Archivierte Artikel: Die enthaltenen Informationen sind möglicherweise veraltet.

Kommunalsteuer bricht um 1 Million Euro ein

Budgetdebatte in Leoben - Redebeitrag von Stadtrat Werner Murgg

Meine vorjährige Budgetrede hat mit folgenden Worten begonnen: „Die diesjährige Budgetdebatte findet in einer völlig geänderten Situation statt – national und international.“ Und dann weiter: „Die Krise wird die kommenden Gemeindebudgets sicher beeinflussen. Deshalb müssen wir hier und heute auch über die Krise sprechen!“ Soweit meine Worte im vorigen Jahr. Seither hat sich wenig geändert. Die weltweite Krise kapitalistischen Wirtschaftens wird vermutlich erst 2010 voll auf die Arbeitsmärkte und den privaten Konsum durchschlagen. Der Glaube so mancher Optimisten, aus den im letzten Jahr wieder gestiegenen Aktienkursen auf eine grundlegende Erholung der Weltwirtschaft schließen zu können, wird sich sehr bald als leere Hoffnung erweisen. Im Gegenteil: auch bürgerliche Ökonomen warnen bereits vor dem Aufbau der nächsten Blase, deren Platzen noch viel schlimmere Auswirkungen als der Crash 2008 haben könnte.

Die Gewinne an den Aktienmärkten spiegeln sich in der Entwicklung der sogenannten Realwirtschaft kaum wider. Sie sind getrieben einzig und allein aus dem von den Notenbanken praktisch gratis zur Verfügung gestellten Geld, aus den Billionen von Dollars und Euros die von diesen Notenbanken in den Geldkreislauf gepumpt wurden. Gleichzeitig nimmt die Verschuldung immer gewaltigere Ausmaße an. Neben der Verschuldung der Haushalte wird die Verschuldung der Staaten immer weniger beherrschbar. Auch Staaten der industrialisierten Welt, wie Japan, Griechenland oder Irland werden bereits als Pleitekandidaten gehandelt. Ein Crash der Staatsanleihen wird prophezeit. Platzt die nächste Blase, wird es kaum mehr möglich sein, mit staatlichen Geldspritzen den Karren wieder flott zu kriegen. Die Wahrheit ist: Das neoliberale Akkumulationsmodell der letzten Jahrzehnte ist am Ende und kann nicht wieder belebt werden. Mit den Auswirkungen seines Niedergangs werden wir noch lange zu leben haben. Außer es findet weltweit ein radikaler Politikwechsel statt; dafür gibt es jedoch wenig Anzeichen. Im Gegenteil: man glaubt bereits wieder „business as usual“ betreiben zu können. Für diese fatale Politik büßen zusehends auch die Gemeinden.

Finanzausgleich

Ein Rückfall in eine Periode wirtschaftlicher Stagnation bedeutet für die Kommunen weniger Ertragsanteile und weniger Kommunalsteuer, kurz: ein Rückgang der Hauptfinanzierungsquellen der Gemeinden. Allein für Leoben gehen die Ertragsanteile vom Rechnungsabschluß 2008 zum Voranschlag 2010 um fast 17 Prozent, das sind knapp vier Millionen Euro, zurück. Angesichts dieser Zahlen ist ein neuer Finanzausgleich längst überfällig. Was liest man dazu im Voranschlag? „Eine Änderung des Finanzausgleichsgesetzes, vor allem im Hinblick auf die Einkommensteuerreform des Bundes, um die Gemeinden aus diesem Titel zu entlasten, ist nicht angedacht.“ Ich habe es schon hundert Mal gesagt und muß es wieder sagen: Die Finanzausgleichsgesetze fallen nicht vom Himmel. Sie werden im Parlament beschlossen. Es ist die ÖVP- und SPÖ-Mehrheit im Bund, die diese Gesetze beschließt. Und es sind ÖVP- und SPÖ-Bürgermeister, die dann über diese Gesetze jammern. Verkehrte Welt, kann man da nur sagen! Noch dazu, wo rund 60 Prozent dieser Ertragsanteile aus der Umsatz- und Lohnsteuer gespeist werden.

1 Million Minus bei Kommunalsteuer

Zur Kommunalsteuer: Auch diese geht deutlich zurück. Gegenüber 2008 fast um eine Million Euro. Kein Wunder: Novopan hat den Standort Leoben dicht gemacht, ebenso die Rath AG, die ehemalige MAGINDAG. AT&S hat hunderte Arbeitsplätze abgebaut. Gerade der letztgenannte Betrieb wurde unlängst wieder mit einer Landesförderung von mehreren Millionen Euro bedacht. 91 neue Arbeitsplätze sollen entstehen. Vorher wurden allerdings hunderte Stellen vernichtet. Hier gehörte schon längst ein Riegel vorgeschoben, um zu verhindern, daß Konzerne die Arbeitsplätze vernichten und Löhne und Gehälter senken, mit öffentlichen Fördermitteln unterstützt werden. Gleichzeitig schütten diese Konzerne Millionen von Dividenden an ihre Aktionäre aus. Einige Zahlen: bezüglich der Dividendenausschüttung der letzten Jahre, konkret von 2004 bis 2008: AT&S rund 35 Millionen Euro, Mayr-Melnhof - auch für Leoben interessant, Stichwort Novopan – 188 Millionen Euro oder voestalpine 914 Millionen Euro. Insgesamt wurden von den größten österreichischen Konzernen in dieser Zeitspanne 11,6 Milliarden Euro an Dividenden ausgeschüttet. Da muß die Frage gestattet sein, wo dieses Geld, das die Arbeiter und Angestellten dieser Betriebe erwirtschaftet haben, geblieben ist? Noch ein interessantes Faktum bezüglich der angeblich so finanzmaroden Großunternehmen. Eine Studie der AK Oberösterreich hat unlängst interessante Details zur Wertschöpfung pro Beschäftigtem zu Tage gebracht. Dabei wurden mittlere und große Unternehmen Österreichs untersucht. Der Überschuß pro Beschäftigtem lag im Schnitt im Jahr 2008 um 56 Prozent über dem Wert von 2002 und betrug knapp 40.000 Euro; da ist der Personalaufwand natürlich schon abgezogen. Das heißt: Ein Unternehmen mit 100 Beschäftigten zieht aus den Arbeitern und Angestellten im Jahr ca. vier Millionen Euro. Gleichzeitig lassen diese Unternehmen Kurzarbeiten bei vollem Lohnverzicht, wie man sagen könnte, und den Gemeinden fehlen die Kommunalsteuereinnahmen. Dafür freuen sich die Aktionäre über fette Dividenden, die im Finanzsektor verspekuliert werden. Dann soll die öffentliche Hand mit milliardenschweren Rettungspaketen, gespeist aus den Lohn- und Umsatzsteuereinnahmen der Arbeiter und Angestellten, den endgültigen Zusammenbruch verhindern. Daß das auf Dauer nicht funktioniert, ist klar!

Die Rezepte, die derzeit angewendet werden, um diesem Dilemma zu entkommen, sind verfehlt: international, national und auf kommunaler Ebene! Nicht Ausgliedern, Privatisieren, Deregulieren und Flexibilisieren müssen das Ziel sein, nicht der schlanke Staat und die schlanke Gemeinde werden gebraucht, nicht bei den Löhnen, Gehältern und Pensionen muß gespart werden, sondern wir brauchen eine Umverteilung von den Gewinnen zu den Lohn- und Transfereinkommen.

Gegen private Pflegeheime

Ein Beispiel, wie dieser Entwicklung auch auf kommunaler Ebene gegengesteuert werden könnte möchte ich erwähnen: Ein besonderes Problem entsteht für die Gemeinden aus dem Wegfall des Regresses im Pflegebereich. Dadurch steigen die Ausgaben der Sozialhilfeverbände, denn kaum ein Pflegeheimbewohner kann sich mit seiner ASVG-Pension die hohen Tagsätze im Pflegeheim leisten. So steigt die Sozialhilfeverbandsumlage für Leoben bereits auf 8 Millionen Euro. Aber warum sind die Tagsätze so hoch? Weil das Pflegeheimwesen seit Jahren privaten, gewinnorientierten Betreibern geöffnet wurde. Diese ziehen aus den Heimen Millionengewinne, welche die öffentliche Hand subventioniert. Die KPÖ kämpft seit Jahren dafür, den Pflegeheimsektor nur mehr öffentlichen und gemeinnützigen Betreibern zu öffnen und die Tagsätze auf einen kostendeckenden Satz zu beschränken. Es ist erfreulich, daß der Landtag unlängst einen dahingehenden Antrag der KPÖ mehrheitlich angenommen hat. Seine Umsetzung würde ein Sinken der öffentlichen Zuschüsse bedeuten; nicht zu Lasten der Heimbewohner und deren Angehörigen, sondern zu Lasten der privaten Gewinne von Pflegeheimbetreibern und Pflegefonds.

Viele Menschen, auch in unserer Gemeinde, müssen sich mit Löhnen, Gehältern und Pensionen begnügen, die tatsächlich während der letzten Jahre für ihre Bezieherinnen und Bezieher Reallohnverluste brachten. Viele Mitbürgerinnen und Mitbürger leben von Teilzeitjobs oder AMS-Bezügen. Gerade sie bedürfen der Unterstützung durch die Gemeinde. Die KPÖ hat in den Jahren der nun zu Ende gehenden Gemeinderatsperiode immer wieder Anträge eingebracht, welche, oft ohne große Belastung des Gemeindehaushaltes, bei ihrer Umsetzung gerade auch diesen Bevölkerungsschichten Erleichterungen gebracht hätten. Sie wurden von er SPÖ-Mehrheit samt und sonders abgeschmettert: So wurde unser Antrag auf Ausgabe von Taxigutscheinen für körperbehinderte Menschen nur in Höhe der zur Verfügung gestellten Gratisfahrscheine für unsere Verkehrsbetriebe gewährt. Damit kann ein Körperbehinderter vielleicht ein oder zwei Monate das Auslangen finden. Unser Antrag auf Abschaffung der Kautionen wurde abgeschmettert. Ebenso, wenn wir schon bei den Wohnkosten sind, unser Antrag auf Abschaffung der Wiedereinschaltgebühr für die Gasversorgung. Alles Dinge, wo wir noch vor Jahren sehr wohl ohne diese Belastungen ausgekommen sind! Oder ein Antrag, welcher zum Ziel hatte, mit den Ersparnissen der Gemeinde auf Grund des neuen Fördermodells des Landes, die Kinderkrippen gratis anzubieten. In andere Kommunen geht das. Dafür bewilligen sie sich - und wenn ich sie sage, meine ich alle im Gemeinderat vertretenen Parteien außer der KPÖ - eine jährliche Indexanpassung der Parteienförderung. Die KPÖ war dagegen. Wir haben den Zusatzbetrag zurückgezahlt. Allein mit dieser Erhöhung hätten einige unserer Anträge finanziert werden können. Auch dazu haben sie nein gesagt.

Nicht zuletzt deshalb wird die KPÖ, wie in den vergangenen Jahren, den Voranschlag ablehnen.

Abschließend sei mir noch eine Bemerkung zu den Wirtschaftsplänen der Stadtwerke gestattet. Wir werden den Plänen wieder unsere Zustimmung geben. Sie wissen: wir verteidigen die Grundphilosophie der Wirtschaftspläne, mit den Gewinnen der einzelnen Sparten, die Verluste der Verkehrsbetriebe abzudecken. Jedes Kind weiß, daß ein halbwegs flächendeckendes Bussystem nicht gewinnbringend geführt werden kann. Viele unserer Mitbürgerinnen und Mitbürger brauchen jedoch unsere Verkehrsbetriebe dringend, um überhaupt mobil sein zu können. Derzeit schreibt auch die Sparte Gasversorgung Verluste. Das resultiert aus den Investitionen in ein Fernwärmenetz. Wir begrüßen diese Investitionen. Schließlich kommen sie unserer alten Forderung nach Ausweitung der Geschäftsfelder der Stadtwerke entgegen. In diesem Sinne erwarten wir uns eine Offensive des Vorstandes. Ziel muß das Erschließen neuer Geschäftsfelder und damit neuer Einnahmen sein und nicht das Sparen und Rationalisieren, schon gar nicht am Rücken der Beschäftigten! Sie wissen wovon ich spreche!

18. Dezember 2009