Landtagssitzung 19. September 2017

Verwaltungskosten Gesundheitsfonds

Befragung eines Mitgliedes der Landesregierung - LR Mag. Christopher Drexler (§ 69 GeoLT)

Der Verwaltungsaufwand des Gesundheitsfonds betrugen 2016 € 533.995,45.

In der Anfragebeantwortung führen Sie aus, dass in dieser Summe

  • Mietaufwendungen in Höhe von € 143.161,79,
  • Reinigungskosten in Höhe von € 18.519,00 und
  • Dienstreisen und Tagungsgebühren in Höhe von € 35.126,72

enthalten sind.
Unklar ist, wofür der Differenzbetrag von € 337.187,94 ausgegeben wurde.

Es wird daher folgende Frage gestellt:

Wie setzt sich der Verwaltungsaufwand des Gesundheitsfonds für 2016 in Höhe von € 533.995,45 konkret zusammen?

Engpass bei Geburtenstationen

Unselbstständiger Entschließungsantrag (§ 51 GeoLT) (Ablehnung durch SP, VP)

Im Sommer des heurigen Jahres musste an der Geburtenstation des LKH Graz mehrmals ein Aufnahmestopp verhängt werden. Das Haus war wieder einmal an seine Belastungsgrenze gestoßen. Die Rettungen wurden aufgefordert, in den Wehen liegende Frauen in andere Spitäler umzuleiten. Als Ausweichspitäler wurden Leoben, Feldbach und Deutschlandsberg genannt.

Als Grund für den Kapazitätsengpass wurden von Seiten der KAGes die steigenden Geburtenzahlen genannt. Allein die Stadt Graz verzeichnete 2015 ein Geburtenplus von 12,3 Prozent.
Parallel dazu wurden - entgegen dem Protest der Bevölkerung - bestehende Geburtenstationen in Voitsberg, Wagna und Bruck/Mur geschlossen.

Die MitarbeiterInnen der Geburtenstation am Grazer LKH arbeiten permanent am Limit. Die Situation ist, laut Medienberichten, extrem angespannt. Verantwortliche MedizinerInnen hatten schon in der Vergangenheit die Politik darauf aufmerksam gemacht, dass eine weitere Reduktion der Betten und Kapazitäten nicht möglich sei.
Nichtsdestotrotz sieht der neue Regionale Strukturplan Gesundheit 2025 eine weitere Bettenreduktion in der Geburtenstation am LKH Graz vor.

Es wird daher der Antrag gestellt: Der Landtag wolle beschließen:

Die Landesregierung wird aufgefordert,

  1. die Kapazitäten der Geburtenstation am LKH Graz zumindest im bestehenden Ausmaß zu erhalten,
  2. den RSG 025 entsprechend anzupassen und
  3. die Wiedererrichtung von Geburtenstationen in den Regionen zu prüfen.

Spitalsstruktur Liezen

Unselbstständiger Entschließungsantrag (§ 51 GeoLT) (Ablehnung durch SP, VP, Grüne)

Entsprechend den Plänen des Gesundheitslandesrates Drexler sollen die derzeit bestehenden Spitalstandorte Bad Aussee, Rottenmann und Schladming stillgelegt werden und stattdessen ein einziges Spital bei Trautenfels errichtet werden.

Die Spitäler in Bad Aussee und Schladming sind noch sehr neu, das LKH Rottenmann wurde in einzelnen Bereichen erst kürzlich saniert. Die Errichtung des neuen "Krankenhaus Ennstal" in Trautenfels soll mindestens 350 Millionen Euro kosten.

Die Schließung der Standorte würde lange Anfahrtswege für Bedienstete, PatientInnen und deren Angehörige verursachen und zu einer weiteren Ausdünnung der Region beitragen. Von den im Juni 2016 angekündigten 100 Primärversorgungszentren in der Steiermark, die die Versorgung der PatientInnen regional übernehmen sollten, sind zuletzt aufgrund des kürzlich im Nationalrat beschlossene Primärversorgungsgesetz gerade noch 11 Gesundheitszentren für das ganze Bundesland übrig geblieben.

Die Gesundheitsversorgung der Bevölkerung ist eine der wichtigsten Aufgaben des Landes und der Daseinsvorsorge.

Es wird daher der Antrag gestellt: Der Landtag wolle beschließen:

Die Landesregierung wird aufgefordert dafür Sorge zu tragen, dass die derzeit bestehende Spitalsstruktur im Bezirk Liezen erhalten bleibt.

Ausstieg Österreichs aus EURATOM

Unselbstständiger Entschließungsantrag (§ 51 GeoLT)

Der Vertrag zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft, EURATOM, ist einer der drei Gründungsverträge der heutigen Europäischen Union. Seit seinem Inkrafttreten 1958 hat er kaum Änderungen erfahren. Aufgrund seines Status als „lex specialis“ darf die weiterentwickelte EU-Umweltpolitik nicht regulierend in Fragen der Kernenergie eingreifen. Das europäische Parlament hat keine Mitentscheidungsmöglichkeit bei der Finanzierung von Atomkraftwerken durch die EURATOM-Milliardenkredite. Auch die inzwischen im EU-Recht etablierten Formen der europaweiten Bürgerbeteiligung gelten nicht für Akte im Rahmen des EURATOM-Vertrags. Er muss damit als ein Relikt aus der Frühphase der europäischen Politik betrachtet werden. Sowohl hinsichtlich der inhaltlichen Themensetzung als auch mit Blick auf Transparenz und Entscheidungsverfahren ist EURATOM nicht mehr zeitgemäß. Er war ein Ausdruck der allgemeinen Kernenergie-Euphorie der 1950er Jahre. Die Lehren aus Tschernobyl und Fukoshima finden sich darin nicht.

In der Präambel des EURATOM-Vertrages heißt es:

In dem Bewusstsein,
- dass die Kernenergie eine unentbehrliche Hilfsquelle für die Entwicklung und Belebung der Wirtschaft und für den friedlichen Fortschritt darstellt;
- entschlossen die Voraussetzungen für die Entwicklung einer mächtigen Kernenergie zu schaffen, welche die Energieerzeugung erweitert, die Technik modernisiert und auf zahlreichen anderen Gebieten zum Wohlstand ihrer Völker beiträgt; …
haben wir beschlossen, eine europäische Atomgemeinschaft (EURATOM) zu gründen.

In der EU nutzen 14 von 28 Staaten Kernenergie.
Insgesamt elf Mitgliedstaaten lehnen die Nutzung der Kernenergie ab und haben kein eigenes Nuklearprogramm. In Irland waren die Planungen für das Atomkraftwerk Carnsore Point 1970 schon recht weit fortgeschritten, nach massiven Protesten der Bevölkerung wurde es aber verworfen. 1978 hat Österreich beschlossen, das bereits erbaute Kernkraftwerk Zwentendorf nicht in Betrieb zu nehmen. Nach der Nuklearkatastrophe von Tschernobyl im April 1986 legte Italien nach einer Volksabstimmung seine vier Atomkraftwerke still; nach der Nuklearkatastrophe von Fukushima lehnten bei einer Volksabstimmung Mitte 2011 94,1 % der Abstimmenden den Wiedereinstieg ab.

Belgien, Deutschland und Spanien haben den Atomausstieg beschlossen, betreiben aber noch Kernkraftwerke. Deutschland hat bereits mehr als die Hälfte seiner 19 AKWs vom Netz genommen, die restlichen werden sukzessive bis 2022 abgeschaltet. Die Atomkraft wird durch den Ausbau erneuerbarer Energien (Windenergie, Wasserkraft, Sonnenenergie, Bioenergie) ersetzt. Wir haben alternative Technologien zur Atomkraft, die billiger und sicherer sind. Als „unentbehrlich“ kann die Atomkraft heute daher nicht mehr gelten.

Auch die Vorstellung, Kernkraft verspräche günstige Energie für alle, hat sich nicht bewahrheitet. Die EU-Kommission schätzt bis zum Jahr 2050 die nötigen Investitionen im Nuklearbereich auf mindestens 650 Milliarden Euro, davon 250 Milliarden allein für die Entsorgung von Altlasten und die Suche nach Endlagerstellen. Etwa 400 Milliarden werden für den Bau neuer AKWs veranschlagt. Ohne die finanzielle Förderung der Atomkraft durch EURATOM wäre die Kernkraft schon längst nicht mehr konkurrenzfähig.

Österreich ist - trotz seines Neins zur Nutzung der Atomenergie - Mitglied bei EURATOM und zahlt jährlich mehr als 40 Millionen Euro an Fördermittel für die europäische Atomenergie.

Mit dem Vertrag von Lissabon 2009 hat EURATOM seine Stellung als erste Säule der Gemeinschaft verloren. In den EU-Verträgen (EUV und AEUV) von 2009 wird EURATOM nicht mehr erwähnt. Aber EURATOM existiert nach wie vor als Rechtsperson des Völkerrechts, beruhend auf völkerrechtlichem Vertrag, und verpflichtet die unterzeichnenden Staaten, die Atomenergie zu fördern.

Österreich kann aus dem EURATOM-Vertrag aussteigen - ohne dass damit die Mitgliedschaft Österreichs in der Europäischen Union berührt wird. Drei Rechtsexperten (Univ.-Prof. Manfred Rotter/Linz, Univ.-Prof. Michael Geistlinger/Salzburg und Univ.-Prof. Bernhard Wegener/Erlangen-Nürnberg) haben in Gutachten unabhängig voneinander die völkerrechtliche Möglichkeit eines Austritts aus dem EURATOM-Vertrag bestätigt:

Da der EURATOM-Vertrag keine Kündigungsbestimmung enthält, sind die völkerrechtlichen Bestimmungen über die Beendigung völkerrechtlicher Verträge anwendbar, insbesondere die Wiener Vertragsrechtskonvention von 1969.
Ergänzend ist auch eine Kündigung gem. Art. 62 Abs. 1 WVK zulässig („Wegfall der Geschäftsgrundlage“). Die Umstände, unter denen der EURATOM-Vertrag geschlossen wurde, sind nämlich heute grundlegend geändert und die mit dem Vertragsschluss verbundenen Erwartungen nicht mehr erfüllbar, was ebenfalls einen Kündigungsgrund darstellt.
Die Einbettung der Europäischen Atomgemeinschaft in die EU ist dabei kein Hindernis, da er rechtlich selbständig ist und eine eigene Gemeinschaft mit eigener Rechtspersönlichkeit geschaffen hat. Auch folgt aus dem Beitritt zur EU im Falle Österreichs (im Gegensatz etwa zu Gründungsstaaten der Europäischen Atomgemeinschaft) nicht die Unmöglichkeit der Kündigung eines Gemeinschaftsvertrages.

Jahrelange Versuche, eine umfassende Reform des EURATOM-Vertrages einzuleiten, scheiterten am Einstimmigkeitsprinzip. Eine Änderung der Situation ist weder kurz- noch mittelfristig in Aussicht, zu verschieden sind die Auffassungen der Mitgliedsstaaten, vor allem der einflussreichsten Staaten Frankreich und Deutschland.

Es wird daher der Antrag gestellt: Der Landtag wolle beschließen:

  1. Der Landtag Steiermark spricht sich für den Ausstieg Österreichs aus dem EURATOM-Vertrag aus.
  2. Die Steiermärkische Landesregierung wird ersucht, die Bundesregierung aufzufordern, im Sinne einer aktiven Anti-Atompolitik den Austritt Österreichs aus EURATOM konsequent zu betreiben.

Veröffentlicht: 19. September 2017

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