zugenüge getan, wir sind vorallem mehr als jene die uns ausbeuten wollen.

In diesem Sinne noch einmal das Wort, dass ich heut schon viel zu oft gesagt hab:

Hoch die internationale Solidarität. Hoch der 1.Mai!

6. Mai 2021