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Glücksspielkampagne: Jede Unterschrift zählt

Referat von Manfred Eber auf der Landesvorstandssitzung der KP

Landesvorstandssitzung der Steirischen KPÖ 23. 06. 2007

Referat von Manfred Eber

Keine Geschäfte mit der Spielsucht

Jede Unterschrift zählt !

Es geht in meiner Einleitung nicht um eine Wiederholung oder Aufwärmung der inhaltlichen Debatte, die wir auf verschiedenen Ebenen ja bereits über unsere Kampagne schon geführt haben. Es geht in erster Linie darum, erste Erfahrungen auszutauschen und – wo möglich – organisatorische Verbesserungen anzustreben.
Auf unserem 24. Landesparteitag im März wurde der Beschluß gefasst, nicht einstimmig oder einhellig, aber doch mit einer breiten Mehrheit, eine Kampagne zu diesem Thema zu machen. In der Begrüundung wurden auch die inhaltlichen Forderungen umrissen.
Diese haben wir im Laufe der Kampagne konkretisiert.
Es geht nicht um ein Verbot des Glücksspiels. Die Betreiber von Wettcafes und Glücksspielautomaten werfen uns vor, Arbeitsplätze vernichten zu wollen. Das ist natürlich nicht richtig. Es geht uns in erster Linie um strengere Auflagen, um eine bessere Kontrolle, insbesondere was Kinder und Jugendliche anbelangt.
Wir treten für ein Verbot der Werbung für das Glücksspiel ein. Gerade Menschen, die aufgrund ihrer sozialen Situation der Verzweiflung nahe sind, sind ansprechbar für Glücksspiele aller Art.
Und schließlich verlangen wir eine höhere Besteuerung der sogenannten „einarmigen Banditen“. Während in der Steiermark rund 460,-- Euro pro Automat an Abgaben anfallen, sind es in Wien 1.400, also rund drei mal so viel. Dieses Geld soll dann aber auch zweckgebunden sein für Suchtprävention und für die Therapie von Spielsüchtigen.

Öffentlichkeit ist aufmerksam

Wir haben mit unserer Kampagne bereits einiges erreicht.
Erstens: Mit unseren Plakaten und unseren Medien werden wir in der Öffentlichkeit wahrgenommen. Das beste Zeichen dafür ist, dass eine „Initiative für das legale Glücksspiel“, hinter der sich der Automatenbetreiben Lindenau mehr schlecht als recht versteckt, in allen Ausgaben der beiden Grazer Gratiswochenzeitungen „Graz im Bild“ und „Der Grazer“ halbseitige Anzeigen gegen uns schaltet. Dass sie neuerdings auch unsere Sujets unserer Plakate dabei imitieren, spricht für die Qualität unserer Materialien.
Zweitens: Die KPÖ hat einen Antrag auf die Abhaltung einer Enquete des Steiermärkischen Landtages eingebracht. Das ist eine breit angelegte inhaltliche Beratung zu diesem Thema. Zunächst hatte es so ausgesehen, als würden wir uns mit dieser Forderung nicht durchsetzen, ÖVP aber auch SPÖ gaben Terminschwierigkeiten und fehlende finanzielle Mittel für eine derartige Enquete vor. Nun aber gab es im zuständigen Unterausschuss grünes Licht und einen einstimmigen Beschluss: die Enquete findet am 2. Oktober im Steiermärkischen Landtag statt. Dabei möchte die KPÖ drei ExpertInnen zu folgenden Themen nominieren: * Spielsucht - Suchtprävention – Therapie * betroffener ehemaliger Spielsüchtiger * Beschaffungskriminalität
Drittens: Wir sind mit diesem Thema in die Öffentlichkeit gekommen, das Thema „Glücksspiel“ und „Spielsucht“ wird auch von anderen Parteien aufgegriffen. Die ÖVP etwa versucht, das Thema auf die Problematik des Kinder- und Jugendschutzes zu reduzieren. Kein Wunder, ist doch ihr Mann in dieser Frage ausgerechnet der LAbg. Wolfgang Kasic. Er ist als Fachgruppenvorsteher der Fachgruppe der Freizeitbetriebe in der steirischen Wirtschaftskammer zuständig für (u. a.) Wettcafes und Glücksspielcasinos (kleines Glücksspiel).

Aber erst im Mai, in Graz konkret am 9. Mai, wurde mit der Sammlung von Unterschriften begonnen. Bis zum heutigen Tag haben wir in Graz bei knapp 30 Infoständen 2.400 Unterschriften für unsere Forderungen erhalten. Insgesamt gibt er’s ind er Steiermark jetzt 3000 Unterschriften.
Es stellte und stellt sich heraus: die Einwände, die Befürchtungen, die so manche Genossin und Genosse gehabt hat, dass das Thema zu komplex sei, dass es zu abgehoben sei, oder nur eine kleine Randschicht der Bevölkerung betrifft, diese Befürchtungen treffen zumindest in dieser Form nicht zu. Im Gegenteil – die Menschen, die wir mit unseren Anliegen konfrontieren, unterschreiben oftmals sehr schnell und aus tiefster Überzeugung.
Darüber hinaus meine ich, dass es sich beim Glücksspiel um ein zutiefst proletarisches Problem handelt. In erster Linie sind Menschen von „Spielsucht“ betroffen, die man der Arbeiterklasse zuordnen kann.

Die Reaktionen der Leute

Wie sind nun die Reaktionen der Menschen bei den Infoständen.
* Zunächst gibt es natürlich einige, die sich für nichts interessieren, ganz gleich, welche Partei mit welchem Anliegen oder Thema an die Öffentlichkeit tritt. Hier gelingt es natürlich auch nicht, in eine Diskussion einzutreten.
* Dann gibt es eine nicht zu kleine Gruppe, die über ein erstaunliches Wissen über die Problematik der Spielsucht verfügen. Oft sind in ihrem weiteren Umfeld Menschen zu finden, die dieser Sucht verfallen sind und oftmals nicht nur ihre eigene Existenz, sondern auch jene ihrer Familien im wahrsten Sinne des Wortes „verspielt“ haben.
* Und nicht zuletzt gibt es eine Gruppe der direkt, der unmittelbar Betroffenen. Spieler, vor allem ehemalige und nahe Angehörige, oft Mütter, Freundinnen oder Ehefrauen von Spielern, die uns oft dramatische Geschichten erzählen. Beispielsweise ein relativ junger Mann, der früher spielsüchtig war und dann davon losgekommen ist. Vor wenigen Wochen ist er – in einem Anflug der Verzweiflung, weil er auch arbeitslos geworden ist – in ein Spielcasino gegangen. Er behauptet, dass er dort „Bier bis zum umfallen“ gratis konsumieren konnte und in dieser Zeit seine gesamten Ersparnisse verspielte, mehr noch, nun auf einigen tausend Euro Schulden sitzt. Derartige und ähnliche Beispiele haben wir in den vergangen Wochen nicht wenige gehört.

Liebe Genossinnen, liebe Genossen!

Wir haben uns zum Ziel gesetzt, bis zur Enquete des Landtags am 2. Oktober 10.000 Unterschriften zu sammeln. Wir haben noch drei Monate dafür Zeit. Aber es liegen auch die Sommerferien dazwischen, wo erfahrungsgemäß weniger gemacht wird und gemacht werden kann.
In Graz werden wir trotzdem die Unterschriftensammlung sogar verstärkt fortsetzen. Wir haben allein im Juli nicht weniger als 24 Infostände angemeldet. Es war uns von Anfang an klar, dass wir in Graz einen großen Teil der Unterschriften aufbringen werden und wollen. Aber das ist keine Bürde, keine Last, die wir zu tragen haben, sondern das ist für uns auch bereits eine wichtige Aktion im Hinblick auf die Grazer Gemeinderatswahlen.
Wir gehen mit einem wichtigen Thema an die Öffentlichkeit. Wir haben das Grazer Stadtblatt, die steirische Volksstimme, wir haben in der ganzen Steiermark Plakatständer bzw. Plakatflächen angemietet. Nun gibt es auch ein Papier von DDr. Nikolaus Dimmel, der sich wissenschaftlich mit dem Problem „Glücksspiel“ auseinandersetzt. Dieses Papier kann an den Infoständen aufgelegt werden und wird auch im „Partei in Bewegung“ veröffentlicht. Das ist eine wichtige Unterstützung für unsere Organisationen, aber auch für jene Bereiche und Gebiete in der Steiermark, wo wir nicht vertreten sind.

Jetzt notwendige Schritte setzen

Nun kommt es darauf an, auch den Schritt zu setzen, mit Infoständen oder auch Veranstaltungen an die Öffentlichkeit zu gehen. Nächste Woche findet eine inhaltliche Veranstaltung in Voitsberg statt, eine Woche darauf in Gleisdorf. Die Veranstaltung in Graz am 24. Mai war nebenbei bemerkt, nicht nur gut besucht, sondern fand auch mediale Beachtung.
Wir kommen dabei mit den Menschen ins Gespräch, wir bekommen ein wichtiges „feedback“ wie man heutzutage modisch sagt, wir bekommen wichtige Rückmeldungen, positive und negative Kritik an unserer Arbeit.
Und schließlich verankern wir uns im Bewusstsein der Menschen, die uns mit ihrer Unterschrift unterstützen. Es ist ein großer Unterschied, ob wir den Menschen nur ein Flugblatt mitgeben, oder ob wir sie dazu aktivieren können, ihre Unterschrift unter unsere Forderungen zu setzen. Ein derartiger Schritt bleibt viel stärker im Bewusstsein der Menschen haften. Und es finden ja nicht nur im Jänner 2008 Gemeinderatswahlen in Graz statt, es werden – früher oder später – die Gemeinderäte aller steirischen Gemeinden und auch der steirische Landtag neu gewählt.
In diesem Sinne „jede Unterschrift zählt“!

25. Juni 2007