Kampf um den freien Sonntag
KPÖ gegen längere und neue Ladenöffnungszeiten
Wie jedes Jahr ruft die Wirtschaft zur Adventzeit nach der Sonntagsöffnung der Geschäfte – freilich für das ganze Jahr. Man will den Konsumenten „Freizeitvergnügen” bieten und vergisst auf die Beschäftigten, denen der letzte freie Tag geraubt wird.
Jahr für Jahr brandet zur Adventzeit, die mit großzügigen Ladenöffnungszeiten für ein lauteres Klingeln in den Kassen der Geschäfte sorgt, der Ruf nach durchgehend länger und öfter aufgesperrten Geschäften auf. Was in Ungarn, Frankreich und sogar Estland üblich sei, das wünscht sich die Wirtschaft auch in Österreich: Nämlich ein ungebremstes Einkaufsvergnügen ˆ auch am Sonntag. Die Konsumenten verlangen nach dem Freizeitvergnügen Shoppen„, so der Tenor vor allem in den Großbetrieben. Über die Freizeitbedürfnisse der Angestellten sieht man hinweg. Die heimische Handelsszene nimmt sich Berlin als Vorbild. Der sozialdemokratische Stadtsenat der deutschen Hauptstadt hat unlängst die Öffnungszeiten weitgehend frei gegeben. Viele Unternehmen sperren nun wochentags bis 22 Uhr auf, dazu spricht man vorerst von zehn offenen Sonntagen pro Jahr, damit „die Touristen ihr Geld nicht wo anders ausgeben”.
Ähnlich sieht man es in Österreich – zumindest bei den großen Ketten. Man will Gästen und einkaufswütigen Einheimischen die „Freizeitbeschäftigung Shopping” auch Sonntags nicht verwehren, richtete etwa Ikea Country Managerin Helen Duphorn per news aus. Vor allem Frauen würden profitieren, meint sie, weil ihnen mit Job und Familie oft nur der Sonntag bleibt. Sie verdrängt dabei, dass im Handel vorwiegend Frauen arbeiten, die dann erst nicht einkaufen können. Die Wiener Hotel-Chefin Gabriela Benz meint zu erkennen, dass sich ihre Gäste sonntags vor ihren Abflügen langweilen und untätig herumsitzen, weil sie nicht Einkaufen können – als ob es kein Kulturangebot gebe und man nur zum Einkaufen nach Österreich komme. Maurizio Totta, Chef der Shopping City Süd, drängt darauf, dass die Adventsonntage plus zehn weitere offen bleiben sollen: „Die schweigende Mehrheit der Konsumenten will europäische Verhältnisse.”
Das Argument, man fordere das für die Konsumenten, ist freilich fadenscheinig. In Wirklichkeit geht es nur um mehr Geschäft. Eine Umfrage der steirischen Wirtschaftskammer (WK) hat erst im letzten Frühjahr gezeigt, dass 90 Prozent der Steirer mit den aktuellen Öffnungszeiten zufrieden sind; 93 Prozent sehen keinen Bedarf für das Öffnen am Sonntag. Ähnliche Ergebnisse gibt es quer durch Österreich. Und die bestätigen die Umfrage der WK und die Haltung der KPÖ. Die Kammer will vor allem die Klein- und Mittelbetriebe schützen, die sich mehr Angestellte für mehr Öffnungszeit nicht leisten können. „Das Ausweiten der Öffnungszeiten würde die Lebensqualität der Händler stark einschränken”, so Heinz Zavecz, Obmann der WK-Handelssparte.
Für die KPÖ ist vor allem die Lebensqualität der Angestellten gefährdet. In Deutschland hat man bereits den Kollektivvertrag zu Grabe getragen, der mehr Geld für die Arbeit nach 18.30 und am Wochenende vorsieht. Die schaurige Zukunft: Die Großbetriebe haben länger geöffnet, zahlen weniger und verdienen dafür mehr. Die Lebensqualität der Beschäftigten ist dahin, die Geschäftsführer reiben sich die Hände.
Für die KPÖ sind deshalb Sonn- und Feiertage tabu. Sie sollen frei bleiben wie bisher.
Veröffentlicht: 4. Dezember 2006