EU: Korruption und Bestechlichkeit

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Ein Skandal erschütterte im letzten Jahr die Europäischen Institutionen. Ein Blick zurück zeigt: kriminelle Machenschaften sind in der EU keine Seltenheit. (Foto: Guillaume Perigois, unsplash) Guillaume Perigois, unsplash

Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung, Geldwäsche und Korruption: Die Vorwürfe gegen Eva Kaili sind schwer, ihr Amt als Vizepräsidentin des EU-Parlaments hat sie deswegen bereits verloren. Die griechische Politikerin wird verdächtigt, Geld und teure Geschenke von Katar und Marokko erhalten zu haben. Im Gegenzug soll sie sich bei politischen Entscheidungen für die beiden Länder eingesetzt haben. Sie ist eine von sechs Verdächtigen, die von den belgischen Behörden in dem Korruptionsskandal festgenommen wurden. Im Raum steht, dass das Golfemirat Katar, das die Fußball-Weltmeisterschaft ausgerichtet hat, mit umfangreichen Geld- und Sachgeschenken versucht hat, Einfluss auf politische Entscheidungen im Europaparlament zu nehmen.

Auch Maria Arena, bislang Vorsitzende des Ausschusses für Menschenrechte im Europäischen Parlament, trat nun von ihrer Funktion zurück – wohl um einem förmlichen Abwahlverfahren zu entgehen. Denn das Gremium steht im Mittelpunkt des Skandals und die belgische Sozialdemokratin spielte dabei eine zentrale Rolle, auch wenn sie bisher nicht zu den Beschuldigten gehört. Auch bei ihr geht es um die Einflussnahme durch Katar und Marokko.

Insgesamt wurden in dem Skandal 1,5 Millionen Euro an Bargeld beschlagnahmt. Der Skandal unter EU-Parlamentarier:innen ist kein Einzelfall, wie die Vorkommnisse der letzten Jahre deutlich zeigen. Immer wieder erschüttern Korruptionsaffären die Öffentlichkeit.


„Cash for Laws“-Affäre

2010 gaben sich die Sunday Times-Reporter als Lobbyisten aus und versuchten für je 100.000 Euro, 60 verschiedene Abgeordnete des Europäischen Parlaments dazu zu bringen, einen von den Reporter:innen vorgeschlagenen Gesetzentwurf durchzusetzen. Die beiden erhielten viele Absagen, doch drei Abgeordnete – der ehemalige österreichische ÖVP-Innenminister Ernst Strasser und die beiden Sozialdemokraten Adrian Severin aus Rumänien und Zoran Thaler aus Slowenien – gingen auf das Angebot ein. Im deutschsprachigen Raum sorgte vor allem Strasser für Schlagzeilen und für Klicks auf diversen Videoportalen, in denen die Mitschnitte der Gespräche zwischen ihm und den Reportern kursierten. In diesen Videos gab Strasser unumwunden zu:
“Of course I am a lobbyist.”
„Natürlich bin ich ein Lobbyist.“

Letztlich gab die Korruptionsstaatsanwaltschaft bekannt, dass gegen ihn Anklage wegen Bestechlichkeit erhoben werde. Strasser wurde am 13. März 2014 verurteilt und trat im November 2014 trat seine Haftstrafe an – ausgerechnet in einem Gefängnis, das er selbst als Innenminister eröffnet hatte.


Und noch mehr korrupte Parlamentarier…

Im Jahr 2012 wurde EU-Gesundheitskommissar John Dalli vom damaligen EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso entlassen. Grund waren die Ermittlungsergebnisse der Antibetrugsbehörde der EU. Denn der schwedische Tabakkonzern Swedish Match beschuldigte den Konservativen aus Malta, das Unternehmen erpresst zu haben. Gegen viel Geld wurde dem Unternehmen in Aussicht gestellt, die Verschärfung der Tabakrichtlinie in ihrem Sinne beeinflussen zu können.

Die Antibetrugsbehörde der EU konnte zwar keine direkte Beteiligung des EU-Kommissars nachweisen – Dalli soll aber von dem illegalen Angebot gewusst haben. Dalli bestreitet die Vorwürfe bis heute. Ihm zufolge war er das Opfer einer Falle der Tabaklobby geworden.

Kein unbeschriebenes Blatt ist auch der ehemalige EU-Parlamentarier George Becali. Der rumänische Christdemokrat und Eigentümer des Fußballklubs Steaua Bukarest wurde 2009 ins Europaparlament gewählt, obwohl er in mehrere halbseidene  Geschäfte involviert war. Ihm wurden unter anderem Dokumentenfälschung und Zahlung von Bestechungsgeldern vorgeworfen. Um sich vor strafrechtlichen Ermittlungen zu schützen, wechselte er Ende 2012 von Brüssel ins rumänische Parlament.

Ganz konnte Becali dem Gesetz nicht entkommen: Im Februar 2013 wurde er in Bukarest für eine Straftat aus dem Jahr 2009 verurteilt: Zusammen mit vier Leibwächtern hatte er die Diebe eines seiner Luxusautos misshandelt, statt sie der Polizei zu übergeben. Becali wurde wegen Freiheitsberaubung zu dreieinhalb Jahren Haft verurteilt.

Helene Klug

22. Februar 2023