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Verfassungstrick soll Volksabstimmung über EU-Vertrag unmöglich machen

Steirische KPÖ unterstützt Protest der Werkstatt Frieden und Solidarität

Die Linzer Werkstatt „Frieden und Solidarität“ hat in einer Aussendung aufgedeckt, dass die Regierung per Verfassungsänderung Volksabstimmungen über EU-Verträge faktisch unmöglich machen will. Der steirische KPÖ-Vorsitzende Franz Stephan Parteder nannte diesen Schritt am Donnerstag einen weiteren Beweis für die Angst der Herrschenden vor der Meinung der Bevölkerung über die Entwicklung der EU.
Im Folgenden Auszüge aus der Aussendung der Werkstatt:
„Bereits am Donnerstag, 29. November 2007 soll die Regierungsvorlage 314 d. B. durch den Verfassungsausschuss im Nationalrat. Am 4. od. 5. Dezember könnte die Vorlage bereits durch das Parlament gejagt werden.

Auch das Ratifikationsverfahren für EU-Verträge soll vereinfacht werden (vgl. Parlamentskorrespondenz Nr. 868, vom 15.11.2007). Die Regierung könnte sich damit ein eigenes Bundesverfassungsgesetz über die Ratifikation des EU-Reformvertrages ersparen (Art. 50 BVG) und so den Reformvertrag Monate früher durchs Parlament absegnen lassen.. Wir fordern die Abgeordneten auf, sich nicht missbrauchen zu lassen, und die Zustimmung zu verweigern."

Das Verfassungsgesetz, in dem dies alles drin steht, nennt sich - Achtung! vor dem Lautlesen Zunge aufwärmen! - Bundesverfassungsrechtsbereinigungsgesetz. In der Öffentlichkeit wird der Eindruck vermittelt, es gehe dabei lediglich um die Entsorgung von Bestimmungen a la Rindfleichvermarktungsrichtlinie aus dem Jahre 1954. Die lange Liste von zu entsorgenden Bestimmungen enthält aber auch so brisante Punkte, wie den Artikel 12 und den Artikel 15 Z. 2 des Staatsvertrags (Beschäftigung von Nazis beim Bundesheer und militärische Zusammenarbeit mit Deutschland).
Gerald Oberansmayr, Redaktion guernica: "Die geopolitischen Veränderungen der Jahre 1989/90 haben die Regierung Vranitzky-Mock derartig enthemmt, dass dieser 1991 einseitig besagten Artikel für obsolet erklärte. 16 Jahre später soll dieser verfassungs- und völkerrechtliche Amoklauf offensichtlich klammheimlich nachträglich legitimiert werden. Immerhin bedeutet der korrekte Umgang mit diesen Bestimmungen, der Ankauf der Eurofighter ist rechtswidrig."

Novelliert wird mit dem Bundesverfassungsrechtsbereinigungsgesetz auch der Kriegsermächtigungsartikel 23 f der Bundesverfassung. Anstatt diese Chance zu nutzen um das Neutralitätsgesetz wieder uneingeschränkt in Kraft zu setzen und den Art 23 f ersatzlos aus der Bundesverfassung zu streichen, wird der Artikel nur im Hinblick auf die Erwähnung der Westeuropäischen Union angepasst. Deren Erwähnung ist offensichtlich allein deshalb nicht mehr notwendig, weil die Beistandspflicht der WEU in der Zwischenzeit in den EU-Reformvertrag Eingang gefunden hat. Ulrike Koushan, Werkstatt Frieden & Solidarität: "Es ist ein unerträgliches Faktum, dass mit dem Art. 23f der Bundesverfassung Kanzler und AußenministerIn Kampfeinsätze ohne UN-Mandat im EU-Rat beschließen können. Schon allein deshalb fordern wir alle Abgeordneten, denen die Neutralität noch irgendwie am Herzen liegt, auf, gegen dieses Gesetz zu stimmen!"

29. November 2007