Lassen wir die Kirche im Dorf!

Zur Zustimmung der KPÖ Graz zum Doppelhaushalt 2015/16

Blumen_Hammer und Sichel.jpg

Man kann wohl trefflich darüber spekulieren, was letztlich ausschlaggebend für das Verhandlungsergebnis zum Doppelbudget der Stadt Graz war. Da spielen Neuwahlängste der Regierer ÖVP und SPÖ wohl ebenso eine Rolle, wie taktische Fehler der übrigen potentiellen Player Grüne und FPÖ. Fakt ist: Die KPÖ fand sich in einer vergleichsweise komfortablen Verhandlungsposition wieder und musste für ihre Zustimmung keine einzige Haltelinie überqueren. Sie bleibt weiterhin außerhalb der Koalition (undenkbar auch, dass in einer solchen mehr zu erreichen gewesen wäre - die Erfahrungen jüngster Koalitionen auf Stadtebene legen das zumindest nahe), drückt der Stadt mit diesem Haushaltsbeschluss allerdings einen weithin sichtbaren Stempel auf. Das Verhandlungsergebnis im Detail:

  • Aussetzung der Gebührenautomatik – Keine Erhöhung bei Kanal- und Müllgebühren
  • 500 neue Gemeindewohnungen
  • Öffi-Jahreskarte um 228 Euro statt wie bisher 399 Euro
  • Keine Erhöhung der Mieten bei städtischen Wohnungen
  • Mehr öffentliche Parkanlagen
  • Keine Streichung von Sozialleistungen
  • Keine Kürzungen im Frauenbereich
  • Keine Kürzungen im Kulturbereich, bei Umwelt und Gesundheit
  • Fortsetzung des Fernwärmeausbaus
  • Keine Privatisierungen von städtischem Eigentum
  • Kürzung der Parteienförderung
  • Weniger Werbe- und Repräsentationsausgaben

Wenn auch auf – zugegeben – bescheidenem Niveau rückt dieses Budget damit die soziale Frage ins Zentrum und zwar auf eine Weise, die in den letzten Jahren bei österreichischen Städten mittlerer Größe unerreicht ist. Darin liegt auch das tatsächlich Bemerkenswerte am vorliegenden Budget: Es versagt sich mittelfristig den neoliberalen Paradigmen vergangener Jahre. Es stellt den Stabilitätspakt bewußt in Frage, setzt auf Neuverschuldung und kontextualisiert damit kommunales Haushalten mit Verteilungsfragen auf österreichischer und europäischer Ebene. Dieses Budget steht im Gegensatz zur immer aggressiver und brutaler werdenden Austeritätspolitik der letzten Jahre und wirft damit auch einen Schlagschatten auf die schwarz-rote „Reform“-Partnerschaft auf Landesebene. Das Wort vom Sachzwang wird künftig – zumindest in der Steiermark – schwerer zu führen sein.
Aber lassen wir die Kirche auch mal im Dorf. Das ist keine Weltrevolution, es ist ein Perspektivenwechsel, der Türen öffnet, ein Schritt aus der Defensive. Der Kampf ums Ganze bleibt zu führen.

Samuel Stuhlpfarrer & Leo Kühberger

Veröffentlicht: 15. Oktober 2014