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Für kostenlosen öffentlichen Verkehr

Studie des Wirtschaftsministeriums gibt KPÖ recht - Rede von LAbg. Pacher

Ich möchte die heutige Sitzung des Landtages und die damit verbundene Verkehrsdebatte nutzen, um für eine hochinteressante Idee zu werben: den kostenlosen öffentlichen Verkehr. In einer vom Wirtschaftsministerium in Auftrag gegeben Studie kommt der Geschäftsführer der E-Control, Walter Boltz, zum Schluss: Der öffentliche Verkehr sollte für jeden kostenlos sein, nur so können die Klima- und die Energiekrise wirksam bekämpft werden.

Die Linzer Werkstatt für Frieden und Solidarität hat diese Idee aufgegriffen und durchgerechnet: Der öffentliche Verkehr wird ohnehin zum größten Teil von der öffentlichen Hand finanziert. Verzichtet man nun auf die Einnahmen von den Fahrgästen von Bus und Bahn, so würde das einen Finanzierungsbedarf von ca. 1,32 Milliarden Euro bedeuten. Statt Fahrpreise einzubeben, könnte dafür eine Mobilitätsabgabe eingeführt werden. Ein Prozent der Bruttowertschöpfung, also ein Prozent der Löhne und Gehälter der selbständigen Einkommen und der Bruttobetriebsüberschüsse würde für das Jahr 2008 gerechnet Einnahmen von 2,8 Milliarden Euro bedeuten.

Mit der einen Hälfte dieses Geldes könnten die fehlenden Fahrgasteinnahmen ausgeglichen werden, mit der anderen Hälfte könnte der öffentliche Verkehr schrittweise ausgebaut werden. Diese Abgabe wäre sozial gerecht, denn jeder/e Beschäftigte zahlt nach seinem Einkommen, für ein Einkommen von 2.000 Euro brutto würde dies 20 Euro im Monat bedeuten. Und auch die Betriebe bezahlen nach der Höhe ihrer Überschüsse.

Im Gegenzug wäre der ganze öffentliche Verkehr gratis. Darin steckt eine große Chance. Die belgische Stadt Hasselt hat im Jahr 1996 den Nulltarif bei den öffentlichen Verkehrsmitteln eingeführt. Seitdem sind die Fahrgastzahlen sprunghaft angestiegen. Von 360.000 in Jahr 1996 auf 4,5 Millionen im Jahr 2006. Diese Zahlen lassen erahnen, welches Potenzial im kostenlosen öffentlichen Verkehr liegt. Der Nulltarif für öffentliche Verkehrsmittel wäre sozial gerecht, den jeder/e zahlt nach seinem Einkommen.

Viele Menschen würden auf öffentliche Verkehrmittel umsteigen, dadurch könnten wir unserer Klimaziele erreichen und bräuchten keine Strafzahlungen leisten und keine CO2-Zertifikate zukaufen. Der damit verbundene Ausbau des Öffentlichen Verkehrs wurde einen Investitionsschub bedeuten, die Wirtschaft beleben und Arbeitsplätze schaffen. Es würde die Finanzen entlasten, denn der Automobilverkehr ist, wenn die externen Kosten wie Umweltzerstörung, Gesundheitskosten, Unfälle und Staus mitberechnet werden, viel teuerer als der öffentliche Verkehr.

Laut einer Studie des VCÖ verursachen die externen Kosten des PKW-Verkehrs das 13-fache der externen Kosten des Personenverkehrs auf der Schiene. Jeder PKW-Kilometer wird derzeit von öffentlichen Hand mit 41 Cent subventioniert. Beim öffentlichen Verkehr sind es nur 24 Cent. Jeder Pendler, der vom Auto auf ein öffentliches Verkehrsmittel umsteigt, erspart der Allgemeinheit 2.500 Euro im Jahr. Die Idee des kostenlosen öffentlichen Verkehrs ist es also wert, aufgriffen und umgesetzt zu werden.

Nun werden sich einige denken: Thema verfehlt, was hat das mir der Koralmbahn zu tun? Wenn es gelingen würde, dass die heute hier anwesenden PolitikerInnen die Idee vom kostenlosen Öffentlichen Verkehr aufgreifen würden, wenn es gelänge, dass die heute hier anwesenden MedienvertreterInnen von dieser Idee berichten und sie populär machen, dann hätte der heutige Sonderlandtag wenigstens einen Sinn. Ansonsten kann ich den Sinn dieser heutigen Sitzung beim besten Willen nicht erkennen. Das ist wieder ein Mosaikstein im schon so bekannten Bild „Wie schaffe ich es meinen Regierungspartner möglichst schlecht aussehen zu lassen?“

Der Bau des Koralmbahn fällt in die Kompetenz des Bundes. Und dort haben SPÖ und ÖVP die gleiche Verantwortung dafür. Wenn sich ÖVP-Finanzminister Pröll im Interesse der Reichen weiterhin weigert, das Budget endlich durch eine Besteuerung von Vermögen und Gewinnen zu sanieren, so trägt er, falls die Koralmbahn scheitert, mindestens ebensoviel Verantwortung wie die SPÖ-Ministerin Bures.

Der heutige Sonderlandtag ist nur ein Wahlkampfspektakel, das die Menschen in unserem Land abschreckt und die Politikverdrossenheit schürt. Vernünftiger wäre es, über den kostenlosen Öffentlichen Verkehr zu diskutieren.

2. Juni 2010