Die Enteignung der Massen.

Ein EU Projekt.

Eine Zusammenfassung von Reinhold Sturm

 

Die Enteignung der Massen. Ein EU Projekt von Reinhold Sturm

Die „Volksakademie“ versteht sich, in Analogie zu den emanzipatorischen Intentionen der Bildungsaktivitäten der Arbeiterbewegung zwischen den Weltkriegen, als Initiative aus dem Volk für das Volk. Die „Volksakademie“ bietet, im Rahmen von Vorträgen, Seminaren und Diskussionen, reflexiven Raum als Platz für Informationen und Argumente, unabhängig von hegemonialen politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Kräften und akademischen Institutionen.

 

Die Enteignung der Massen. Ein EU Projekt

 

Beschleunigt werden auf allen Ebenen („europäisch“, staatlich, regional und kommunal) durch angebliche „Sachzwänge“ begründete Verschlechterungen des Lebensstandards - nicht nur der „Unter-, sondern auch der „Mittelschichten“ - propagiert und durchgesetzt. Seit der Jahrtausendwende sinken Realeinkommen. Dass dies nichts mit (Wirtschafts-, Griechenland- oder Flüchtlings-) „Krisen“ zu tun hat, sondern originäres Projekt des Klassenkampfes von oben ist.

"Die Ordoliberalen haben, nach anfänglichem Zögern, Hayeks 1939 entwickelte Idee eines zwischenstaatlichen Föderalismus weiterentwickelt und den alles entscheidenden Schritt getan, die Idee einer Wirtschaftsverfassung nicht nur vom Parlament, sondern auch vom Nationalstaat abzulösen und für die geplante Wirtschaftsgemeinschaft Europas fit zu machen."

(Hauke Brunkhorst, Das doppelte Gesicht Europas - zwischen Kapitalismus und Demokratie (Berlin 2014, Suhrkamp-Verlag) Seite 44).

 

Einer der Väter des Ordoliberalismus Hayek: "Außerdem hat er Ende der dreißiger Jahre in London den zeitgemäßen Vorschlag gemacht, das Wahlrecht eines jeden Wahlberechtigten auf einen einzigen Wahlgang im Alter von 45 Jahren zu beschränken und das passive Wahlrecht für Gewerkschaftsfunktionäre zu stornieren" (eb 43)

 

"Die Kompensation dieses strukturellen Gerechtigkeitsdefizits der europäischen Wirtschaftsverfassung durch eine vergleichbar hochintegrierte europäische Arbeitsverfassung wird durch Art. 117 EWG ausdrücklich ausgeschlossen. Dadurch werden (1957 von Frankreich durchgesetzte) Errungenschaften wie Arbeitnehmerfreizügigkeit (Art. 48 EWG) und geschlechtsneutrale Entlohnung (Art. 119 EWG) auf ihre marktkonforme Ausgestaltung reduziert." (ebd. S46-47)

 

"Spätestens mit dem Vertrag von Rom wurde Europa, so Jacques Delors, zum sorgsam »von der öffentlichen Meinung « »abgeschotteten« Elitenprojekt." (eb Seite 22)

Ohne Sozialstaat wären 44 Prozent der in Österreich lebenden Menschen armutsgefährdet

In Österreich wären ohne Sozialleistungen (inklusive Pensionen) 44 Prozent der Bevölkerung armutsgefährdet. Die staatlichen Transfers verringern die Zahl der armutsgefährdeten Menschen von rund 3,7 Millionen auf 1,2 Millionen. Dadurch wird die Betroffenheit von Einkommensarmut stark reduziert.

 

ENTEIGNUNGSMASSNAHMEN gegen die Bevölkerung IN DER EU

Enteignung des Privaten Einkommens / Vermögens

Ersparnisse / Geld

direkt. Entlassungen im Privatsektor und öffentlichen Dienst

prekäre Arbeitsverhältnisse (working poor)

"Beschäftigungsverhältnisse in Deutschland kaum eine Rolle. 1996 waren es bereits 15,6 Prozent der Beschäftigten und 2010 mussten 21,2 Prozent der Beschäftigten mit solchen Kleinstgehältern auskommen, die häufig nicht ausreichen, um die Grundbedürfnisse zu decken."Austerität "S. 10 (Schui, Florian).

 

Lohn/Gehaltskürzungen: Die EU hat eine neue Form des lohnpolitischen Interventionismus (Euro-Plus-Pakt, Sixpack) entwickelt. Die Prinzipien des Flächentarifvertrags und der Allgemeinverbindlichkeit werden in den GIPS-Staaten unterminiert, die Tarifvertragssysteme dezentralisiert. Die Reallöhne sind in diesen vier Staaten von 2010 bis 2012 überdurchschnittlich abgebaut worden.

 

Pensionskürzungen

In der Rentenpolitik haben die GIPS-Staaten Reformen eingeleitet, die das Ausgabenwachstum für die Rentensysteme deutlich abbremsen. Die relativen Rentenniveaus werden in diesen Staaten bis 2040 – gemessen an der Lohnersatzrate – drastisch sinken.

Sparzinsensenkung

Versicherungsentwertung

private Pensionsversicherungen

Lebensversicherungen

Indirekt: durch Zwang zur Unterstützung arbeitsloser Kinder und Enkel, die führt zur Verarmung der Eltern und Großeltern

Lebensfinanzierung über Hypothekarkredite mit überhöhten Verkehrswerten (Schuldenfalle)

Enteignung des öffentlichen Vermögens mit privaten einkommensgleichen Wirkungen

Privatisierung öffentlicher Dienstleistungen bzw. deren Einschränkungen

Medizin

Pflege

Infrastruktur

Bildung, Kunst und Kultur

Verkauf von Gemeineigentum (Infrastruktur, Services, Wasser, Wohnungen...)

Schuldenpolitik der EU-Staaten (permanente Erhöhung der Staatsschulden) und damit verbundene Zinszahlungen, tilgen lassen sich diese Größenordnungen ohnehin nicht mehr, neue Zinsknechtschaft der Jugend.

Der IWF fordert eine „Schulden-Steuer“ in Höhe von 10 Prozent auf die Ersparnisse der Bürger in der Eurozone.

Die zwischen aufgehäuften Schulden in der Euro-Zone in den vergangenen fünf Jahren betragen locker 500 Milliarden Euro. Ganz genau kann man das nicht sagen, weil auch bei diesen Schulden ohne Ende getrickst und manipuliert wird. Vielleicht ist es sogar das Doppelte.

Die neue Schulden-Steuer soll zusätzlich zur Zwangsabgabe im Falle einer individuellen Banken-Pleite kommen. Während die Zwangs-Abgabe von den Bank-Kunden erhoben wird, ist die Steuer von den Steuerzahlern im Rahmen der Steuererklärung abzugeben.

In anderen EU-Staaten ist die Kommissionsentscheidung zu Gunsten der italienischen Banken mit stillschweigendem Wohlwollen aufgenommen worden. Denn jetzt kann ein Land beispielsweise mit großen Beträgen an faulen Immobilienkrediten bei seinen Banken Spezialvehikel einrichten und die Verbriefungen in die Kapitalmarktunion einbringen. Ein anderes Land hat vielleicht Banken mit Problemkrediten für Schiffe oder an Reedereien, Werften, Hafenunternehmen, auch Anlagefonds. Nunmehr können diese Sorgenkredite ausgegliedert, verbrieft und dem Kapitalmarkt in der Finanzunion zur Endfinanzierung übereignet werden.

Durch die Eingriffe in Südeuropa wird der Prozess der Liberalisierung des Europäischen Sozialmodells, der bis zur Krise vor allem in West- und Osteuropa zu beobachten war, in der gesamten EU durchgesetzt.

(Verdi 2012): „Sollte der ökonomische Pfad der Austerität trotz aller Widerstände bis 2014/2015 durchgehalten werden und dann in eine neue Aufschwungsphase münden, wäre das politische Desaster für die europäische Sozialdemokratie und die Gewerkschaften perfekt.“

 

"Die »Reform« genannte Gegenreform wurde von Sozialdemokraten (Clinton, Blair, Schröder), die sich unter dem Beifall des Kapitals ihr eigenes Grab schaufelten, vollstreckt. Auf ihrem von Steinmeier und Müntefering ausgestellten Totenschein vom 1. August 2009 steht Schuldenbremse (Art. 109 Abs. 3, Art. 115 GG).

Sie unterwirft die Sozialstaatsklausel des Grundgesetzes auf unabsehbare Zeit dem Regime der Austerität.(Hauke Brunkhorst, Das doppelte Gesicht Europas - zwischen Kapitalismus und Demokratie (Berlin 2014, Suhrkamp-Verlag) Seite 43)

 

Die neokonservativen, neoliberalen politischen Diktate

führen zu Enteignung des „Mittelstandes“ Quelle „Stern“

Verlierer im Gehaltsvergleich

Beruf              2008               1990 Differenz (inflationsbereinigt)

Ärzte              6.400€            8.780€ -50%

Sportlehrer     2.500€            2.810€ -39%

Förster            3.260€            3.590€´-38%

Werbefachleute 2.780            € 3.100€ -38%

Informatiker   3.260€            3.400€-34%

Zahntechniker 1.930€            1.940€-32%

Künstler         2.220€            2.110€ -28%

Psychologen 3.910€              3.700€ -27%

Forscher         3.340€            2.910€ -21%

Grund-, Hauptschul-, Real-, Sonderschullehrer:3.160€            2.740€ -21%

Berufskraftfahrer 2.090€       810€ -21%

 und zu steigender Armut und Armutsgefährdung.

 

Als Schwelle zur Armutsgefährdung gelten 60 Prozent des durchschnittlich gewichteten mittleren Einkommens (Medianeinkommen) einer Gesellschaft inkl. Sozialleistungen.

 

Etwa jede/r Siebte muss hierzulande mit einem monatlichen Gesamteinkommen von weniger als 1.161 Euro 12 mal pro Jahr (oder rund 995 Euro bei 14-maliger Auszahlung und einem Jahreswert von 13.926 Euro) bei einem Einpersonenhaushalt auskommen. Die Betroffenen selbst haben aber ein um 20 Prozent (rund 233 Euro monatlich bzw. 2.785 Euro im Jahr bei einem Einpersonenhaushalt) geringeres Einkommen zur Verfügung, nämlich im Mittel weniger als 928 Euro (rund 796 Euro 14 mal) monatlich.

1,6 Millionen Armuts- oder Ausgrenzungsgefährdete in Österreich oder rund 19 Prozent der Bevölkerung

Diese Menschen sind von mindestens einer der drei Gefährdungslagen betroffen, die auch gemeinsam auftreten können: 2014 waren 14 Prozent der Bevölkerung armutsgefährdet (1.185.000 Personen), vier Prozent waren erheblich materiell eingeschränkt (336.000 Menschen) und neun Prozent lebten in Haushalten mit keiner oder einer sehr niedrigen Erwerbsbeteiligung (585.000 Personen)

ZAHLEN ZU REICHTUM UND VERTEILUNG (STAND NOVEMBER 2012)

zunehmende Ungleichheit innerhalb der Arbeitseinkommen:

 Vermögenseinkommen wachsen rascher als Arbeitseinkommen. Bei Reichtum ist vorrangig nicht Einkommen das Thema, sondern Vermögen (Aktien, Immobilien, Unternehmensbeteiligungen)

Die obersten 5 % besitzen die Hälfte des Gesamtvermögens

Die Anteile der vier Haushaltsgruppen am gesamten Vermögen in Österreich unterscheiden sich beträchtlich voneinander.

So verfügt die gesamte untere Hälfte der Haushalte über rund 4% des gesamten Bruttovermögens.

Die obere Mitte (30% der Haushalte) hält rund 22% des gesamten Bruttovermögens, die Vermögenden (15% der Haushalte) besitzen rund 29%,

die Top-5% halten rund 45% des gesamten Bruttovermögens.

Anders ausgedrückt: die kleinste Gruppe (Top-5%) besitzt fast die Hälfte des gesamten Bruttovermögens, während die größte Gruppe (untere Hälfte) nur einen minimalen Anteil am gesamten Bruttovermögen hat.

Zwei wesentliche Größen um die Verteilung der Nettovermögen zu bestimmen ist der Median sowie der Mittel- bzw. Durchschnittswert. Der Medianwert der Nettovermögen liegt bei 76.000 Euro – exakt 50 % der Haushalte verfügen mehr, 50 % weniger Vermögen.(OeNB)

 

Verteilung Finanzvermögen

Dabei besitzen drei Viertel aller Finanzvermögen besitzender Haushalte weniger als 50.000 Euro, nur 10 % der Haushalte mehr als 105.000 Euro, nur rund 1,3 % mehr als 500.000 Euro Finanzvermögen. Der Medianwert bei den Finanzvermögen liegt bei 14.000 Euro. Der Durchschnitts- oder Mittelwert bei 48.000 Euro.

 

Große Vermögensungleichheit in Österreich:

Nettovermögen: Gini-koeffizient von 0,76 Erbschaften: Gini-koeffizient von 0,94.

Einkommen ist deutlich weniger konzentriert als das Vermögen. Der Gini-koeffizient zur Ungleichheit der Vermögensverteilung ist mehr als doppelt so hoch wie jener der Einkommensverteilung. Dafür ist Immobilienvermögen noch ungleicher verteilt und Unternehmenseigentum überhaupt nur in den höchsten Vermögensstufen von Relevanz. Die Nationalbank weist darauf hin, dass Besitzer hoher Geldvermögen nur eingeschränkt erfasst werden. Die tatsächliche Ungleichverteilung ist demnach noch viel größer.

 

Armut ist weiblich

Die systematische (Lohn-)Diskriminierung von Frauen in Arbeitswelt und Gesellschaft wirkt sich auch in einer durchwegs höheren Armutsgefährdung aus.

Beinahe 25 Prozent der EU-Bevölkerung waren 2013 laut EU-Statistik von Armut oder sozialer Ausgrenzung bedroht. Besonders betroffen sind osteuropäische Mitgliedsstaaten. Auch in Deutschland stieg der Wert.

Mehr als 120 Millionen EU-Bürger waren 2013 von Armut oder sozialer Ausgrenzung gefährdet. Der EU-Statistikbehörde Eurostat zufolge nahm der Anteil mit 24,5 Prozent gegenüber 2012 mit 24,8 Prozent leicht ab. Dennoch ist der Wert gegenüber 2008 (23,8 Prozent) deutlich höher.

Andere Statistiken zeigen, dass die 9,6 Prozent der EU-Bevölkerung „stark materiell benachteiligt ist“. Diese Gruppe von Menschen hat Probleme, ihre Miete zu bezahlen oder andere Rechnungen zu begleichen.

zum Vergleich waren 2013 24,5 % und 2010 16,4 % der EU Bürger armutsgefährdet

 

»Armut bedeutet Mangel. Nicht allein an Geld, sondern auch an Gesundheit, an Bildung, an sozialen Kontakten. Einer Frau, der das Laufen sehr schwer fiel, hatte ein Mitarbeiter einer deutschen Tafel-Einrichtung einmal angeboten, dass er ihr das Essenspaket nach Hause bringen könne. Sie lehnte dankend ab. Schließlich komme sie doch nicht nur wegen der Lebensmittel, sondern vor allem auch wegen der Gespräche, sagte sie. Wer wenig hat, der kann sich nicht im Café verabreden oder nach der Arbeit gemeinsam mit den Kollegen in die Kneipe gehen. Der hat womöglich nicht einmal ein Telefon, um sich bei den Freunden zu erkundigen, wie es geht. Der Ökonom und Nobelpreisträger Amartya Sen definiert Armut deshalb als das Fehlen von Verwirklichungschancen. Arm ist der, der sein Leben nicht frei gestalten kann, der trotz vorhandener Fähigkeiten nicht die Möglichkeiten hat, diese zu entfalten. Auf diesen Ansatz geht zum Beispiel der Human Development Index der Vereinten Nationen zurück, bei dem auch Schulbildung und Lebenserwartung berücksichtigt werden.«

Bei hoher sozialer Ungleichheit gilt:

  • hohe politische Apathie, vor allem in den unteren Schichten,
  • kein sozialer Aufstieg durch Bildung (trotz hoher Bildungsaufwendungen),
  • sinkende Lebenserwartung,
  • schlechte Gesundheit (bei gleichzeitig wachsenden Kosten für ein unten immer miserabler werdendes Gesundheits- und Versicherungssystem),
  • hohe Kriminalität, hoher Anteil an Schizophrenie, Psychosen und andern Geisteskrankheiten"

(Hauke Brunkhorst, Das doppelte Gesicht Europas - zwischen Kapitalismus und Demokratie (Berlin 2014, Suhrkamp-Verlag).

 

 

Zukunft mittels TTIP, TiSA, CETA extrem beschleunigte und intensivierte Dynamik der Enteignung der Massen auf allen Ebenen

Die CETA, TTIP und TiSA Abkommen sind beispielhaft für diese Entwicklungen, da sie außerhalb der WTO abgeschlossen werden und über ein traditionelles Handelsabkommen weit hinausgehen. CETA, TTIP und TiSA verbinden erstmalig Freihandels- mit Investitionsschutzabkommen. Während ältere BITs sich im Wesentlichen auf den Schutz bereits getätigter Investitionen beschränken, beziehen CETA, TTIP und TiSA zunehmend auch die vorgeschaltete Frage des Marktzugangs, also der Möglichkeit, überhaupt als Ausländer eine bestimmte Investition vornehmen zu dürfen.

 

 

Trade in Services Agreement (TiSA)

Das Abkommen über den Handel mit Dienstleistungen (engl. Trade in Services Agreement, kurz TiSA) ist eine in Verhandlung befindliche Sammlung von Vereinbarungen in Form eines völkerrechtlichen Vertrags zwischen 23 Parteien, inkl. der USA und der Europäischen Union. Das TiSA-Abkommen soll weltweit Dienstleistungen liberalisieren. Die 50 Staaten, die über TiSA verhandeln, exportieren weltweit zwei Drittel aller Dienstleistungen, wozu Branchen wie Verkehr, Finanzen, Bildung oder Gesundheit zählen.

Demnach würde durch TiSA die Rückübernahme von privatisierten Energie- und Wasserunternehmen (Rekommunalisierung) ausgeschlossen. Unternehmensvertreter verschiedener Dienstleistungsbereiche (Coalition of Services Industries) nannten Regelungen und Subventionen von Staatsbetrieben als Beispiele für Markteintrittsbarrieren. Nach den Verhandlungsplänen vom September 2014 wird z. B. der Gesundheitsbereich als ein lukrativer Dienstleistungssektor eingeordnet.

 

Einige Folgen:

 

Schuldenschnitt (z.B. Griechenland)

Investitionen in Form von Staatsanleihen fallen unter den Investitionsschutz. Bei einem Schuldenschnitt können die Investoren die dafür verantwortliche Regierung auf Schadensersatz verklagen. Beim Schuldenschnitt Griechenlands verklagte ein slowakischer Investor den griechischen Staat. Dies erschwert die Bewältigung von Schuldenkrisen.

 

Verstaatlichung von Banken bei Finanzkrisen

Die EU wünscht ausdrücklich auch den Investorenschutz für den Finanzbereich. Eine Folge davon könnte sein, dass Investoren bei einer Verstaatlichung einer insolventen Bank den Staat auf Entschädigung verklagen könnten. Dies geschah in Belgien, als die Bank Dexia verstaatlicht wurde und ein chinesischer Investor daraufhin Belgien verklagte.

 

Fracking durch die Hintertür

Der kanadische Rohstoffkonzern Lone Pine fordert über eine Tochterfirma in den USA 250 Millionen Dollar von Kanada, weil die Provinz Québec ein Fracking-Moratorium erlassen hat. Grundlage dieses Verfahrens sind die Investitionsschutzklauseln des NAFTA Abkommens.

 

Gesundheitspolitische Regulierungen

Der Tabakkonzern Philip Morris verklagte Uruguay auf die Summe von zwei Milliarden Dollar, als das Land Gesundheitswarnhinweise auf Zigarettenpackungen einführte. Grundlage dieses Verfahrens sind die Investitionsschutzklauseln des NAFTA-Abkommens.

 

Geänderte Umweltauflagen

Im April 2009 verklagte Vattenfall die Bundesrepublik Deutschland wegen der Verschärfung von Umweltauflagen beim Bau und Betrieb des Kraftwerks Hamburg-Moorburg vor einem Schiedsgericht nach den Regeln des Internationalen Zentrums zur Beilegung von Investitionsstreitigkeiten (ICSID) auf Schadensersatz in Höhe von 1,4 Mrd. Euro. Dieses Verfahren wurde per einvernehmlicher Einigung beigelegt. Grundlage dieses Verfahrens sind die Investitionsschutzklauseln des ETC.

 

Atomausstieg

Vattenfall klagte gegen die Bundesrepublik Deutschland. Durch den Atomausstieg sah der schwedische Energiekonzern seine Eigentumsrechte schwer verletzt. Er fordert nun 3,7 Milliarden Euro als Entschädigung. Grundlage dieses Verfahrens sind die Investitionsschutzklauseln des ETC.

 

Quelle: http://www.zeit.de/wirtschaft/2014-03/ttip-fracking

Diese und weitere (23) Konzernklagen gegen Staaten

http://www.attac.de/fileadmin/user_upload/Kampagnen/ttip/fallbeispiele_Schiedsgerichte_final.pdf

 

Regulatory Chill

Wie Erfahrungen zeigen, sind mithilfe von Abkommen, die einen ISDS-Mechanismus vorsehen, bestehende Gesetze scharf attackiert und teilweise sogar abgeschafft worden. Bereits die Befürchtung einer Verpflichtung zur Zahlung hoher Schadensersatzsummen an ausländische Investoren, die eine solche Klage einreichen könnten, führte in manchen Fällen dazu, dass die Gesetzgeber von neuen regulierenden Maßnahmen wieder Abstand nahmen (sog. regulatory chill).

Quelle: http://www.finance-watch.org/informieren/die-finanzwelt-verstehen/928-die-finanzwelt-verstehen-2

 

Propaganda mit falschen Zahlen

Nach einer Informationsoffensive der deutschen Verbraucherorganisationfoodwatch hat die Europäische Kommission nun eine Reihe irreführender Angaben über mögliche positive Effekte des umstrittenen Freihandelsabkommens mit den USA auf ihrer Website korrigiert. (Quelle:Netzfrauen.org)

 

Ein Beispiel für Extraprofite der Industrie durch die EU aus FAZ 16.3.2016

Der EU-Emissionshandel hat in den letzten Jahren den energieintensiven Industriebranchen mehr als 24 Mia € Zusatzgewinne verschafft.

2008-2014:

Stahlbranche 8 Mia €
Zementbranche 4,7 Mia €
Raffinerien 4,4 Mia e
Petrochemie 1,6 Mia €

Deutschland : Stahl 2,1 Mia €, Raffinerien 900 Mio €

Auf der einen Seite mehr Zertifikate kostenlos erhalten als benötigt (8,1 Mia) und die verbrauchten (15,3) im Preis weiterverrechnet, so wie die Stromerzeuger…

 

Vortrag vom 22.3. 2016, im MAG3, 1020 Wien, Schiffamtsgasse 17,

Reinhold Sturm

 

(Der Gini-Koeffizient wird insbesondere in der Wohlfahrtsökonomie verwendet, um beispielsweise das Maß der Gleichheit oder Ungleichheit der Verteilung von Vermögen oder Einkommen zu beschreiben.)

(Der Human Development Index (HDI, deutsch Index für humane Entwicklung) der Vereinten Nationen ist ein Wohlstandsindikator für Staaten. Der HDI wird seit 1990 im jährlich erscheinenden Human Development Report (dt. Bericht für humane Entwicklung) des Entwicklungsprogramms der Vereinten Nationen (UNDP) veröffentlicht.

Anders als der Ländervergleich der Weltbank berücksichtigt der HDI nicht nur das Bruttonationaleinkommen pro Kopf, sondern ebenso die Lebenserwartung und die Bildungs­dauer mit Hilfe der Anzahl an Schuljahren, die ein 25-Jähriger absolviert hat, sowie der voraussichtlichen Dauer der Ausbildung eines Kindes im Einschulungsalter.)

 

 

30. März 2016