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Leoben: "Wir würden andere Schwerpunkte setzen"

Aus der Budgetrede von Stadtrat Werner Murgg im Gemeinderat

Stadtrat Murgg: „Wir würden andere Schwerpunkte setzen!“

Rede in der Budgetdebatte des Gemeinderates von Leoben

Die Rentnerin, die für die Tonne Kohle 60 Euro zusätzlich zahlt, trägt damit mehr zur Finanzierung der Kommunen bei, als Steuern aus Kapitalerträgen es tun. In dieser Ungerechtigkeit liegt es verborgen, dass den Gemeinden, ebenso wie den Ländern und der gesamten Republik das Geld ausgeht! Die Logik des nur ausgabenseitigen Sanierens muss durchbrochen werden. Die nötigen Finanzmittel müssen endlich auch über die Einnahmenseite frei gespielt werden. Denken wir laut über eine kommunale Wertschöpfungsabgabe nach, die endlich auch die öffentliche Hand an den Rationalisierungsgewinnen der Konzerne partizipieren ließe! Kämpfen wir für eine Nahverkehrsabgabe, die auch die Unternehmer bei der Finanzierung des öffentlichen Personennahverkehrs in die Pflicht nimmt. Die KPÖ wird im Landtag dafür eintreten. Ich habe vor zwei Jahren an dieser Stelle gesagt: "Seit Mitte der neunziger Jahre ist es zu einer Umorientierung bei den öffentlichen Aufgaben gekommen. Hier liegen die wahren Gründe der Ausgliederungen und Verkäufe von wirtschaftlichen Unternehmungen, die vorher im Aufgabenbereich der Gemeinden waren. Stichwort: Altenheim, Sparkasse, Museum oder die geplante Umstrukturierung der Stadtwerke und ihrer Verkehrsbetriebe." Hinzuzufügen wäre nun Zentralküche und bald wohl auch Hallen- und Freibad. Tätigkeiten, die zum gemeinnützigen Sektor gehören, erscheinen gemäß dieser Logik als im privatwirtschaftlichen Sinne defizitär.

Indexanpassung: Warum nicht für Sozialleistungen?

Natürlich gibt es unserer Meinung nach auch ein hausgemachtes Sündenregister. Im Kapitel 2 findet sich die gegen unseren Willen beschlossenen Erhöhung der Kindergartenbeiträge. Besonders die in Zukunft automatisch mögliche Anhebung der Beiträge auf Grund einer Indexsteigerung findet unsere Ablehnung. Ich frage: Wann beschließen wir endlich eine Indexanpassung des Heizkostenzuschusses, wann eine Indexanpassung der Zuschüsse zur Ferienaktion? In der Gruppe 4 vermindern sich die Ausgaben nicht unwesentlich. Das ist auf die von uns abgelehnte Schließung der Zentralküche und der Auslagerung von Essen auf Rädern zurückzuführen. 13 Dienstposten werden hier auf längere Sicht verloren gehen. Im übrigen beträgt der Anteil des Bereiches Soziale Wohlfahrt, den zu leisten wir nicht verpflichtet sind, wie die Zahlungen an den Sozialhilfeverband und den ISGS-Sprengel, lediglich 1,33 Prozent des Gesamtvoranschlages. Weniger als die Wirtschaftsförderung. Die macht 1,40 Prozent aus. Im Kapitel 8 fließt die von uns abgelehnte Erhöhung der Hauptmietzinse bei Neuvermietungen ein. Die Erhöhung wurde mit den zu geringen Rücklagen begründet. Schaut man sich die Finanzierung der Erhaltungsarbeiten an, zeigt sich, dass die Mietzinsreserve lediglich knapp mehr als 5 Prozent zur Finanzierung beiträgt. Auch durch die neuen Mieten wird sich daran wenig ändern. Mieter mit kleineren Einkommen werden dadurch jedoch unnotwendig belastet. im übrigen wäre es für die zweitgrößte Stadt der Steiermark höchst an der Zeit, endlich ein Objekt zur Verfügung zu stellen, in dem von einer Delogierung betroffene Mitbürgerinnen und Mitbürger vorübergehend untergebracht werden könnten.

Beim Risiko voll dabei

Für das Au-Projekt gilt was die KPÖ immer gesagt hat: Entscheidend für unsere Zustimmung ist, in welchem Maße die Stadtgemeinde von den zu erwarteten Einnahmen profitiert bzw. inwieweit sie die Mitbestimmung bei der Preisgestaltung behält. Das wird langfristig nur über eine wesentliche Beteiligung an der Betreibergesellschaft durchsetzbar sein! Dazu hat die SPÖ-Mehrheit noch keine Aussage getroffen. Obwohl auch für 2006 ein Betrag von 6,5 Millionen Euro für das Projekt vorgesehen ist. Die Errichtung des innerstädtischen EKZ wird den a.o. Haushalt in den kommenden Jahren mit 14,8 Millionen Euro belasten. Prinzipiell begrüßen wir die Idee, sich als Kommune daran zu beteiligen. Wir hätten uns allerdings ein langfristiges Investment gewünscht. Wie die Dinge stehen wird die Gemeinde nach 18, 20 Jahren von den Einnahmen nichts mehr haben. Beim Risiko sind wir voll dabei, wird es ein Renner werden wir ausgekauft!

Natürlich ist nicht alles schlecht in Leoben. Im Gegenteil: Unsere Kommune ist gut verwaltet, sie stellt im Vergleich zu anderen Städten prozentuell zur Einwohnerzahl mehr gemeindeeigenen Wohnraum als andere Städte zur Verfügung. Und das immer noch zu Preisen, die unter denen von Genossenschaften oder Privatvermietern liegen. Sie bietet ihrer Bevölkerung im wesentlichen gut funktionierende Dienstleistungen und ein reichhaltiges Angebot an Kultur-, Sport- und Freizeiteinrichtungen zu, im Vergleich zu anderen Gemeinden, konkurrenzfähigen Preisen. Deshalb lehnt die KPÖ den Voranschlag nicht ab! Wir lehnen ihn ab, weil die Rahmenbedingungen unter denen er erstellt wurde, nicht die unseren sind. Und wir würden innerhalb dieser Rahmenbedingungen andere Schwerpunkte setzen! Dabei lässt sich die KPÖ von folgender Vorstellung leiten: Eine Kommune hat in erster Linie die Aufgabe, ihrer Bevölkerung notwendige Dienstleistungen wie Wasser, Kanal, Müllabfuhr, Sport- und Freizeiteinrichtungen, öffentlichen Verkehr in guter Qualität zu moderaten Preisen anzubieten. Das kann niemals kostendeckend sein. Die Fehlbeträge sind aus Steuermitteln und aus Einnahmen solcher Sparten zu decken, in denen die Kommune unternehmerisch tätig wird, in Konkurrenz zu privaten Anbietern tritt und Profite macht. Beispielsweise im Wellnessbereich, im Immobiliensektor, mit einem Reisebüro, ja auch mit einer Bank.

Dem Voranschlag der Stadtwerke wird meine Fraktion wieder die Zustimmung geben. Trotz der Erhöhung der Wasserverbrauchsgebühren. Wir stimmen zu, weil wir uns zur Quersubvention der Verkehrsbetriebe durch die anderen Sparten bekennen. Das ist das Rückgrat dieser Wirtschaftspläne. Wir stimmen auch deshalb zu, weil die Ausweitung der Geschäftsfelder weiter in Angriff genommen wird. Mit dem Technikzentrum, mit der neuen Tankstelle, mit dem Versuchsprojekt Biogasanlage. Diese Beispiele sollten nicht die letzten gewesen sein!

Glück auf!

22. Dezember 2005