Landtagssitzung 10. Oktober 2017

Kindergartenalarm: PädagogInnen immer mehr unter Druck! Wann gibt es endlich Lösungen?

Aktuelle Stunde (§ 71 GeoLT)

Erhaltung einer lebenswerten Grazer Innenstadt

Dringliche Anfrage (§ 68 GeoLT)

Die Grazer ÖVP/FPÖ-Stadtkoalition plant, ein sogenanntes „Smart Urban Park Systems“ (SUP) mitten in der zentralen Innenstadt von Graz zu errichten. Am Opernring, direkt unter dem Brunnen am Eisernen Tor und gegenüber auf der anderen Straßenseite, sollen Tiefgaragen bis in 40 Meter Tiefe gebaut werden, bei einem Durchmesser von 36 bis 38 Metern. Die Fahrzeuge sollen von vier Autoliften in die Tiefe gebracht und automatisiert geparkt werden. Die Planungen sollen 2018 abgeschlossen, die erste Garage dann bereits 2019 fertiggestellt sein und 300 Autos Platz bieten, erklärte Bürgermeister Nagl. Insgesamt sollen an diesem Standort mindestens 570 zusätzliche Parkplätze für den motorisierten Individualverkehr (MIV) entstehen.

Zumindest die Garage unter dem Brunnen sei bereits durch private InvestorInnen finanziert, verkündeten Bürgermeister Nagl und Vizebürgermeister Eustacchio am 25.8.2017 gegenüber MedienvertreterInnen. Die Namen dieser InvestorInnen werden derzeit noch geheim gehalten. Der Bürgermeister hat aber bereits verlautbart, dass die Stadt für das Projekt öffentliches Gut zur Verfügung stellen müsse.

Die Belastung durch Stickstoffdioxid (NO2) zählt neben Feinstaub (PM 10) zu den hauptsächlichen lufthygienischen Problemen in der Steiermark und insbesondere im Großraum Graz. Immer wieder wurden Überschreitungen von Grenzwerten nach dem Immissionsschutzgesetz Luft (IG-L) in den vergangenen Jahren für diese Schadstoffe registriert. Die Luftgüte in Graz ist besonders in den Wintermonaten extrem schlecht. Die Menschen in Graz leiden unter der hohen Feinstaub- und Stickstoffoxid- Belastung.

Stickstoffoxide haben unumstritten einen eindeutigen Hauptverursacher: den Kfz-Verkehr. Stickstoffdioxid kann zu Erkrankungen der Atemwege sowie zu Lungenschäden und Herz-Kreislauferkrankungen führen. Besonders für ältere Menschen und für Kinder sind Stickstoffdioxide schädlich. Kinder befinden sich im Wachstum, Schadstoffe können die Entwicklung von Organen negativ beeinträchtigen.
Der Zielwert von 80 µg/m³ als Tagesmittelwert wurde im heurigen Jahr in Graz bereits im Jänner mehrmals überschritten.

Feinstaub zählt zu den gefährlichsten Luftschadstoffen für die Gesundheit; bisher ist noch keine Konzentrationsgrenze festgestellt worden, unterhalb derer die Feinstaubbelastung keine gesundheitlichen Auswirkungen hätte. Besonders gefährdete Personengruppen sind Babys und Kleinkinder, ältere Menschen über 65 Jahre sowie Personen mit einer chronischen Atemwegs- oder Herz-Kreislauf-Erkrankung. Für das Jahr 2013 schätzte die Europäische Umweltagentur, dass in Österreich etwa 6960 vorzeitige Todesfälle auf Feinstaubbelastung zurückzuführen waren.
Die laut Immissionsschutzgesetz-Luft für Feinstaub zulässigen Überschreitungen des Grenzwerts von 50 µg/m³ (Tagesmittel) waren heuer in Graz schon im Februar erreicht. Und im August wurde auch die höhere Toleranzschwelle gemäß EU-Luftqualitätsrichtlinie (35 Überschreitungen) bereits überschritten.

Wegen der Überschreitungen der Grenzwerte betreffend die Luftqualität hat die Europäische Kommission ein Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet, da nicht genügend Maßnahmen gesetzt wurden, um die Einhaltung der Luftqualität in absehbarer Zeit einzuhalten.

Umweltbelastungen durch den motorisierten Verkehr finden in vielen Bereichen statt: Neben Luftschadstoffen und Lärm verursacht der MIV natürlich noch weitere Umweltbelastungen mit längerfristige Auswirkungen wie Flächenverbrauch, Zersiedelung und Trennwirkung durch neue Verkehrsanlagen sowie der Eintrag von Schadstoffen in Boden und Gewässer.

Nicht zuletzt behindern diese hohen Umweltbelastungen im Raum Graz mit ständigen Grenzwertüberschreitungen die wirtschaftliche Entwicklung der Region (z.B. Betriebsanlagen
genehmigungen in schadstoffbelasteten Gebieten) bzw. stellen sie im Standortwettbewerb einen Imageverlust und Wettbewerbsnachteil dar.

Alle Verkehrs- und Mobilitätskonzepte in jüngerer Zeit sind in Reaktion auf die ungezügelte Zunahme des motorisierten Individualverkehrs - und der damit verbundenen mannigfaltigen Probleme – entstanden. Derzeit wird der stadtgrenzenüberschreitende Verkehr zu 84 Prozent mit dem Auto zurückgelegt – Tendenz immer noch steigend. Die langjährige Beobachtung zeigt jährliche Zuwachsraten von rund 2,7 %. Dabei haben die Steigerungen großteils im MIV stattgefunden. Der Binnenverkehr der Grazer Wohnbevölkerung steigt jährlich um etwa 1 Prozent. Wird diesem Trend nicht Einhalt geboten, steigt die Belastung besonders im Stadtzentrum und an den Einfahrtsstraßen und Hauptverkehrsrouten der Stadt um 30 Prozent bis 2021.

In der Verkehrspolitischen Leitlinie 2020 der Stadt Graz heißt es daher: „Mobilität im urbanen Raum bedeutet Vorrang für die Sanfte Mobilität. Die Trendentwicklung einer weiteren Zunahme des Kfz-Verkehrs mit seinen negativen Auswirkungen auf das städtische Umfeld soll zu Gunsten der umweltfreundlichen Verkehrsformen verändert werden. … Den Verkehrsarten des Umweltverbundes als nachhaltige Verkehrsformen ist langfristig konsequent Priorität gegenüber dem motorisierten Individualverkehr einzuräumen.“.

Das Regionale Verkehrskonzept Graz - Graz Umgebung (RVK G-GU) formuliert als Ziel der Verkehrspolitik, die Verkehrsmittelwahl weg vom MIV hin in Richtung Umweltverbund (Fuß, Rad, ÖV) zu beeinflussen. Im Grazer Binnenverkehr muss der ÖV-Anteil von 20 auf 25 % (Steigerung um ¼) anwachsen, im stadtgrenzüberschreitenden Verkehr muss eine Verdoppelung sowie im Binnenverkehr Graz-Umgebung fast eine Vervierfachung des öffentlichen Verkehrs erreicht werden. Neue Parkgelegenheiten für den MIV sollen daher als Sammelparkplätze an den Autobahnanschluss-
stellen und an den Anschlussstellen des ÖV außerhalb der Zentren entstehen. Insbesondere die Landespolitik und die Kommunen müssten sich ihrer Verantwortung bewusst sein. Als wesentlich für die Bewusstseinsbildung wird besonders die Beispielwirkung von Meinungsbildnern, vor allem von PolitikerInnen, gesehen.

Das Steirische Gesamtverkehrsprogramm (GVP), das 2008 mit Landtagsbeschluss Nr. 968 zur Kenntnis genommen wurde, hat als Grundsatz „bewusst behutsam bewegen“. Fuß- und Radverkehr sowie ÖV müssen laut dem GVK unbedingt Priorität vor dem motorisierten Individualverkehr haben. Der MIV muss sich auf die Zubringerfunktion zu den öffentlichen Verkehrsmitteln beschränken. Parkmöglichkeiten seien daher dezentral, vor allem an Eisenbahnen und starken Busachsen, und nicht im Zentrum zu schaffen.

Es wird daher folgende Dringliche Anfrage gestellt:

  1. Wie ist die Schaffung eines sogenannten „Smart Urban Park Systems“ (SUP) mitten in der zentralen Innenstadt von Graz zu beurteilen in Bezug auf die Ziele des steirischen Gesamtverkehrsprogramms (GVP) bzw. des Regionalverkehrskonzepts Graz – Graz-Umgebung (RVK G-GU) ?
  2. Ist die Schaffung einer großen Anzahl an zusätzlichen Kfz-Stellplätzen im innersten städtischen Zentrum von Graz zu vereinbaren mit der Erreichung des in GVP und RVK G-GU formulierten Ziels, Parkmöglichkeiten nicht im Zentrum, sondern dezentral zu errichten (vor allem an Autobahnanschlussstellen, Eisenbahnen und starken Busachsen)?
  3. Ist die Schaffung einer großen Anzahl an zusätzlichen Pkw-Stellplätzen mitten in der zentralen Innenstadt von Graz sinnvoll und förderlich zur Erreichung des in GVP und RVK G-GU formulierten Ziels, den motorisierten Individualverkehr zu reduzieren?
  4. Ist von Seiten des Verkehrsressorts des Landes geplant, von den bisherigen Grundsätzen der Verkehrspolitik (Umweltverbund vor motorisiertem Individualverkehr, Vorrang für sanfte Mobilität, dezentrale Parkmöglichkeiten für den MIV) abzugehen?

 

Bekenntnis des Landtags zur sanften Mobilität

Unselbstständiger Entschließungsantrag (§ 51 GeoLT) (Ablehnung durch SP, VP, FP)

Die Schaffung von zusätzlichen Pkw-Stellplätzen in der Innenstadt steht den verkehrspolitischen Zielen von Stadt Graz und Land Steiermark entgegen, den motorisierten Individualverkehr zu reduzieren, und würde die Verkehrssituation – und in Folge auch die Schadstoffsituation - im Zentrum von Graz verschärfen. Schließlich beeinflusst die Verfügbarkeit eines Kfz-Stellplatzes wesentlich die Verkehrsmittelwahl. Entsprechend den Verkehrskonzepten sollen neue Garagenangebote nur in dicht besiedelten Wohngebieten als Anrainer-Sammelgarage (außerhalb des Zentrums) zum Einsatz kommen. Eine – noch dazu zielgerichtet als Tourismusattraktion gestaltete – Innenstadtgarage mit hunderten Stellplätzen würde zusätzliche AutofahrerInnen über den tatsächlichen Bedarf hinaus ins Zentrum von Graz locken.

Alle Verkehrs- und Mobilitätskonzepte in jüngerer Zeit sind in Reaktion auf die ungezügelte Zunahme des motorisierten Individualverkehrs - und der damit verbundenen mannigfaltigen Probleme – entstanden. Das Regionale Verkehrskonzept Graz - Graz Umgebung (RVK G-GU) formuliert als Ziel der Verkehrspolitik, die Verkehrsmittelwahl weg vom Kfz-Verkehr hin in Richtung Umweltverbund (Fuß, Rad, ÖV) zu beeinflussen. Neue Parkgelegenheiten für den MIV sollen daher als Sammelparkplätze an den Autobahnanschlussstellen und an den Anschlussstellen des ÖV außerhalb der Zentren entstehen. Das RVK G-GU wurde dem Landtag im Juli 2010 zur Kenntnis gebracht.

Das Steirische Gesamtverkehrsprogramm (GVP), das 2008 mit Landtagsbeschluss Nr. 968 zur Kenntnis genommen wurde, hat als Grundsatz „bewusst behutsam bewegen“. Fuß- und Radverkehr sowie ÖV müssen laut dem GVP unbedingt Priorität vor dem motorisierten Individualverkehr haben. Der MIV muss sich auf die Zubringerfunktion zu den öffentlichen Verkehrsmitteln beschränken. Parkmöglichkeiten seien daher dezentral, vor allem an Eisenbahnen und starken Busachsen, und nicht im Zentrum zu schaffen.

Diese Verkehrsprogramme weisen den richtigen Weg, müssen aber mit Leben erfüllt werden. Verkehrspolitische Entscheidungen auf Landes- und kommunaler Ebene müssen sich auch tatsächlich an diesen Verkehrsprogrammen orientieren. Diesen Zielen widersprechende Projekte, wie etwa die Errichtung von neuen, den Autoverkehr direkt ins Zentrum lotsende, Innenstadtgaragen in Graz, sind abzulehnen. Es ist daher wichtig, dass der Landtag Steiermark ein Zeichen setzt und sich zur Sanften Mobilität und damit zu den beschlossenen Verkehrskonzepten des Landes und der Stadt Graz bekennt.

Es wird daher der Antrag gestellt: Der Landtag wolle beschließen:

Der Landtag bekennt sich zu den verkehrspolitischen Zielen des Gesamtverkehrsplanes Steiermark und des Regionalverkehrskonzeptes Graz - Graz Umgebung und damit zur Priorisierung des Umweltverbundes (Fuß-, Rad-, öffentlicher Verkehr) vor dem motorisierten Individualverkehr, womit die Errichtung von Innenstadt-Tiefgaragen am Eisernen Tor in Graz unvereinbar ist.

Einführung eines autofreien Tages in Graz

Unselbstständiger Entschließungsantrag (§ 51 GeoLT) (Ablehnung durch SP, VP, FP)

Graz hat als Feinstaub-Hauptstadt zweifelhaften Ruf erlangt. Im heurigen Jahr ist hier bereits im Sommer die erlaubte Zahl an Feinstaubtagen erreicht worden. Aber auch andere Luftschadstoffe, vor allem Stickstoffdioxide, gefährden die Gesundheit der Grazerinnen und Grazer.

Ursache für diese Luftschadstoffe ist erwiesenermaßen zu einem guten Teil der Autoverkehr: durch Abgase, durch den Abrieb von Bremsen und Reifen, durch die Aufwirbelung entlang der Straßen.

Die Verringerung des Autoverkehrs in den Städten ist daher das Ziel aller Verkehrskonzepte in der Steiermark. ExpertInnen haben mannigfaltige Vorschläge zur Erreichung dieses Ziels und zur Verbesserung der Luftqualität eingebracht. Leider fehlt es häufig am politischen Willen zur Umsetzung. Besonders bedenklich ist es, wenn sogar krass gegen die Ziele der Verkehrskonzepte gerichtete Maßnahmen von politischen Verantwortungsträgern zur Umsetzung gebracht werden.

Nicht zuletzt ist zu beachten, dass die Europäische Kommission bereits Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet hat, weil in der Steiermark nicht genügend Maßnahmen gegen die Überschreitungen der Grenzwerte betreffend die Luftqualität gesetzt wurden.

Eine immer wieder geforderte Maßnahme zur Reduzierung des Kfz-Verkehrs in Graz wäre die Vorschreibung eines autofreien Tags pro Woche im Winterhalbjahr. Verschiedene Varianten wurden bereits 2014 von ExpertInnen des Landes im Maßnahmenkatalog Luftreinhalteprogramm Steiermark vorgeschlagen. So könnte über die Kennzeichenziffern jeweils ein Wochentag als autofrei zugewiesen werden, oder auch ein Wochentag mittels Aufkleber am Auto individuell wählbar sein.

Die Stadt Graz kann im Alleingang keinen autofreien Tag einführen, sondern benötigt als Grundlage eine Verordnung des Landes Steiermark.

Es wird daher der Antrag gestellt: Der Landtag wolle beschließen:

Die Landesregierung wird aufgefordert, die nötigen rechtlichen Rahmenbedingungen zu schaffen, damit in Graz in den Wintermonaten ein autofreier Tag pro Auto und Woche angeordnet werden kann.

10. Oktober 2017