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Ein Jahr Syriza-Regierung in Griechenland

Auf Jubel folgten Sozialabbau und Enttäuschung

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Griechenland bleibt weiter gefangen im Euro. Foto: Pia Schmikl Pia Schmikl

Der Kontrast könnte nicht größer sein: Am 25. Jänner 2015 jubelten viele Menschen über den vermeintlich ersten Sieg einer linken Volksbewegung über die Spardiktate der EU. Die Partei Syriza hatte in Griechenland einen überzeugenden Wahlsieg errungen. Alexis Tsipras war der Star der Linken in Europa.

Am 25. Jänner 2016 sprechen fortschrittliche Kräfte, die ihre Sympathie für Tsipras noch immer nicht aufgegeben haben, nur mehr von  „Handlungsspielräumen“, die man ausloten müsse. Und Tsipras selbst – in der ersten Jahreshälfte 2015 der Buhmann des Establishments – fügt sich nahtlos in die Teilnehmerliste des WEF in Davos ein. Und er redet schon wie andere Mitglieder des Establishments. Wenn man das Sozialsystem retten wolle, müsse man es grundsätzlich umbauen, verkündet er ein Jahr nach seinem Wahlsieg.

Der Hintergrund: Die Unterwerfung unter das Diktat von EU, Europäischer Zentralbank und IWF am 13. Juli 2015 war der Beginn einer Entwicklung, bei der die Daumenschrauben immer stärker angezogen werden: Die von Tsipras auf Weisung der Troika beschlossenen Einschnitte im griechischen Pensionssystem genügen den angeblichen Geldgebern nicht mehr. Obwohl es in Griechenland bereits jetzt Massenproteste gegen diesen Einschnitt gibt. Die Handlungsspielräume werden immer kleiner.
Und was wahrscheinlich am wichtigsten ist: Die Unterwerfung von Syriza unter die Vorgaben des EU-Direktoriums hat zu einer großen Enttäuschung bei großen Teilen der Bevölkerung in ganz Europa geführt. Wenn eine linke Partei an der Regierung kurz- und mittelfristig keine andere Politik betreiben kann oder will als konservative oder sozialdemokratische Parteien, dann ist ein riesiger Vertrauensverlust auf nationaler und auf internationaler Ebene nicht zu verhindern. Die Folgen sind eine apathische Bevölkerung und ein vermehrter Zulauf zu rechtspopulistischen oder sogar faschistischen Parteien.
Die Entwicklung der Lage in der Europäischen Union und die Vorgänge rund um Griechenland demonstrieren die Notwendigkeit, mit den Prozessen der Unterwerfung unter die Interessen des großen Finanzkapital und des in seinen Diensten stehenden Direktoriums von Mächten zu brechen.
Für uns als steirische KPÖ gilt gilt, dass wir weiter daran arbeiten müssen, unsere Partei als selbständige und bündnisfähige Kraft aufzubauen, die sich auf unsere Weltanschauung stützt und unsere theoretischen Grundlagen durch die gesellschaftliche Praxis erweitert.
Ausgehend von dieser Analyse muss es jetzt darum gehen, im eigenen Land alle Angriffe auf die sozialen und  demokratischen Rechte der Bevölkerung  abzuwehren und konkrete Formen der Solidarität mit den Menschen in den anderen Mitgliedsstaaten der EU zu finden. Dabei darf auch der Austritt aus der EU kein Tabu sein.

Franz Stephan Parteder

25. Januar 2016