Freiheitskampf auf der Koralm

Koralmpartisanen

Im Zweiten Weltkrieg standen sich in der Weststeiermark Freiheitskämpfer und Nationalsozialisten gegenüber. Es gab viele grausame Vorfälle, über die bis heute wenig bekannt ist. Aus der Kleinen Zeitung.

Alexandra Kofler schrieb in der Kleinen Zeitung vom 31. August 2019

Originaltext mit Bildern

In den letzten Jahren des Zweiten Weltkrieges wurde das Koralmgebiet zum Schauplatz von blutigen Kämpfen, Verfolgung und Tod. Vieles davon liegt bis heute im Dunkeln. So auch die Geschichte der Koralmpartisanen. Bis heute gelten jene, die damals unter Einsatz ihres Lebens für ein freies Österreich kämpften, als gefährliche Banditen, die nur geplündert und gemordet haben sollen.

Bereits 1986 versuchte der Soziologe Christian Fleck erstmals mit seinem Buch „Koralmpartisanen“ den Mythos zu widerlegen. Das heuer vom Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes herausgegebene Buch „Widerstand und Verfolgung in der Steiermark“ bietet nun einen Einblick in Originaldokumente jener Zeit. Darunter befinden sich Flugschriften, Einvernahmeprotokolle, Anklageschriften, Interviews, Berichte und vieles mehr.

Im Mai 1944 machten sich 24 Freiheitskämpfer, darunter 17 Exil-Österreicher, von der Sowjetunion aus auf den Weg. Sie gingen als „Koralmpartisanen“ in die Literatur ein, nannten sich selbst aber zuerst „Kampfgruppe Avantgarde“, später „Kampfgruppe Steiermark“. Ihr Ziel war es, die Nationalsozialisten zu bekämpfen und die Bevölkerung zum Widerstand zu bewegen.

Über Umwege in die Steiermark

Per Flugzeug erreichten sie zuerst Crnomelj in Slowenien, wo sie im Schutz der Nacht mit Fallschirmen landeten. Danach gelangten sie über Umwege in die Steiermark. Verbindungsoffiziere der slowenischen Partisanenarmee halfen ihnen, durch das umkämpfte Gebiet an der Drau zu kommen.

Doch die Gruppe war von Anfang an mit enormen Schwierigkeiten konfrontiert. Der Freiheitskampf wurde zum Überlebenskampf, vor allem im Winter. Ob Nahrung, Kleidung oder Informationen - bei allem waren sie auf die Unterstützung der Bergbewohner angewiesen. So mancher Einheimische traute den fremden bewaffneten Kämpfern aber nicht. „Ein armer Keuschler und Holzfäller hoch oben im Gebirge, ging in tiefer Dunkelheit mehrere Stunden hinab ins Tal, um uns zu denunzieren“, berichtet der Koralmpartisan Walter Wachs in seinen Erinnerungen.

Schon bald nach ihrem ersten Auftauchen wurde die Gruppe massiv verfolgt. Zu hunderten durchstreiften NS-Suchtrupps die Gegend. Der berüchtigte Deutschlandsberger NS-Kreisleiter Hugo Suette setzte alles daran, den Widerstand zu brechen. Nach einigen massiven Rückschlägen kämpften sie eine Zeit lang gemeinsam mit slowenischen Partisaneneinheiten. Ihr Operationsgebiet umfasste Glashütten, Soboth, Rothwein, Radlpass, Pongratzen, Remschnigg und Großwalz.

Gegen Kriegsende bekam die Kampfgruppe wieder stärkeren Zulauf. Soldaten, die nicht mehr für Hitler sterben wollten, schlossen sich an. Am Radlpass bekamen sie Verstärkung durch das „Bataillon Kornriegl“, mit dem auch der spätere Landeshauptmann Josef Krainer senior in Verbindung stand. In Gressenberg und Glashütten fanden die Koralmpartisanen auch in der Bevölkerung immer mehr Unterstützung.

Leben in Gefahr

Jene, die den Partisanen halfen, brachten ihr eigenes Leben in Gefahr. Ein Unterschlupf im Heustadl oder ein Stück trockenes Brot besiegelten schon das Todesurteil. Eingeschleuste Spitzel taten ihr übriges.

So kam es kurz vor Kriegsende noch zu grausamen Vorfällen, von denen nur zwei hier erwähnt seien. Im März 1945 ermordeten die nationalsozialistischen Verfolger auf der Hebalm 18 Personen aus Schwanberg und Umgebung, die privaten Widerstand geleistet hatten. An einige von ihnen erinnert heute ein Denkmal am Deutschlandsberger Friedhof.

Im April 1945 wurden fünf Freiheitskämpfer von einer Streife des Reichsarbeitsdienstlagers in St. Oswald-Kloster aufgegriffen, erschossen und verscharrt. Aus Rache töteten die Partisanen später den dortigen NS-Ortsgruppenleiter und dessen Bruder. Angeblich erwischten sie fälschlicherweise den Vater, der den Genickschuss überlebte.

Mit Kriegsende am 8. Mai 1945 übernahmen die Koralmpartisanen kurzfristig das Kommando. Sie besetzten über Nacht Schwanberg. In Deutschlandsberg versuchten sie Hugo Suette zu fassen, kamen aber zu spät. Die Gruppe löste sich danach auf. Weder die Koralmpartisanen noch die heimischen Widerstandskämpfer fanden später gebührende Anerkennung.

Noch heute sieht man sie nicht als das, was sie waren: Menschen, die ihr Leben riskierten, für ein freies und demokratisches Österreich.

Veröffentlicht: 3. September 2019