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„Menschenwürdige Pflege ist ein Menschenrecht“

Redebeitrag von KPÖ-LAbg. Renate Pacher zur Pflegedebatte in der heutigen Sitzung des Landtags Steiermark

überarbeitetes Portrait, geeignet für quadratische bzw. teaser-screen Ausgabe

Menschenwürdige Pflege ist ein Menschenrecht. Deshalb hat sich die KPÖ schon seit längerer Zeit mit diesem Thema beschäftigt und ihre Vorschläge auch in einer Broschüre zusammengefasst. Im Landtag wurden zahlreiche Initiativen gestartet.

In unserer Broschüre sind wir selbstverständlich auch auf den Bereich der extramuralen Pflege, der Pflege außerhalb von Pflegeheimen, eingegangen und haben unsere Vorstellungen dazu entwickelt.

Wir sind der Meinung, jeder Mensch sollte im Pflegefall die Möglichkeit haben, so lange wie möglich in seiner vertrauen Umgebung zu bleiben. „Mobil vor stationär“, so sollte der Grundsatz lauten. Das entspricht den Wünschen der meisten pflegebedürftigen Menschen und erhöht die Chancen auf ein Altern in Würde und Selbstbestimmung.

Deshalb sind wir für den Ausbau der mobilen und ambulanten Dienste. Ganz wichtig ist aber, dass sich die Menschen diese Dienste auch leisten können. Eine soziale Staffelung der Tarife dieser Leistungen, abhängig vom Einkommen der pflegebedürftigen Person, ist unabdingbar. Auch der Ausbau bestimmter Wohnformen wie das „betreute Wohnen“ oder SeniorInnenwohngemeinschaften müssen stärker gefördert werden.

Nach Schätzungen von ExpertInnen könnten durch den Ausbau der extramuralen Einrichtungen bis zu 70 Prozent der Menschen, die jetzt in einem Heim untergebracht sind, weiterhin zu Hause leben. Das würde auch eine enorme Kosteneinsparung bedeuten. Damit in dieser Sache etwas weitergeht, ist die KPÖ für die Verankerung eines individuellen Rechtsanspruches auf die sozialen Dienste Alten-, Familien- und Heimhilfe im Steiermärkischen Sozialhilfegesetz und eine Ergänzung des Sozialhilfegesetzes um flexible Wohnformen für alten Menschen.

Die Frage der Pflege außerhalb von Heim ist aber nur eine Facette der Pflegeproblematik. Es geht auch um die Qualität der Pflege, es geht um die Situation der Beschäftigten, es geht um die Finanzierung der Pflege und geht darum, wer in Zukunft Pflegeleistungen anbieten darf. Und es geht darum, ob es die Verantwortlichen weiter zulassen, dass die Pflege hilfsbedürftiger Menschen für gewinnorientierte Privatunternehmen weiterhin ein großes Geschäft ist.

Zu all diesen Fragen hat die KPÖ bereits Anträge eingebracht, und einige davon sind auch angenommen worden. Es geht nun darum diese Anträge mit Leben zu erfüllen. Beschlossen wurde z.B. unser Antrag, dass die Kontrolle in den Heimen mindestens einmal im Quartal eines Jahres, davon mindesten einmal in der Nacht und einmal am Wochenende stattfinden muss. Beschlossen wurde auch unser Antrag, dass die Landesregierung dafür Sorge tragen soll, dass die Entlohnung des Pflegepersonals zumindest dem BAGS-Kollektivertrag entspricht.

Auf den wichtigsten KPÖ-Antrag, den der Landtag angenommen hat, will ich zum Schluss eingehen. Der heutige zur Debatte stehende Antrag der Grünen hat den Titel „ Zukunft der Pflege in der Steiermark“. Wir sind der Meinung, entscheidend für die Zukunft der Pflege in der Steiermark ist auch die Frage, wer die Pflegeleistungen anbieten wird.

Es geht darum, ob die Pflege, wie es bis jetzt in der Steiermark immer mehr der Fall ist, zum Markt – und damit zum Geschäft für gewinnorientierte, private Betreiber – wird, oder ob die öffentliche Hand und gemeinnützige Organisationen die Pflegeleistungen anbieten. Wir sind der Meinung, privates Gewinnstreben hat in der Pflege nichts verloren. Es muss um die Interessen der pflegebedürftigen Menschen gehen und nicht uns Geschäft. Deshalb haben wir einen wichtigen Antrag gestellt, der ebenfalls beschlossen wurde. Beschlossen wurde, dass die Landesregierung ehest möglich ein Konzept vorlegen soll, mit dem Ziel, öffentliche Mittel für die Unterbringung in einer stationären Pflegeeinrichtung mittelfristig auf öffentliche und gemeinnützige Heimträger zu beschränken, um in Zukunft auszuschließen, dass öffentliche Gelder zur Subventionierung privater Gewinne verwendet werden.

Beschlossen wurde auch Kosten der stationären Pflege auf einen kostendeckenden Tagsatz zu beschränken und Gewinnmargen und Management-Entgelte zu streichen. Die Annahme dieses Antrags ist eine positive Kehrtwendung in der bisherigen steirischen Pflegepolitik. Denn leider gibt es in der Steiermark deutlich mehr private, gewinnorientierte Heime als in anderen Bundesländer. Und es werden immer mehr, was belegt, dass die Pflege offensichtlich ein gutes Geschäft ist. Diese Anträge wurden im November vorigen Jahres angenommen. Es geht nun darum, sie auch umzusetzen.

Zum Schluss möchte ich zur Finanzierung der Pflege kommen.
Es ist ganz klar qualitativ hoch stehende Pflege mit fairen Arbeitsbedingungen kostet Geld. Und das ist unserer Meinung nach auch völlig in Ordnung. Denn eine so reiche Gesellschaft wie die unsrige schuldet alten und hilfsbedürftigen Menschen die beste Pflege – und das darf auch etwas kosten.

Anstatt über die Unfinanzierbarkeit der Pflege zu jammern, wäre es hoch an der Zeit über die Abschöpfung und Besteuerung des enormen Vermögens und der Gewinne in Österreich zu beraten.
Geld ist genug vorhanden, es ist nur in den falschen Händen. Denn wenn eine Umverteilung des Reichtums endlich tatkräftig umgesetzt werden würde, dann ist die Finanzierung der Pflege kein Problem mehr.

20. April 2010