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Mieter zahlen drauf!

Die teuren Folgen der Privatisierung der BUWOG.

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Eine Freude für die Aktionäre von Vonovia. Für die Mieter bedeutet dies hingegen steigende Mieten. Pia Schmikl

Einiges hat sich geändert, seit die Republik Österreich im Jahr 2004 unter Finanzminister Karl-Heinz Grasser die rund 62.000 Bundeswohnungen billig am privaten Immobilienmarkt verkauft hat (siehe unten). Doch seit 2017 der größte deutsche Immobilienkonzern Vonovia mit Sitz in Bochum die BUWOG geschluckt hat, droht ernsthaft Ungemach. Denn Vonovia ist ein Konzern, der laut deutschen Medien riesige Gewinne macht, indem er den MieterInnen ganz ordentlich in die Taschen greift.

Rund 400.000 Wohnungen umfasst das Portfolio der Vonovia derzeit. Das Unternehmen, das 2017 3,6 Mrd. Euro Jahresumsatz und mit mehr als 2,4 Milliarden um 110 Millionen mehr Gewinn als 2016 gemacht hat, hat laut Berichten in deutschen Medien (Der Spiegel, NDR, Junge Welt und andere…) ein lukratives Geschäftsmodell entwickelt. Teure Modernisierungen und fehlerhafte Betriebskostenabrechnungen bilden die Säulen der perfiden Geschäftsmethoden.

Winterdienst um 1900 Prozent teurer

Dafür gründet Vonovia Tochterfirmen, die von der Vonovia selbst mit Modernisierungen sowie der Erledigung von Dienstleistungen beauftragt werden, welche vormals von externen Firmen erledigt wurden (Winterdienst, Hausmeistertätigkeiten, Gartenpflege, Handwerksarbeiten). Man möchte meinen, dass dadurch die Kosten für die Mieter sinken würden. Stattdessen aber steigen sie zum Teil exorbitant, wie Spiegel Online im November letzten Jahres deutschlandweit recherchiert hat. Dort werden beispielhaft aufgezählt: Verdreifachung der Kosten für den Winterdienst in einer Wohnanlage in München, Steigerung der Kosten für die Pflege der Außenanlagen in einer Dresdner Wohnanlage um 70 %, Teuerung beim Winterdienst um 1900 % nebst Erhöhung der Kosten für den Hauswart um 135 % in einer Hamburger Wohnanlage, um 164 % höhere Müllgebühren und 60 % höhere Wassergebühren sowie eine Steigerung bei den Beleuchtungskosten um 223 % in einem Fall in Magdeburg usw.

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Das protzige Hauptquartier von Vonovia. Der Konzern besitzt knapp 400.000 Wohnungen. Die Mieteinnahmen wuchsen im ersten Halbjahr um 14 Prozent.

350 Tochtergesellschaften

Warum das so ist? Vonovia stellt sich die Leistungen der Tochterfirmen selbst in Rechnung und reicht die Kosten an die MieterInnen weiter. Die Gewinne der Tochtergesellschaften fließen dann an den Mutterkonzern zurück. Lt. Spiegel ist es mittlerweile ein Geflecht aus 350 Tochterunternehmen, das die Abzocke im großen Stil befeuert. Und die Geschäftsfelder werden immer mehr ausgeweitet: Neben der Verrechnung von klassischen Hausverwaltungsaufgaben, wie Winterdienst, Gartenpflege und Hausmeistertätigkeiten kassiert Vonovia mittlerweile auch für TV und Internet, Verbrauchserfassung bei Heizung und Warmwasser usw. in den konzerneigenen Anlagen. Geplant sind lt. Geschäftsbericht 2017 außerdem ein Vorstoß in die Bereiche dezentrale Energieversorgung sowie Home-Automation.

Fehlerhafte Abrechnungen

Hinzu kommen fehlerhafte Betriebskostenabrechnungen: So werden beispielsweise Kosten für Aufzugwartung berechnet, auch wenn es in der Anlage gar keinen Aufzug gibt, es kommt zu Doppelbuchungen, Leistungsnachweise können nicht erbracht werden und dgl. Auf Reklamationen wird nur sehr zögerlich reagiert. Recht bekommt, wer hartnäckig bleibt bis hin zur Klagsdrohung bzw. Rechtsstreitigkeiten vor Gericht, die in der Regel mit einem Vergleich enden.

Die Erfahrungen einer ehemaligen Grazer BUWOG-Mieterin nach ihrem Auszug aus der Mietwohnung könnten einen Vorgeschmack geben auf das, was auch den österreichischen Vonovia-„Neukunden“ blüht: Im Juni war sie ausgezogen, monatelang wartete sie auf die Rückzahlung ihrer Kaution. Ein per Mail zugesicherter Auszahlungstermin wurde nicht eingehalten, ein weiterer, telefonischer, ebenfalls nicht. Nach mehreren vergeblichen Telefonaten, zuletzt mit Deutschland, die kein Ergebnis brachten, ging sie zu Gericht und erstattete am 8. 10. Betrugsanzeige. Erst dann reagierte die BUWOG und zahlte die Kaution am 7. November – fünf Monate nach der ordnungsgemäßen Rückstellung der Wohnung – aus.

Chronologie eines Ausverkaufs

  • 2004 wurden 62.000 BUWOG - Wohnungen der Republik Österreich gemeinsam mit 5,1 Mio. Quadratmetern unbebauter Grundstücke, 400 Gewerbeimmobilien und 23.000 Parkplätzen privatisiert. Sie gingen zum Schnäppchenpreis an die Immofinanz, die mit 961 Millionen Euro gerade eine Million mehr bot als ihr Konkurrent CA Immo. Der als Finanzminister damals verantwortliche Karl-Heinz Grasser wollte von der Weitergabe von Insider-Informationen durch seine Freunde – Ex-FPÖ-Generalsekretär Meischberger war Grassers Trauzeuge, Peter Hochegger Grassers enger Berater – nie etwas gewusst haben.
  • 2009 wurden bei Razzien bei der Immofinanz Nachweise für Zahlungen von 9,6 Mill. Euro an Peter Hochegger gefunden, die als Erfolgshonorar bei der Buwog-Privatisierung geflossen sein sollen.
  • 2014 wurde die BUWOG von der Immofinanz abgespalten und an die Börse gebracht.
  • 2017 erfolgte der Verkauf um 5,2 Mrd. Euro an den Deutschen Immobilienkonzern Vonovia. Seit der Privatisierung durch die schwarz-blaue Bundesregierung 2004 hat sich der Preis für die BUWOG-Immobilien mehr als verfünffacht! Erst Ende 2017 begann der Korruptionsprozess gegen Grasser und 14 Mitangeklagte.

14. August 2019