Brigitte Syen sprach am 1. Mai in Graz

Sie ist Vorsitzende der GLB - Regionalgruppe Graz und Umgebung

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Liebe KolleIinnen, Liebe GenossInnen,liebe FreundInnen

Mein Name ist Brigitte Syen.

Bei der Neugründung 2020 der Regionalgruppe des GLB Graz und Umgebung wurde ich zur Vorsitzenden gewählt, viele meiner Bekannten, Freundinnen und Kolleginnen haben mich gefragt, warum ich mir das antue, warum ich mich kurz vor meiner Pension noch in der Arbeiterkammer, und der Gewerkschaft für Betriebsrätinnen und Arbeitnehmerinnen einsetze warum ich mich für eine 30-Stunden Woche und faire Arbeitsbedingungen stark mache, ob ich den nicht schon genug gekämpft hätte ?

Na ja, was soll ich sagen – solange die da oben nicht aufhören die Welt und damit unsere Lebensgrundlage und die unsere Kinder und Enkelkinder zu zerstören – werde ich nicht aufhören für mehr soziale Gerechtigkeit zu kämpfen. Und wenn ich dann an einen Tag wie dem 1. Mai unter Menschen bin, die sich für dieselben Ziele einsetzen, weiß ich das es sich lohnt.

Schön, dass ihr da seid, um mit uns den 1. Mai 2021 zu begehen.

Die COVID-19-Pandemie hat die Welt der Arbeit auf den Kopf gestellt.

Sie hat auch in der Steiermark und in Graz dramatische Auswirkungen auf die Arbeitsplätze, Existenzgrundlagen und das Wohlergehen von Beschäftigten und ihren Familien sowie auf die Unternehmen, insbesondere die kleinen und mittleren Betriebe.

Auch wenn manche Wirtschaftszweige den Umstieg auf den Onlinebetrieb erfolgreich gemeistert haben,

auch wenn auf Baustellen und in großen Betrieben die ArbeiterInnen ohne die Möglichkeit Abstand zu ihren KollegInnen halten zu können schnell wieder ans Werk gegangen sind haben viele der Beschäftigten ihre Existenzgrundlage verloren und viele weitere werden noch folgen.

Wie in jeder Krise sind es auch diesmal die Lohnabhängigen, die besonders hart betroffen sind.

Aufgrund von Teilzeitbeschäftigung und prekären Arbeitsbedingungen sowie niedrigen Löhne, der höheren Belastung durch Pflege- und Betreuungsarbeit zu Hause, sind es dabei oft Frauen die als erste entlassen, und als letzte wieder eingestellt werden.

Viele von ihnen sind besonders während der Krise mehrfach gefordert.

Als Systemrelevante, Krankenschwester, Pflegekräfte, aber auch im Handel tätig, mussten sie auch die Betreuung und den Unterricht ihrer Kinder selbst in die Hand nehmen.

Viele dieser Frauen haben sich aufgrund von Überforderung, nicht mehr überschaubaren Überstunden und auch wegen der noch immer zu langen Arbeitszeiten und zu wenig Lohn dazu entschlossen diese Berufe nicht mehr auszuübeni

Und das in einer Zeit wo die Nachfrage nach qualifizierter Pflege und Betreuungspersonal immer mehr steigt

2020 kurz vor Beginn der COVID Pandemie waren die Kollektivvertrags- Verhandlungen im Sozialbereich voll im Gange. Die Forderung nach der 35-Stunden-Woche stand vor allem bei der SWÖ im Mittelpunkt. Viele von uns sind damals auf die Straße gegangen, weil sie trotz hervorragender Ausbildung und Freude an ihrer Arbeit nicht weiter zu diesen Bedingungen arbeiten wolleni

Das enttäuschende Ergebnis war eine 37 Stunden Woche ab Jänner 2022, weil die Unternehmer sich strikt zur 35-Stunden-Woche weigerten und was leider auch den halbherzigen Verhandlungen der zuständigen Gewerkschaften zu zuordnen ist. Dieselben nämlich die uns  bjidas dann auch noch als Riesenerfolg präsentiert haben.

Nach wie vor sind wir davon überzeugt, dass mehr KollegInnen länger im Beruf bleiben – oder in diesen zurückkehren – würden, wenn die Kombination aus Arbeitszeit und Einkommen eine bessere wäre.

Eine Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohn- und Personalausgleich und eine sechste Urlaubswoche sowie ein deutliches Plus bei den Gehältern, wäre ein wichtiger Beitrag gegen den in Zukunft drohenden Pflegenotstand.

In einer ähnlichen prekären Situation befinden sich die Elementarpädagoginnen die sich seit Jahren auch von den zuständigen Gewerkschaften immer öfter im Stich gelassen fühlen und selbst initiativ geworden sind. Mit ihrer Petition „Recht auf Bildung von Anfang an – Aufwertung der Elementarbildung“ wollen sie ihre seit Jahren eingebrachten Forderungen endlich umgesetzt wissen.

 Wir vom GLB Graz und Umgebung unterstützen diese Forderungen und fordern alle auf die noch nicht unterschrieben haben, dies zu tun. Und damit ein klares Zeichen zu setzen

Die Corona Krise hat viele Missständen ans Licht gebracht, die immer schon da waren, die aber erst durch die Krise ganz verschärft zutage gekommen sind.

Die erhebliche Ungleichverteilung hat sich durch die Corona Kriese noch verschärft. Während die 500 reichsten Menschen der Welt ihr Vermögen vermehren konnten, mussten viele kleine und Mittelständische Betriebe bereits aufgeben.

Die Schere zwischen Arm und Reich geht bereits seit Jahren immer weiter auseinander. Dieses Phänomen wurde durch die Krise allerdings zusätzlich angeheizt.

Es sind nicht nur die Auswirkungen einer Pandemie die wir da zu spüren bekommen, sondern vielmehr die Folge eines kaputten globalen Wirtschaftssystems.

Auf der einen Seite stehen die Milliardäre, welche vom Aktienmarkt aufgrund des vorhandenen Kapitals profitieren, obwohl die eigentliche Wirtschaft nicht floriert.

Dieser abgekoppelte Aktienmarkt hat nichts mit der realen Wirtschaft zu tun, die die meisten von uns täglich erleben. Das hat vor allem soziale Konsequenzen und untergräbt unsere Solidarität die wir brauchen um Kreisen zu überstehen.

Die Andritz AG hier in Graz zum Beispiel hat im Herbst 2020

180 Arbeitsplätze gestrichen. Trotzdem wurden Dividende an die Aktionäre ausbezahlt.

In der Steiermark waren es im Jänner diesen Jahres rund 7.500 Betriebe, die für fast 70.000 Beschäftigte Kurzarbeit beantragt haben.

Viele von ihnen haben bereits angekündigt das es nach Beendigung der Kurzarbeit Umstrukturierungen und Personalkürzungen geben wird.

Die Lage am Arbeitsmarkt ist mehr als angespannt.

Vor allem Menschen über 50 und jene ohne Ausbildung sehen ihre Chancen auf einen neuen Job als unrealistisch – kein Wunder mussten sie  doch vor der Krise schon doppelt so lange nach einer neuen Anstellung suchen als jüngere.

Für Menschen mit Behinderungen, die auf dem Arbeitsmarkt vorher schon ausgegrenzt wurden, wird es voraussichtlich schwieriger werden, im Zuge der Wirtschaftserholung wieder Beschäftigung zu finden.

Viele, die in den letzten Monaten ihren Arbeitsplatz und ihre Existenzgrundlage verloren haben, werden den Wiedereintritt in den Arbeitsmarkt in absehbarer Zeit nicht schaffen.

Diese Arbeitslosen brauchen mehr Geld.

Das Arbeitslosengeld muss erhöht werden - auf eine Nettoersatzrate von 80 Prozent des vorigen Nettoentgelts und die Bezugs Dauer muss unbedingt verlängert werden.

Nur so kann die Existenzsicherung von Arbeitslosen, insbesondere von jenen mit langer Bezugsdauer oder geringer Bildung gesichert werden.

Immer mehr Menschen erkennen: So wie es ist, kann es nicht bleiben.

In den 70er Jahren gab es zum ersten Mal die Forderungen

nach der 35 Std. Woche. Während andere Länder wie Deutschland oder Frankreich – in Teilbereichen diese eingeführt haben, geht man in Österreich noch immer sehr halbherzig in die Verhandlungen, wenn es um die Reduzierung der Arbeitszeit geht.

Heute hat sich aus unserer Sicht diese Forderung bereits überholt und wir vom GLB sagen

30 Stdn. bei vollem Lohn und Personalausgleich

30 Stdn. bedeuten das Arbeit gerechter verteilt wird.

30 Stdn. ermöglicht Frauen die jetzt Teilzeit arbeiten auf Vollzeit wechseln.

30 Stdn. bietet Männer die Möglichkeit Familie und Beruf besser vereinbaren zu können und sich so auch mehr in der Kinderbetreuung einzubringen

30 Std. heißt Vereinbarkeit von Familie und Beruf wäre für beide Elternteile machbarer, ohne finanzielle Einbußen zu haben.

30 Std. und ältere Arbeitnehmerinnen könnten bis zu ihrer Pension in der Firma bleiben.

30 Std. und die Arbeitsverhältnisse würden sich deutlich verbessern.

Wir hätten mehr Energie - Krankenstände würden sinken

Stress - Arbeitsdruck und Burnout würden zurückgehen.

Ja und dann höre ich natürlich gleich

dass Arbeitszeitverkürzung nicht finanzierbar ist, dass der Wirtschaftsstandort Österreich damit ein für alle Mal erledigt wäre.

Dass das Geld dafür an allen Ecken und Enden fehlt.

Aber Leute lassen wir uns das nicht länger einreden.

Das Geld dafür ist vorhanden. Es liegt bei Reichen und Konzernen und muss eben dort für die Finanzierung geholt werden.

Lassen wir uns nicht einreden, dass die Ausländer, die Arbeitslosen

die sogenannten Sozialschmarotzer Schuld an unserer Unzufriedenheit sind.

Lassen wir uns nicht einreden das die Sozial Partnerschaft alles für uns regelt und wir deshalb in Österreich von unserem Streikrecht keinen Gebrauch machen müssen.

Besinnen wir uns darauf wo unsere Stärken liegen:

Zusammenhalt und Solidarität

Der Gewerkschaftliche Linksblock Graz und Graz Umgebung sieht sich als Sandkorn im Getriebe der Arbeiterkammer und des Gewerkschaftsbundes.

Wir treten für eine linke und fortschrittliche Gewerkschaftspolitik ein,

wir unterstützen BetriebsrätInnen und alle die es noch werden wollen.

Wir glauben das Streik ein legitimes Mittel ist um unserer Rechte einzufordern.

Wenn ihr Mut zum Widerstand habt, ihr soziale Rechte nicht nur in Worten sondern in Taten verteidigen und ausbauen wollt

– kommts vorbei, rufts uns an, diskutiert mit uns, holts eure BetriebsrätInnen aus den Dornröschenschlaf – kämpft mit uns für eine bessere Arbeitswelt.

Hoch der 1. Mai

A ja und übrigens – Der Sonntag der gehört auch uns!!!

3. Mai 2021