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F. St. Parteder: Über die Losung "Geben statt nehmen"

Interview mit der Tageszeitung "Junge Welt"

Wir haben die KPÖ neu positioniert«
Die Kommunisten kandidieren. Soziale Fragen im Mittelpunkt. Ein Gespräch mit Franz Stephan Parteder

F ranz Stephan Parteder, Vorsitzender der österreichischen Kommunisten in der Steiermark und Spitzenkandidat auf der steirischen Landesliste der KPÖ

Während die KPÖ auf Bundesebene bei Wahlen gewohnheitsmäßig schlecht abschneidet, ist es den steirischen Kommunisten in den vergangenen Jahren gelungen, beachtliche Wahlerfolge zu erzielen. Glauben Sie, daß sich der steirische Aufschwung auch bei den Nationalratswahlen am 1. Oktober bemerkbar macht?

Ich glaube schon, daß unser Einzug in den steiermärkischen Landtag mit vier Abgeordneten sowie die Tatsache, daß wir in unserem Bundesland zur drittstärksten Partei aufgestiegen sind, österreichweit ein positives Klima für unsere Ideen und unsere Vorschläge geschaffen hat. Die KPÖ ist eine Partei, mit der man rechnen muß, weil sie die Interessen der arbeitenden Menschen vertritt. Es ist uns gelungen, die Marke KPÖ neu zu positionieren. Anders als bei den EU-Parlamentswahlen 2004, als eine linke Bündnisliste kandidierte, hinter der die KPÖ weitgehend verschwand, tritt sie nun unter ihrem eigenen Namen und mit ihrem eigenen Programm auf.

Die KPÖ ist eine gespaltene Partei. Wie verlief die Verständigung über ein gemeinsames Wahlprogramm?

Das Verhältnis zwischen der Bundes-KPÖ und der KPÖ Steiermark gestaltet sich mitunter sehr schwierig. Wir haben uns in vier Verhandlungsrunden, die keineswegs konfliktfrei verliefen, auf einen gemeinsamen Wahlaufruf geeinigt, der die sozialen Fragen in den Mittelpunkt stellt. Es geht um die große Frage der gesellschaftlichen Umverteilung von oben nach unten. Das drückt sich in unserer Wahlkampflosung »Geben statt nehmen« aus. Diese Losung hat eine doppelte Bedeutung. Die Mandatsträger der steirischen KPÖ stellen einen großen Teil ihres Einkommens aus der Politik sozialen Zwecken, das heißt notleidenden Menschen zur Verfügung. Zugleich berührt unsere Forderung die Frage der Einkommensverteilung in ihrem Kern. Die Managergehälter steigen rapide, es sammelt sich immer mehr Reichtum an, während für die arbeitende Bevölkerung, für die Arbeitslosen und für die Frauen immer weniger übrig bleibt. Wir sind die Partei, die am schärfsten die Umverteilungsfrage aufwirft.

Wie bringt die KPÖ das konkret zum Ausdruck?

Zum Beispiel in der Forderung nach Einführung einer Millionärssteuer und der Wiedereinführung einer Vermögenssteuer in Höhe von fünf Prozent. Dafür werden im ganzen Land Unterschriften gesammelt. Ich meine, daß an diesem Punkt die steirische Handschrift der KPÖ am stärksten sichtbar wird.

Es fällt auf, daß auf der Bundesliste der KPÖ kein einziger steirischer Kandidat erscheint. Man hätte eigentlich erwartet, daß die österreichischen Kommunisten Leute an die Spitze ihrer Kandidatenliste setzen, die ihre mit Abstand erfolgreichste Landesorganisation verkörpern?

Das war einer der wesentlichen Konfliktpunkte bei den Verhandlungen. Wir waren der Meinung, daß der Spitzenkandidat auf der Bundesliste aus der Steiermark hätte kommen sollen, um die Verbindung zwischen der erfolgreichen Arbeit in unserem Bundesland und den österreichweiten Anliegen der KPÖ sichtbar zu machen. Dazu hat sich der Bundesvorstand nicht bereit gefunden, weshalb wir entschieden haben, keinen Kandidaten für die Bundesliste zu nominieren und unsere ganze Kraft darauf zu konzentrieren, in Graz und in der ganzen Steiermark eines der besten Ergebnisse der letzten Jahrzehnte zu erreichen.

KPÖ-Spitzenkandidat Mirko Messner spekuliert darauf, daß die KPÖ in Graz ein Grundmandat gewinnen könnte, womit sie in den Nationalrat einziehen würde.

Die Stadt Graz hat fünf Mandate zu vergeben. Für ein Mandat müßten wir fast 27000 Stimmen bekommen. Bei den Landtagswahlen haben wir in Graz 16000 und bei den Grazer Gemeinderatswahlen 22000 Stimmen erhalten. In beiden Fällen war Ernest Kaltenegger, der bekannteste und beliebteste Kommunist Österreichs, der Spitzenkandidat. Ich glaube nicht, daß wir diesmal wieder einen gewaltigen Sprung nach vorne machen können, denn das wäre der dritte Lotto-Jackpot in Folge. Ich hoffe aber auf so deutliche Stimmengewinne in der Steiermark, daß wir als Kraft wahrgenommen werden, die auch auf Bundesebene für jene Ziele eintritt, die sie in der Steiermark verfolgt.

Sie haben eben auf einer Pressekonferenz den steirischen Reichtumsbericht vorgestellt. Was ist darin zu lesen?

Wir haben zwei Sozialwissenschaftler damit beauftragt, herauszufinden, wo sich der Reichtum in unserem Bundesland anhäuft und wo die Armut vorherrscht. Dabei werden auch konkrete Umverteilungsvorschläge gemacht. Im Anhang finden sich zwei Reichtumsbiographien. Die des austrokanadischen Multimilliardärs Frank Stronach und die des österreichischen Arbeits- und Wirtschaftsministers Martin Bartenstein, der über ein Vermögen von 110 Millionen Euro verfügt, das er in einer Privatstiftung geparkt hat und dafür keine Steuern zahlt.

Interview: Werner Pirker Junge Welt, 30. 9. 06

30. September 2006