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Steirische Kindergärten ab sofort gratis: KPÖ-Druck hat sich ausgezahlt

LAbg. Klimt-Weithaler zur Chronologie und zu Schönheitsfehlern des Beschlusses

Am 2. September hat der Steiermärkische Landtag die Einführung der kostenlosen Kinderbetreuung im gesamten Bundesland beschlossen. Damit wurde eine langjährige Forderung der KPÖ erfüllt. Allerdings sind die Maßnahmen aus Sicht der KPÖ unvollständig, weil sie nur die Gruppe der Über-Dreijährigen umfassen, wie KPÖ-LAbg. Claudia Klimt-Weithaler betont.

Seit die KPÖ 2005 in den Steiermärkischen LT eingezogen ist, hat sie immer und immer wieder das Thema Kinderbetreuung eingebracht. Sie können anhand des Archivs sehr gut nachvollziehen, dass es unzählige Anträge unserer Fraktion gibt, die sich mit Kinderbetreuung beschäftigen.
Von der Forderung nach dem Ausbau von flächendeckenden qualitativ hochwertigen Kinderbetreuungseinrichtungen bis hin zur Forderung nach der Einführung von geschlechtssensibler Pädagogik, von der Forderung nach betrieblichen Einrichtungen bis hin zu kostenlosen Einrichtungen… viele KPÖ-Anträge, die entweder sofort abgelehnt oder zwar angenommen, jedoch bis dato nicht umgesetzt wurden. Wir haben das Thema auch in Form von zwei Dringlichen Anfragen, eine an Finanzlandesrat Dr. Buchmann, eine an Bildungslandesrätin Dr.in Vollath eingebracht – leider ohne positives Ergebnis. Die Wertschätzung von Kinderbetreuung schien sich bis dato, würden wir eine Skala von eins bis zehn annehmen, wohl eher im untersten Drittel zu befinden.

Heute jedoch beschäftigt sich der gesamte Steiermärkische Landtag damit. Noch bis vor kurzem hätte ich mir nicht träumen lassen, dass so etwas passiert. Bis vor kurzem war ja auch noch nicht klar, dass es dem einen Koalitionspartner in der Bundesregierung reicht und die Österreicher und Österreicherinnen vor Neuwahlen stehen.

Ja, wir haben Wahlkampfzeit! Und immer wenn diese 5. Jahreszeit anbricht, wird unseren RegiererInnen klar, dass es Eltern und Kinder gibt, die Kinderbetreuungseinrichtungen brauchen und dass das ein gutes Thema für die nächsten Wochen sein könnte.

Ich muss natürlich zugeben, dass das Thema „Gratiskindergarten“ in der Steiermark nicht erst im Juli 2008 aus seinem Ei geschlüpft ist. Auch in den Jahren davor hat man sich darüber unterhalten. Interessanter Weise konnte ich dabei aber weder bei der SPÖ noch bei der ÖVP eine klare Linie dazu erkennen. Damit sie wissen, wie ich das meine, eine kleine Chronologie dazu:

- Bei einer Diskussionsveranstaltung vor den LT-Wahlen 2005 in Gleisdorf sagte Frau Landesrätin Edlinger-Ploder (damals noch in ihrer Funktion als Finanzlandesrätin) einen Gratiskindergarten halte sie weder für gut – was nichts kostet ist nichts wert – noch für finanzierbar.
- Überraschenderweise gab es kurz danach von der damaligen Landeshauptfrau Waltraud Klasnic einen klaren Vorstoß in Richtung Gratiskindergarten - ja, es war Wahlkampfzeit.
- Der KPÖ-Antrag im Jahr 2006, der zum beschlossenen kostenlosen letzten Kindergartenjahr vor Schuleintritt auch die Jahre davor gratis haben wollte, wurde von der ÖVP jedoch interessanter Weise abgelehnt.
- 2008 wiederum zeigt Herr Landeshauptmannstellvertreter Schützenhöfer allerdings, wie wichtig ihm kostenlose Kinderbetreuung ist und führt, finanziert durch sein Ressort, Modellprojekte ein.

Da drängt sich mir schon die Frage auf: Weiß die ÖVP was sie will? Sicher bin ich mir nicht, dieses Hin und Her wirkt auf mich schon eher nach „Ich häng die Fahne nach dem Wind“.

Und nun zur SPÖ:

- Der Powerplan im LT-Wahlkampf 2005 verspricht uns nicht nur „alles anders – alles besser“ oder so ähnlich, er verspricht auch den Ausbau von Kinderbetreuungseinrichtungen. Und wenn es nach der SPÖ gehe, dann wird die Vereinbarkeit von Beruf und Familie in Zukunft überhaupt kein Problem mehr sein. Ja wenn sie diesbezüglich alle ihre Versprechen umgesetzt hätten oder zumindest die Hälfte davon (schließlich ist die Legislaturperiode ja noch nicht zu Ende), ja da könnten sich sogar Länder wie Frankreich oder Finnland das berühmte Stückchen runterschneiden.
- Aber so weit hat es die Sozialdemokratie eh nicht kommen lassen: KPÖ-Anträgen, die in diese Richtung gegangen sind, wurde meistens nicht zugestimmt – zu groß war die Angst, man könnte die schwarzen KollegInnen auf der Regierungsbank vergraulen.
- Das wohl beste Beispiel dafür ist die Regierungsvorlage über die heute abgestimmt wird. Passiert ist sie wohl überhaupt, weil man dem Herrn LH-Stv. Schützenhöfer das Thema nicht überlassen wollte, das ist ja noch nachvollziehbar. Was wir jedoch nicht nachvollziehen können ist, dass die SPÖ ihre eigene Regierungsvorlage abändert, obwohl sie dafür eine Mehrheit mit der KPÖ und den Grünen hätte.

Zum Entschließungsantrag

Ich weiß nicht mehr, wie oft ich es an dieser Stelle für meine Fraktion schon gesagt habe und es tut auch nichts zur Sache. Wir werden es immer und immer wieder sagen, weil wir anscheinend die einzigen sind, die es wirklich ernst meinen:

Wir brauchen in der Steiermark und in ganz Österreich ein flächendeckendes Kinderbetreuungsnetz mit qualitativ hochwertigen Einrichtungen. Diese müssen Öffnungszeiten haben, die mit der Berufstätigkeit der Eltern vereinbar sind. Erweiterte Öffnungszeiten dürfen sich nicht auf Kosten der PädagogInnen auswirken. Der Arbeit der Menschen mit Kindern von 0-bis 14-Jahren gebührt höchste Wertschätzung, die sich in deren Ausbildung und Entlohnung widerspiegeln muss. Kinderbetreuungseinrichtungen, von der Krippe bis zum Hort, sind keine Aufbewahrungsstätten sondern Bildungseinrichtungen. Und wie die Schule sollten sie für die Eltern auch gratis sein. Der Ausbau und Erhalt von Einrichtungen gehört in die öffentliche Hand und diese soll auch dafür Sorge tragen, dass Unternehmen und Betriebe sich der Gesellschaft verpflichtet fühlen indem sie dazu auch einen Beitrag leisten. Und: Mit Kinderbetreuung darf keinesfalls Geschäftemacherei betrieben werden!

Kinderbetreuung ist ein Thema, das uns nicht nur in Wahlkampfzeiten beschäftigen darf!

Die KPÖ wird dieser, im Anschluss abzustimmenden Regierungsvorlage, zustimmen, allerdings möchte ich dazu für meine Fraktion einen Entschließungsantrag einbringen von dem ich hoffe, dass er einerseits Zustimmung findet und andererseits auch wirklich umgesetzt wird – in der Hoffnung, dass sie sich nun endlich auf eine Linie eingefunden haben.

Der Antrag: Kostenlose Kinderbetreuung auch für Kinder in den ersten drei Lebensjahren!

Die Neuregelung der Kinderbetreuungsförderung in der Steiermark wurde in den Erläuterungen der ursprünglichen Regierungsvorlage mit dem Wunsch, folgende Ziele erreichen zu wollen, begründet:
Die vielbeschworene Vereinbarkeit von Beruf und Familie sollte verbessert, die Vermittlung von umfassenden Basiskompetenzen – vor allem in der frühen sprachlichen Förderung – sollte als Vorbereitung für den Schulbesuch ermöglicht, und eine größere Zahl von Kinderbetreuungsplätzen für Kinder im Alter von 0-3 Jahren geschaffen werden.
Auch die zaghaft im Konjunktiv formulierte Hoffnung, die unentgeltliche flächendeckende Kinderbetreuung könne die Geburtenrate heben, findet sich im Vorblatt, was angesichts der besorgniserregenden demografischen Entwicklung in der Steiermark eine starke Motivation darstellen sollte, geeignete politische Maßnahmen zu treffen.

Die jetzt vorliegende Fassung der Novelle des steirischen Kinderbetreuungsförderungsgesetzes unterläuft die ursprünglich proklamierten Ziele dadurch, dass sie die Betreuung der Unter-Dreijährigen vollkommen ausklammert.
Berufstätige Eltern, darunter vor allem auch AlleinerzieherInnen, benötigen auch Betreuungsangebote für Kinder im Kleinkindalter, um ihnen die Bewältigung des Alltags zu erleichtern.
Die Einbindung der Kinderkrippen würde nach Auskunft der Beamten der zuständigen Fachabteilung im Unterausschuss zunächst Mehrkosten von 9 Millionen Euro verursachen; das ist eine im Vergleich mit den Gesamtkosten niedrige Summe. Den wortreichen Ankündigungen der im Moment noch amtierenden Bundesregierung war zu entnehmen, dass den Ländern Geld für das vieldiskutierte Gratis-Kindergartenjahr zu Verfügung gestellt werden soll. Diese Mittel wären im Verhandlungswege für kostenfreie Betreuung von Kindern im Alter von 0 bis 3 Jahren zu sichern.

Bekanntermaßen haben Frankreich mit seinem diversifizierten und niederschwelligen Angebot an Kinderbetreuung, auch für Kinder in den ersten drei Lebensjahren, und Finnland, mit seinem gesetzlich garantierten Anspruch auf Kindertagesbetreuung bereits in den ersten Lebensjahren, eine im europäischen Vergleich vielbeachtete Vorreiterrolle eingenommen.
Beiden Ländern ist es gelungen vor allem durch den Ausbau der Angebote für Kinderbetreuung die Geburtenraten zu steigern, die Einkommensschere zwischen Frauen und Männern zu verringern und sowohl die allgemeine Frauenerwerbsquote als auch die so genannte Rückkehrerinnenquote insbesondere im Vergleich mit Österreich signifikant zu steigern.
Obwohl sich Österreich dem Ziel verpflichtet hat, bis 2010 eine Betreuungsquote von mehr als 33 % bei unter-dreijährigen Kindern zu erreichen, ist der Zuwachs an Kinderkrippenplätzen in der Steiermark in den vergangenen Jahren stetig abgeflacht, und stagniert laut einschlägigem Zahlenmaterial der Statistik Austria im Bereich von 1000 Betreuungsplätzen.

Es wird daher der Antrag gestellt: Der Landtag wolle beschließen:

Die Landesregierung wird aufgefordert, im Sinne der obigen Begründung raschestmöglich eine Novelle des Kinderbetreuungsförderungsgesetzes vorzulegen, das die kostenfreie Betreuung auch für Kinder in den ersten drei Lebensjahren vorsieht, also wie ursprünglich geplant Kinderkrippen in das neue Förderungsmodell einbindet, und dieses als Regierungsvorlage dem Landtag Steiermark zur Beschlussfassung vorzulegen.
Die Landesregierung wird aufgefordert, mit dem Bund in Verhandlungen zu treten, um die kolportierte Bereitschaft des Bundes zur Finanzierung des letzten Kindergartenjahres für die Betreuung der Unter-Dreijährigen zu sichern.

12. September 2008