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Zwei internationale Tagungen von Linksparteien

Gedankensplitter nach dem Ende des ELP-Kongresses

Franz Stephan Parteder

EU-Linkspartei: Der Ton hat sich geändert

Die vergangenen Wochen haben zwei internationale Treffen von kommunistischen und Linksparteien gebracht, die in Ländern des früheren sozialistischen Lagers stattgefunden haben. In Minsk trafen sich Anfang November 154 Vertreter von 72 Parteien aus 59 Ländern aller Kontinente.
Vom 23. bis 25. November fand in Prag der 2. Kongress der Europäischen Linkspartei statt, der 16 Parteien als Mitglieder angehören. Weitere 13 Parteien nehmen als Beobachter an der Arbeit dieser Gruppierung teil.

Allein diese Gegenüberstellung zeigt, dass die vor drei Jahren gegründete EU-Linkspartei nur einen Teil der fortschrittlichen Kräfte auf unserem Kontinent repräsentiert. Wenn man bedenkt, dass Parteien wie die KP Spaniens, die KP Böhmens und Mährens, die KP der Slowakei, die Kommunistische Arbeiterpartei Ungarns, die DKP, oder die AKEL aus Zypern an beiden Treffen teilgenommen haben, sieht man, dass jene, die seinerzeit die EU-Linkspartei als neues politisches Subjekt der gesellschaftlichen Veränderung konzipiert hatten, jetzt „kleinere Brötchen backen müssen“ wie eine deutsche Redensart lautet.

Das merkt man auch an den Beschlüssen der EU-Linkspartei in Prag. Alles in allem zeigt sich, dass der kleinbürgerliche Pseudo-Radikalismus, wie er durch die jetzige Führung der Bundes-KPÖ verkörpert wird, in der EU-Linkspartei zu einer Randerscheinung geworden ist. Vorherrschend ist eine Strömung, die sich an der deutschen Linkspartei (und zwar an ihren Vorzügen wie auch an ihren Schwächen) orientiert. Der Wechsel im Parteivorsitz von Bertinotti zu Bisky hat daher auch symbolischen Charakter. Interessant ist, dass nicht die FKP-Vorsitzende Buffet, sondern eine Rifondazione-Funktionärin der 2. Reihe, Graziella Mascia, zur Stellvertreterin Biskys gewählt wurde.

Was ist neu und könnte sogar Anknüpfungspunkte für gemeinsames Handeln bieten? Die Schlußerklärung des Parteitages in Prag ist kein „ideologisches“ Papier, sondern zeigt 5 Felder der politischen Aktion, die auch für die steirische KPÖ wichtig sind: Von der Beschäftigungspolitik über die Friedensfrage bis zur Forderung nach nationalen Volksabstimmungen über den neuen EU-Vertrag.
Weiters wird in der Erklärung ausdrücklich gesagt, dass sich das Feld der Politischen Arbeit der Mitgliedsparteien der ELP nicht nur auf die EU, sondern auch auf die nationale Arbeit in den Mitgliedsstaaten und darüber hinaus bezieht.
Lothar Bisky hat in seiner Rede auf dem Parteitag in Prag sogar festgestellt: „Wir wollen ein europäisches Denken, das Russland einschließt, seine kulturellen und politischen Erfahrungen.“
Anscheinend hat man das Ziel, für die EU-Parlamentswahl 2009 eine gemeinsame Plattform zu entwickeln, die politische Kräfte über die EU-Linkspartei hinaus umfasst. Allerdings wäre eine derartige Plattform (auch gemeinsam mit KKE und PCP) leichter aus der Fraktion des EU-Parlaments heraus zu entwickeln.

Ist nach diesem Kongress eine Haltungsänderung der steirischen Kommunisten gegenüber der EU-Linkspartei notwendig? Meines Erachtens nicht. Man muss konstatieren, dass die reale Entwicklung in den letzten Jahren auch die Aussagen der EU-Linkspartei realistischer gemacht haben. Das wird für die Spitze der Bundes-KPÖ schön langsam zum Problem.
Ansonsten bleibt die Funktion der EU-Linkspartei unverändert: Gestützt auf die Mittel des EU-Parlaments und auf die Bestimmungen der EU-Verträge soll eine „europäische Zivilgesellschaft“ geschaffen werden, welche der ökonomischen und militärischen Supermacht EU eine Legitimität in den Augen der Öffentlichkeit verschaffen soll.

Es geht noch immer darum, den konsequentesten Linkskräften in Europa den „marxistischen Giftzahn“ zu ziehen. Trotzdem würden wir sektiererisch handeln, wenn wir uns von Aktionen beispielsweise gegen die US-Raketenstationierung in Tschechien und Polen oder gegen die EU- Rüstungsagentur (von Bisky in seinem Referat ausdrücklich erwähnt) absentieren sollten, nur weil die EU-Linkspartei daran teilnimmt.
Der wichtigste Differenzpunkt bleibt ohnehin aufrecht: Ist aus dieser EU, mit diesen Institutionen und mit diesem Kräfteverhältnis eine demokratische und soziale Alternative zu entwickeln oder nicht? Alle Erfahrungen sprechen dafür, dass dies nicht möglich ist.

Und genau deshalb sind solche Treffen wie jenes der kommunistischen Parteien in Minsk so wichtig. Dort hat die Teilnahme von Parteien wie der KP Chinas, der KP Kubas oder der KP Venezuelas den Blick stärker auf die gesellschaftlichen Grundfragen gerichtet.

25. November 2007