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ÖGB am Scheideweg

Steirische KPÖ zu den Folgen der BAWAG-Krise

ÖGB am Scheideweg: Die Folgen der BAWAG-Krise

I
Am Vormittag des 1. Mai hat ÖGB-Präsident Hundstorfer auf der Tribüne noch starke Worte gefunden, am Abend des selben Tages hat er dann im Bundeskanzleramt der Offenlegung des ÖGB-Streikfonds gegenüber der Nationalbank zugestimmt. Das zeigt, wie schwer der Schaden ist, den der Bawag-Skandal der österreichischen Gewerkschaftsbewegung zugefügt hat. Es geht so weit, dass man nicht einmal mehr von einer Autonomie des ÖGB gegenüber dem Staat reden kann.
Man hat gemacht, was man auf keinen Fall machen soll, und letzten Endes in der Karibik eine wichtige Errungenschaft der Gewerkschaftsbewegung, ihre Autonomie gegenüber Staat und Kapital verspielt. Der bevorstehende Verkauf der ÖGB-Bank an das Ausland, der milliardenteure BAWAG-Vergleich und vor allem die Enthüllungen über riesige Privilegien von Bank-Managern und von Spitzenfunktionären der Gewerkschaft zeigen, wie weit man gesunken ist.
In einer Zeit des Sozialabbaus und des Angriffs auf elementare Rechte der unselbständig Beschäftigten sollten sich alle Kräfte der Arbeiterbewegung darauf besinnen, für wen sie eigentlich da sind. Das sind auf keinen Fall die Abkassierer, die ganz oben zu finden sind.
In der Welt des Finanzkapitals geht es zu wie im Kasino. Man spielt Hasard – und zwar um Milliardenbeträge. Zahlen müssen aber meist nicht die Manager und die Spitzenpolitiker. Für die Kosten von Pleiten oder von riskanten Geschäften soll die Allgemeinheit aufkommen.

II
Die steirische KPÖ ist ein Teil der ArbeiterInnenbewegung in unserem Land.
KommunistInnen hatten und haben als Betriebsräte, AK-Räte und Gewerkschaftsfunktionäre einen großen Anteil an der Vertretung der Interessen der unselbständig Beschäftigten.
Deshalb lassen uns der Bawag-Skandal und die Krise des ÖGB, deren Ausgang noch nicht abzusehen ist, nicht kalt.

Die Krise des ÖGB setzt die Forderung nach einer Demokratisierung der Gewerkschaftsbewegung in unserem Land auf die Tagesordnung.
Nach Auffassung der steirischen KPÖ steht die Gewerkschaftsbewegung in Österreich jetzt an einem Scheideweg. Will sie weiter Teil eines Machtsystems sein oder setzt sie sich ernsthaft für die Interessen der arbeitenden Menschen ein? Ohne Demokratisierung und ohne einen ernsthaften Reinigungsprozess ist eine Wende zum Besseren nicht zu erreichen.
Wir treten für eine grundlegende Veränderung der Gewerkschaftspolitik mit dem Ziel einer klaren und konsequenten Interessenvertretung im Sinne der arbeitenden Menschen ein. Dabei ist die Emanzipierung der Gewerkschaftsbewegung von Regierungen und Parteien der erste unumgängliche Schritt.

III

Betriebsräte und Personalvertreter der KPÖ und des GLB sind die Stimme aus den Betrieben. Sie garantieren dafür, dass sie sich auf allen Ebenen nur von den Interessen und Forderungen der arbeitenden Menschen leiten lassen.
Wir sagen: Lohnverzicht bringt keine Arbeitsplätze, Privatisierung öffentlichen Eigentums macht die Versorgung schlechter und teurer, Geschenke für die Großkonzerne machen das Kapital nur noch gieriger.
Wir sagen ganz offen: Wer etwas für die große Mehrheit der Bevölkerung erreichen will, der muss der winzigen Minderheit der Reichen und Superreichen etwas wegnehmen und die Macht des Kapitals zurückdrängen. Deshalb verlangen wir eine Umverteilung des gesellschaftlichen Reichtums von oben nach unten.

Peter Scherz, AK-Rat, Arbeiterbetriebsrat
Christian Sikora, Personalvertreter, Justizanstalt Graz-Karlau
Franz Stephan Parteder, steirischer KPÖ-Vorsitzender

9. Juni 2006